Birgit Minichmayr über Liebe:"Ich wäre gerne anders"

Die Schauspielerin Birgit Minichmayr hat bessere Manieren als ihre Figuren: Ein Gespräch über trunksüchtige Liebhaber, Kurskorrekturen und Babyspeck.

A. Wewer

Als Birgit Minichmayr ins Berliner Café Podewil kommt - eine kleine, drahtige Person in Schwarz mit Sonnenbrille im roten Haar - ist sie stinksauer. Sie schimpft mit ihrer rotzig-rauchigen Stimme ins Telefon. Ein Fotoshooting ist blöd gelaufen, die Truppe hat ihr Make-up übers Kleid gegossen und Wunderkerzen ins Haar gesteckt. Das fand sie nicht lustig, obwohl sie, eine der talentiertesten Schauspielerinnen ihrer Generation, viel Humor hat. Wenn sie lacht, muss man mitlachen. Sie kramt Zigaretten aus einer unordentlichen Handtasche, bestellt Apfelschorle und konzentriert sich auf das Gespräch. Sie hat nicht nur sehr viele Sommersprossen, sie hat auch sehr gute Manieren.

Birgit Minichmayr über Liebe: "Ich werde dann ganz still": In ihrem neuen Film "Alle anderen" spielt Birgit Minichmayr eine PR-Frau im Beziehungschaos.

"Ich werde dann ganz still": In ihrem neuen Film "Alle anderen" spielt Birgit Minichmayr eine PR-Frau im Beziehungschaos.

(Foto: Foto: Reuters)

SZ: Frau Minichmayr, hatten Sie eigentlich schon immer diese Tom-Waits-Stimme?

Birgit Minichmayr: Nee. Ich konnte mal unglaublich hoch singen. Die tiefe Stimme kommt vom Rauchen, Schreien und Spielen und ist inzwischen ein schönes Markenzeichen geworden.

SZ: So wie Ihre roten Haare und die Sommersprossen.

Birgit Minichmayr: Die eher nicht. Ich sehe in meinen Rollen immer anders aus, bin nicht so schnell wiedererkennbar. Für den "Knochenmann" habe ich mir eine blonde Perücke machen lassen, weil ich meine Frisur zu städtisch fand. Und für den "Kirschblüten"-Dreh mit Doris Dörrie schnitt ich mir in einer Nacht-und Nebel-Aktion die Haare ab.

SZ: Worüber Maren Ade, die Regisseurin Ihres neuen Films "Alle Anderen", nicht amüsiert war.

Birgit Minichmayr: Sie war stinksauer! Die Gitti, die ich bei ihr spielte, sollte weiblich sein, kein burschikoser Typ. Also habe ich wie eine Wahnsinnige Haarwuchsmittel geschluckt, und das hat tatsächlich geholfen. Als wir anfingen, auf Sardinien zu drehen, waren meine Haare wieder halblang.

SZ: "Alle Anderen" ist ein Beziehungsdrama. Hätten Sie sich auch im wahren Leben in den unsicheren, zweifelnden Chris verliebt? Ist das Ihr Männertyp?

Birgit Minichmayr: Ich habe keinen Männertyp. Wenn man meine ganzen Ex-Freunde an einen Tisch zusammenholen würde, käme niemand darauf, dass die alle mal was mit mir zu tun hatten. Ich hatte sehr extrovertierte Männer und dann wieder extrem introvertierte. