Broadway-Musical Spider-Man:Abstürzende Nylonpelle

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Das Spider-Man-Musical sollte das Unglaublichste werden, was es am Broadway je gab - doch das Stück rumpelt nach acht Jahren Arbeit immer noch über die Bühne wie ein New Yorker Taxi mit Platten: Es ist, als läge ein Fluch auf dem Projekt.

Jörg Häntzschel

Am vergangenen Montag hat ein anonymer Käufer auf der Webseite ComicConnect.com für 1,1 Millionen Dollar (rund 790000 Euro) ein Exemplar des Comicheftes "Amazing Fantasy No. 15" ersteigert. In dem 1962 erschienen Heft tauchte erstmals die Figur des Spider-Man auf. Die Summe ist zwar nicht die höchste Summe, die jemals für ein Comicheft bezahlt wurde. Die 1,5 Millionen Dollar, die ein Sammler im vergangenen Jahr für das "Action Comics"-Heft bezahlte, in der Superman 1938 erstmals auftauchte, ist bisher ungeschlagen. In der Welt der Comicsammler markieren die Höchstpreise jedoch auch den Stellenwert des jeweiligen Superhelden im Pantheon der Comicfiguren. Und da hat Spider-Man die Vormachtstellung von Superman und Batman schon länger in Frage gestellt.

Gebrochene Hände und eine Gehirnerschütterung: Bei den Vorbereitungen zum Spider-Man-Musical am Broadway ist schon manches schief gelaufen. Dieser Spinnenmann in Indien zumindest scheint auf seinem Dach recht sicher zu stehen. (Foto: AP)

Nun gilt die alljährliche Fachmesse Comic-Con längst als wichtigster Stofflieferant für Hollywood. Das hat auch mit den enormen Welterfolgen der drei Spider-Man-Filme zu tun. Spider-Man ist eines der einträglichsten Markenzeichen unserer Zeit geworden. Also wollte auch der Broadway daran teilhaben.

Doch dort kommt "Spider-Man" einfach nicht vom Boden. Nicht der Titelheld, dem es in seiner Nylonpelle, vertäut in einem komplizierten System von Drahtseilen, mittlerweile halbwegs zuverlässig gelingt, vom Chrysler-Building auf der Bühne des New Yorker Foxwoods Theaters auf den Balkon und zurück zu fliegen. Sondern das Musical selbst, das nach acht Jahren Arbeit und gut 100 öffentlichen Vor-Aufführungen noch immer so über die Bühne rumpelt wie ein New Yorker Taxi mit plattem Reifen. Nun haben die Verantwortlichen gerade die bereits fünfmal vertagte Premiere um weitere drei Monate verschoben.

"Spider-Man: Turn Off The Dark" sollte das Größte und Unglaublichste werden, was es am Broadway je gab. Dass das 65 Millionen Dollar kostet, viel mehr als jedes andere Musical zuvor, fanden die Geldgeber nicht weiter beunruhigend. Schließlich hatte doch Bono von U2 die Musik geschrieben. Und die Regie führt Julie Taymor, mit deren Musical "Lion King" Disney in den vergangenen 13 Jahren mehr als vier Milliarden Dollar einnahm.

Doch es ist, als läge ein Fluch über dem Projekt. Es begann schon mit dem Herzinfarkt, der den ursprünglichen Produzenten tot zusammenbrechen ließ, als Bono in seiner Wohnung den Vertrag unterschreiben wollte.

Es folgte jahrelanges Tauziehen um Handlung, Bühnenbild und Geld. Und eine Unfallserie, wie man sie am Broadway noch nicht erlebt hat. Schon bei den Proben hatten sich zwei Schauspieler die Hände gebrochen. Bei der ersten der öffentlichen Proben erlitt eine Darstellerin eine schwere Gehirnerschütterung, und im Januar fiel einer der Spider-Man-Darsteller sieben Meter in die Tiefe.

Julie Taymor ließ sich weder davon aus der Fassung bringen noch von dem miserablen Echo der ersten Aufführungen - und auch nicht, als die New Yorker Kritiker sich über alte Broadway-Etikette hinwegsetzten und das Stück vor der Premiere besprachen. Es sei "das schlechteste Musical aller Zeiten.", schrieb die New York Times. Doch da war es zum Scheitern schon zu spät. Drehbuch-"Doktoren" sollen jetzt versuchen, aus dem Wrack doch noch die über Jahre stampfende Profitmaschine zu machen, die sich alle lange erträumt hatten. Spätestens bis zum Start des vierten Spider-Man-Films im Sommer 2012, sollte es soweit sein.

© SZ vom 10.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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