Bücher des Monats:Nie wieder Missverständnisse

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(Foto: Stefan Dimitrov/SZ)

Endlich Putin verstehen, dogmatische Israel-Debatten überwinden und Judith Hermanns Poesie auf den Grund gehen: Das sind die Bücher des Monats März.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Ijoma Mangold - Die orange Pille

Bücher des Monats: Ijoma Mangold: Die orange Pille - Warum Bitcoin weit mehr als nur ein neues Geld ist. DTV, München 2023. 256 Seiten, 24 Euro.

Ijoma Mangold: Die orange Pille - Warum Bitcoin weit mehr als nur ein neues Geld ist. DTV, München 2023. 256 Seiten, 24 Euro.

(Foto: dtv)

"Wer zum ersten Mal in die leuchtenden Augen eines überzeugten Bitcoiners schaut, dürfte sich abgestoßen abwenden: Das hat doch alle Anzeichen einer religiösen Psychose!" schreibt Zeit-Feuilletonredakteur Ijoma Mangold. Gleichzeitig ist er begeistert von diesem Geld, das nicht als Buchgeld (über buchführende Zentralinstanzen, also Banken) funktioniert, sondern wie Bargeld. Er heftet sich an die Fersen der finanztechnologischen Avantgarde, die den Bitcoin als den praktischen Versuch einer Utopie versteht, und entdeckt eine revolutionäre, staatsskeptische Jugendbewegung. Die hat, so stellt er fest, Überschneidungen mit Klimaskeptikern, Impfgegnern und Mainstream-Medienverächtern. Das lässt seine Alarmglocken schrillen, und trotzdem ist er fasziniert. Mangold unternimmt eine "Reise in den Kaninchenbau", die auch für den Leser zu einem intellektuellen Abenteuer wird.

Eine ausführliche Rezension von Philipp Bovermann lesen Sie hier.

Meron Mendel - Über Israel reden

Bücher des Monats: Meron Mendel: Über Israel reden - Eine deutsche Debatte. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2023. 224 Seiten, 22 Euro.

Meron Mendel: Über Israel reden - Eine deutsche Debatte. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2023. 224 Seiten, 22 Euro.

(Foto: Kiepenheuer & Witsch)

Der deutsch-israelische Autor Meron Mendel hat einen 224-seitigen Essay über die explosiven Debatten, die in Deutschland rund um Israel geführt werden, geschrieben. Er ist sich sicher: "Die leidenschaftlichsten Unterstützer der israelischen und der palästinensischen Sache leben in Deutschland - aber die meisten von ihnen haben nicht die leiseste Ahnung von der Situation vor Ort." Aus der Position des Außenseiters reflektiert Mendel - Leiter der Anne-Frank-Bildungsstätte in Frankfurt - selbstkritisch seine eigene Jugend im israelischen Kibbuz. Er bemängelt, dass die Deutschen den Konflikt als Projektionsfläche nutzen, um ihre eigene moralische Überlegenheit zu Schau zu stellen, und kritisiert die Politik der israelischen Regierung, Siedlungen auf palästinensischem Land zu bauen. Ein gut recherchierter und ruhig argumentierender Essay, der sowohl bei Befürwortern als auch bei Kritikern israelischer Politik starke Reaktionen hervorrufen dürfte.

Eine ausführliche Rezension von Ronen Steinke lesen Sie hier.

Giuliano Da Empoli - Der Magier im Kreml

Bücher des Monats: Giuliano da Empoli: Der Magier im Kreml. Roman. C.H. Beck, München 2023. 265 Seiten, 25 Euro.

Giuliano da Empoli: Der Magier im Kreml. Roman. C.H. Beck, München 2023. 265 Seiten, 25 Euro.

(Foto: C.H. Beck)

Ein Jahr nach dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine sind Einblicke und Gewissheiten rar, die Zeit der Russlandexpertinnen und Kremlbesucher ist vorüber. In dieser Situation ist nur noch die Literatur in der Lage, Licht ins Dunkel zu bringen. Giuliano Da Empolis neuer Roman führt ins Zentrum der russischen Macht, wo der ehemalige Regisseur Wadim Baranow als Putin-Berater und Spindoktor die Fäden in den Händen hält. In einem nächtlichen Gespräch teilt Baranow - eine fiktive Figur, die auf einer realen Person basiert - seine Lebensgeschichte mit einem Literaturhistoriker aus Paris. Er erzählt fesselnd von den ersten Jahren der Freiheit nach der Wende, vom Run auf das große Geld, von seinem Aufstieg als Regisseur und wie er schließlich zu Putins Berater wurde.

