Brexit-Kolumne:Der Trick bei der Brexit-Toblerone

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Die Suche nach Restposten ist beim Einkauf in London mittlerweile oberstes Gebot - das gilt besonders für Toblerone. (Foto: Illustration Jessy Asmus)

In Großbritannien steigen die Preise. Das verlangt beim Wochenendeinkauf in London neuerdings Tastsinn und Kopfrechnen.

Brexit-Kolumne von Alexander Menden, London

In diesem Monat will die britische Regierung die Ausstiegsverhandlungen mit der EU eröffnen. Unser Londoner Kolumnist beschreibt, wie der bevorstehende Brexit jetzt schon den Alltag verändert.

Zur Samstagsroutine - Stephen-Collins-Cartoon im Guardian-Magazin lesen, die Kinder zu Fußball und Orchesterprobe fahren, English Breakfast zu Mittag kochen - gehört der Wochenendeinkauf im Brent Cross Shopping Centre, einem herrlich brutalistischen Siebzigerjahre-Klotz aus Sichtbeton. Dabei kommt ein geschärftes Preissensorium zum Einsatz. Wenn man den Kühlschrank für eine fünfköpfige Familie füllen muss, wird man empfindlich für Preisschwankungen bei Nahrungsmitteln.

Geschwankt hat da in jüngster Zeit allerdings nicht viel, die Preiskurve ging einfach nach oben. Zugegeben, es mag nicht die erschütterndste Entwicklung der Weltwirtschaft sein, dass allein im vorigen Monat die britischen Preise für Butter um sechzehn Prozent, die für Fisch um neun Prozent und die für Tee um sechs Prozent gestiegen sind. Aber es macht sich doch bemerkbar, gerade in einer Stadt mit extrem hohen Lebenshaltungskosten. Nicht immer ist die Summe auf dem Kassenzettel höher. Oft bekommt man fürs selbe Geld einfach weniger: Der Inhalt der Orangensaftpackungen beispielsweise ist von einem Liter auf 950 Milliliter geschrumpft.

Das erste Warnsignal war die Drohung eines der großen Supermärkte, Marmite aus dem Sortiment zu nehmen, weil der Produzent dieses Brotaufstrichs den Großhandelspreis erhöht hatte. Das wäre kein Verlust gewesen. Marmite, eine schwarze Paste auf Hefebasis, schmeckt für die meisten Nicht-Briten grausam. Schlimmer erschien da schon die Brexit-Toblerone. Im November verbreiterten sich wundersamerweise die Täler zwischen den Gipfeln der britischen Version des Schokoriegels, sein Gewicht verringerte sich von 400 auf 360 Gramm - bei gleichem Preis.

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Von Alexander Menden

Seit Ende 2014 waren die Preise kontinuierlich gesunken. Das lag daran, dass deutsche Discounter auf den britischen Markt drängten. Es wäre schön, wenn der Grund für die nun wieder steigenden Preise eine fairere Entlohnung der Zulieferer wäre. Tatsächlich ist es die Pfundschwäche, eine Folge des Brexit-Votums, welche die Lebensmittelpreise nach oben drückt. Die meisten Rohstoffe werden importiert, da machen sich die Kurse rasch bemerkbar.

Die Suche nach Restposten ist beim Einkauf daher oberstes Gebot. Manchmal findet man noch einen ganzen Liter Orangensaft. Was die Toblerone angeht, gibt es einen Trick herauszufinden, ob es sich um einen der raren Prä-Brexit-Riegel handelt: einfach in den Grat der Papp-Verpackung kneifen und den Abstand der Schokogipfel prüfen.

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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