Bücher des Monats:Große Unbekannte

Bücher des Monats: Buchcover des Monats.

Buchcover des Monats.

(Foto: Verlage)

Zeichnungen von Kafka, die Tagebücher der Patricia Highsmith und das Protokoll des Halle-Prozesses: Das sind die Bücher des Monats.

Von SZ-Autoren

Franz Kafka: Die Zeichnungen

Bücher des Monats: Franz Kafka: Die Zeichnungen. Herausgegeben von Andreas Kilcher. Unter Mitarbeit von Pavel Schmidt. Mit Essays von Judith Butler und Andreas Kilcher. C.H. Beck Verlag, München 2021. 368 Seiten, 45 Euro.

Franz Kafka: Die Zeichnungen. Herausgegeben von Andreas Kilcher. Unter Mitarbeit von Pavel Schmidt. Mit Essays von Judith Butler und Andreas Kilcher. C.H. Beck Verlag, München 2021. 368 Seiten, 45 Euro.

Figuren mit Punkt-Punkt-Komma-Strich-Gesichtern, manche mit Köpfen, die im luftleeren Raum über dem Rumpf schweben, eine sitzt ohne Beine am Tisch, eine andere scheint damit beschäftigt zu sein, über dem gerade ausgestreckten linken Bein das rechte zu einem möglichst gleichschenkligen Dreieck zu drapieren: Der Literaturwissenschaftler Andreas Kilcher gibt diese bislang unbekannten Zeichnungen Kafkas zusammen mit dem ausführlichen Essay "Zeichnen und Schreiben bei Kafka" in einem opulenten Band heraus. Man sollte bei diesem Werk die Beiläufigkeit, die in den Zeichnungen enthalten ist, nicht übersehen.

Eine ausführliche Rezension von Lothar Müller lesen Sie hier.

Patricia Highsmith: Tage- und Notizbücher

Bücher des Monats: Patricia Highsmith: Tage- und Notizbücher. Herausgegeben von Anna von Planta. Aus dem Amerikanischen von Melanie Walz, Pociao, Anna-Nina Kroll, Marion Hertle und Peter Torberg. Diogenes, Zürich 2021. 1376 Seiten, 32 Euro.

Patricia Highsmith: Tage- und Notizbücher. Herausgegeben von Anna von Planta. Aus dem Amerikanischen von Melanie Walz, Pociao, Anna-Nina Kroll, Marion Hertle und Peter Torberg. Diogenes, Zürich 2021. 1376 Seiten, 32 Euro.

Erstmals zugänglich in einer glänzend edierten Auswahl ihrer Tage- und Notizbücher von 1941 bis 1994: das tägliche Leben und Denken Patricia Highsmiths, der Autorin unter anderem von "Der talentierte Mr. Ripley". Die Dokumente ihres rastlosen Lebens in New York und Europa, zahlloser Affären mit Männern und Frauen und ihrer schriftstellerischen Ambition erzeugen einen voyeuristischen Sog - bis hin zur Misanthropie einer schließlich alten Frau.

Eine ausführliche Rezension von Maike Albath lesen Sie hier.

Édouard Louis: Die Freiheit einer Frau

Bücher des Monats: Édouard Louis: Die Freiheit einer Frau. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2021. 96 Seiten, 17 Euro.

Édouard Louis: Die Freiheit einer Frau. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2021. 96 Seiten, 17 Euro.

Das Arbeitermilieu, Armut, Bildungsungleichheit, der Hochmut der Intellektuellen gegenüber der Landbevölkerung und die Skepsis der Abgehängten jedem Kosmopolitismus gegenüber, das sind Édouard Louis' Themen. In seinem jüngsten, jetzt auf Deutsch erschienenen Buch "Die Freiheit einer Frau" versucht Louis eine Erklärung dafür zu finden, warum seine Mutter so viel vom Leben wollte, aber kaum etwas bekam - und das ist einem zärtlichen Ton und der intimen Ansprache an die Mutter.

Eine ausführliche Rezension von Miryam Schellbach lesen Sie hier.

Franziska Schutzbach: Die Erschöpfung der Frauen

Bücher des Monats: Franziska Schutzbach: Die Erschöpfung der Frauen. Wider die weibliche Verfügbarkeit. Droemer Verlag, München 2021. 304 Seiten, 18 Euro.

Franziska Schutzbach: Die Erschöpfung der Frauen. Wider die weibliche Verfügbarkeit. Droemer Verlag, München 2021. 304 Seiten, 18 Euro.

Der Feminismus hat inzwischen so viele Facetten, dass man den Überblick verlieren kann. Franziska Schutzbach arbeitet einen Knotenpunkt heraus: Frauen verrichten - gemäß eines sexistischen Rollenbilds - den Großteil der Fürsorgearbeit, häufig ohne Entlohnung, und dürfen sich dabei keine Fehler erlauben. Das Resultat verrät der Buchtitel: "Die Erschöpfung der Frauen". Über einen gerade zu Pandemiezeiten augenfälligen Missstand, seine Ursachen - und mögliche Auswege.

Eine ausführliche Rezension von Meredith Haaf lesen Sie hier.

Andrej Gelassimow: Russenrap

Bücher des Monats: Andrej Gelassimow: Russenrap. Roman. Aus dem Russischen von Thomas Weiler. Blumenbar Verlag, Berlin 2021. 368 Seiten, 22 Euro.

Andrej Gelassimow: Russenrap. Roman. Aus dem Russischen von Thomas Weiler. Blumenbar Verlag, Berlin 2021. 368 Seiten, 22 Euro.

Dreimal am Tag verhungern: Andrej Gelassimow erzählt in seinem neuen Roman die krasse Geschichte des einst heroinsüchtigen russischen Rap-Superstars Basta. In dem Buch soll es eigentlich gar nicht um Rap gehen, sondern um Kapitalismus im jüngeren Russland, um ständige Selbstbewertung - und dann doch wieder um die unerschütterliche Liebe zur eigenen Rap-Musik.

Eine ausführliche Rezension von Dmitrij Kapitelman lesen Sie hier.

Friedrich Kießling, Christoph Safferling: Staatsschutz im Kalten Krieg

Bücher des Monats: Friedrich Kießling, Christoph Safferling: Staatsschutz im Kalten Krieg. Die Bundesanwaltschaft zwischen NS-Vergangenheit, Spiegel-Affäre und RAF. dtv, München 2021. 608 Seiten, 34 Euro.

Friedrich Kießling, Christoph Safferling: Staatsschutz im Kalten Krieg. Die Bundesanwaltschaft zwischen NS-Vergangenheit, Spiegel-Affäre und RAF. dtv, München 2021. 608 Seiten, 34 Euro.

Die Methode ist bekannt: Vergangenheit verbergen, schönreden, wieder salonfähig machen. Das war nach 1945 die Art in der neuen Behörde der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, sich mit dem Dritten Reich auseinanderzusetzen. Sehr, sehr viele dieser Männer hatten schon unter Hitler Juristerei und Strafverfolgung betrieben - damit machten sie nun im Auftrag der Regierung Adenauer weiter, die Feinde (etwa Kommunisten) waren ja die gleichen wie früher. Der Zeithistoriker Friedrich Kießling und der Strafrechtler Christoph Safferling haben diese bedrückende Periode nun faktenreich und gekonnt aufgearbeitet. Eine sinnvolle Orientierungshilfe, die lehrt: Wo Rechtsstaat draufsteht, muss nicht Rechtsstaat drin sein!

Eine ausführliche Rezension von Rolf Lamprecht lesen Sie hier.

Linus Pook, Grischa Stanjek, Tuija Wigard (Hg.): Der Halle-Prozess: Mitschriften

Bücher des Monats: Linus Pook, Grischa Stanjek, Tuija Wigard (Hg.): Der Halle-Prozess: Mitschriften. Spector Books, Leipzig 2021. 900 Seiten, 28 Euro.

Linus Pook, Grischa Stanjek, Tuija Wigard (Hg.): Der Halle-Prozess: Mitschriften. Spector Books, Leipzig 2021. 900 Seiten, 28 Euro.

Drei Aktivisten haben geleistet, wofür der Rechtsstaat sich nicht zuständig fühlte: eine öffentlich zugängliche Mitschrift des Prozesses gegen Stephan B., der mit seinem Attentat auf die Synagoge von Halle zwei Menschen tötete. 900 Seiten dokumentieren akribisch die Verhandlung vom 21. Juli bis 21. Dezember 2020. Sie zeigen eine sensible Richterin, die uneinsichtige Mutter des Angeklagten und eine Nachfahrin von Holocaust-Überlebenden, die in der Synagoge um ihr Leben bangte, während der Attentäter einzudringen versuchte.

Eine ausführliche Rezension von Ronen Steinke lesen Sie hier.

Craig Whitlock: Die Afghanistan Papers

Bücher des Monats: Craig Whitlock: Die Afghanistan Papers. Econ Verlag, Berlin 2021. 400 Seiten, 25 Euro (erscheint am 29.11.).

Craig Whitlock: Die Afghanistan Papers. Econ Verlag, Berlin 2021. 400 Seiten, 25 Euro (erscheint am 29.11.).

Dollardiplomatie statt nation building. "Wir hatten nicht die Spur einer Idee, was wir in Afghanistan eigentlich machten." Was der General Douglas Lute 2007 sagte, trifft recht genau für die ganzen 20 Jahre des Afghanistan-Einsatzes der USA zu. Der Reporter der Washington Post, Craig Whitlock, hat dieses Fiasko, das im August dieses Jahres mit einem dramatischen Abzug der Truppen endete, zu einem wegweisenden Buch verarbeitet. Die Fülle an Informationen und die Tiefenschärfe der Analyse suchen ihresgleichen. Whitlock leuchtet nicht nur den Maschinenraum amerikanischer Sicherheitspolitik aus, sondern auch erklärt auch, warum es beim nächsten Auslandsgroßeinsatz wohl auch nicht besser gelingen wird. Vietnam lässt grüßen!

Eine ausführliche Rezension von Bernd Greiner lesen Sie hier.

Imbolo Mbue: Wie schön wir waren

Bücher des Monats: Imbolo Mbue: Wie schön wir waren. Roman. Aus dem Amerikanischen von Maria Hummitzsch. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2021. 444 Seiten, 23 Euro.

Imbolo Mbue: Wie schön wir waren. Roman. Aus dem Amerikanischen von Maria Hummitzsch. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2021. 444 Seiten, 23 Euro.

Seit den 1950er-Jahren richtete Shell mit Bohrungen im Nigerdelta eine beispiellose Ölpest an. Imbolo Mbue, 2017 für "Das geträumte Land" mit dem PEN/Faulkner-Award ausgezeichnet, verwandelt den Stoff in ihrem Roman "Wie schön wir waren" in eine Parabel über den ungleichen Kampf zwischen westlichem Konzern und afrikanischem Dorf. Differenziert, aber drastisch schildert sie aus Sicht verschiedener Einwohner, wie etwa der unterm Mangobaum tagende Ältestenrat sich plötzlich im Säureregen wiederfindet - und die Fronten des Kampfes sich über vier Jahrzehnte hinweg verschieben.

Eine ausführliche Rezension von Sigrid Löffler lesen Sie hier.

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