Eine ausführliche Rezension von Nils Minkmar lesen Sie hier.

Judith Hermann - Wir hätten uns alles gesagt

Bücher des Monats: Judith Hermann: Wir hätten uns alles gesagt. Verlag S. Fischer, Frankfurt/Main 2023. 188 Seiten, 23 Euro

Judith Hermann: Wir hätten uns alles gesagt. Verlag S. Fischer, Frankfurt/Main 2023. 188 Seiten, 23 Euro

(Foto: S. Fischer)

In ihrem neuesten Roman - der ersten Veröffentlichung seit mehr als fünf Jahren - geht Judith Hermann klug und poetisch dem Zauber ihres eigenen Schreibens auf den Grund. "Wir hätten uns alles gesagt" ist aus ihren Frankfurter Poetikvorlesungen hervorgegangen und umfasst drei lange Texte, die jede Genre-Zuordnung sabotieren. Hauptthema ist die Erörterung der verstörenden Familiengeschichte ihrer Ich-Figur und die Aufarbeitung der spektakulären Traumata ihrer eigenen, bislang noch nie erzählten Autobiografie, die sie hier in einem verhüllenden Enthüllungsspiel zugleich preisgibt und als literarisches Konstrukt von sich wegrückt. Die "kontrollierte Selbstoffenbarung" des Buches ist ein Kunstgriff, der die Lesenden nachhaltig in seinen Bann zieht.

Eine ausführliche Rezension von Sigrid Löffler lesen Sie hier.

Roda Verheyen - Wir alle haben ein Recht auf Zukunft

Bücher des Monats: Roda Verheyen mit Alexandra Endres: Wir alle haben ein Recht auf Zukunft. Eine Ermutigung. dtv-Verlag, München 2023. 296 Seiten, 24 Euro. E-Book: 19,99 Euro.

Roda Verheyen mit Alexandra Endres: Wir alle haben ein Recht auf Zukunft. Eine Ermutigung. dtv-Verlag, München 2023. 296 Seiten, 24 Euro. E-Book: 19,99 Euro.

(Foto: dtv)

Man muss sich nicht auf die Straße kleben, um das Klima zu retten. Es liegt zwar nahe, den Verkehr und die Probleme direkt vor Ort zu stoppen, doch womöglich vielversprechender ist der Kampf gegen die Erderhitzung im Gerichtssaal. Die bekannte Rechtsanwältin Roda Verheyen hat hier jede Menge Erfahrung für Greenpeace und Germanwatch gesammelt und plädiert in ihrem Buch dafür, dass Richter - wie etwa im April 2021 das Bundesverfassungsgericht - dem Klima zu seinem Recht verhelfen sollten. Verheyen beschwört keine Weltuntergangsszenarien, sondern zeigt in optimistischem Tonfall Handlungsoptionen auf.

Eine ausführliche Rezension von Wolfgang Janisch lesen Sie hier.

Rolf Nikel - Feinde, Fremde, Freunde. Polen und die Deutschen

Bücher des Monats: Rolf Nikel: Feinde Fremde Freunde. Polen und die Deutschen. Langen Müller, München 2023. 288 Seiten, 24 Euro.

Rolf Nikel: Feinde Fremde Freunde. Polen und die Deutschen. Langen Müller, München 2023. 288 Seiten, 24 Euro.

(Foto: Langen Müller)

Das Verhältnis zwischen Polen und Deutschen steht nicht zum Besten. Und das seit Jahren nicht. Das liegt nicht nur an der rechtskonservativen PiS-Regierung in Warschau oder dem gänzlich anderen Blick beider Nationen auf den Zweiten Weltkrieg. Der ehemalige deutsche Botschafter (2014 bis 2020) Rolf Nikel zeigt in seinem klugen Buch über die unterschiedlichen Nachbarn, dass es auch an sehr verschiedenen Wertvorstellungen liegt und oft auch an Nichtwissen, wie Politiker und auch Bürger beider Länder miteinander umgehen. Er zeigt mit analytischem Scharfblick, dass die Fehler auf beiden Seiten liegen und dass die beiden Staaten nach Putins Überfall auf die Ukraine stärker aufeinander angewiesen sind als je zuvor.

Eine ausführliche Rezension von Thomas Urban lesen Sie hier.

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