Buchmarkt:Ende eines Traums

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Warum der Louisoder-Verlag überraschend schließt

Von Antje Weber, München

Es sollte das "Jahr der Frauen" werden. Ausschließlich auf Romane von Autorinnen wollte der Louisoder-Verlag 2019 setzen; zwei brachte er im Frühjahr auch heraus, den Roman "Die chinesische Orchidee" der deutsch-chinesischen Autorin Luo Lingyuan und den Krimi "Mord im Piemont" von Gabriele Kunkel. Die beiden für den Herbst geplanten Bücher jedoch werden nicht mehr bei Louisoder erscheinen: Der unabhängige Münchner Verlag hat seine aktiven Geschäfte eingestellt, auch die Webseite ist vorübergehend außer Betrieb. Eine Meldung des Börsenblatts bestätigt Geschäftsführer Gerdt Fehrle telefonisch: "Es sind traurige Nachrichten." Und so ist dieses Jahr, ohne dass es dafür Anzeichen gegeben hätte, das Jahr des Endes dieses engagierten kleinen Verlags geworden.

Der Grund für die Entscheidung ist der Tod des Verlags-Eigners und Investors Bernd Louisoder, am 15. Juni ist der ehemalige Münchner Textilunternehmer im Alter von 81 Jahren gestorben. Louisoder hatte sich vielfältig engagiert; in einer Umweltstiftung, einer Bürgerstiftung, einer Stiftung für ein Leipziger Museum. Für den Verlag, der 2012 auch auf seinen Wunsch hin mit Sitz in der Müllerstraße 27 gegründet worden war, hätte es nun vielleicht auch eine Stiftung gebraucht, doch es gibt sie nicht. So sehr Louisoder den Verlag auch unterstützte, als Grund will Fehrle das Finanzielle nicht in den Vordergrund schieben. Wichtiger ist ihm der Geist, mit dem Louisoder den Verlag geprägt habe. "Er war der Spiritus Rector", sagt Fehrle, er sei im Hintergrund sehr präsent gewesen, habe Strategien mitentwickelt, sei "für alle Belange immer da" gewesen.

Nach dem Tod des Eigners hat sich das Verlagsteam "nach intensiver Abwägung" und "schweren Herzens" dazu entschlossen, den Verlag zu schließen: "Ohne das stets wohlwollende Engagement des Eigners lässt sich die Arbeit in dieser Form nicht weiterführen", heißt es in einer Mitteilung. Die einzige Angestellte - weitere Mitarbeiter arbeiten nach wie vor für Fehrles angeschlossene PR-Agentur Prospero - hat bereits eine neue Aufgabe gefunden. Von den zwei Büchern, die im Herbst erscheinen sollten, hat man eines in einem anderen Verlag untergebracht und ist mit weiteren Verlagen im Gespräch.

Wichtig für den Buchhandel und die Leser ist aber auch: 24 Titel des Programms sind nach wie vor lieferbar. Auffällig an den Louisoder-Titeln war nicht nur das kleine Buchformat, sondern auch die große Themenbreite: im Sachbuchbereich von einem Manifest "Warum wir eine andere Gesellschaft brauchen!" bis zu den "schönsten Weltuntergängen", in der Belletristik von wiederentdeckten Autoren wie Wilson Collison bis zu aktuellen Autoren wie Rabih Alameddine. Dessen hinreißender Roman "Eine überflüssige Frau" bescherte dem Verlag den größten Erfolg und erreichte vier Auflagen. Mutig, manchmal auch provozierend war das Programm immer. Mit demselben Mut macht Fehrle nun einen klaren Schnitt: "Manchmal sind die Dinge grausam einfach."

© SZ vom 26.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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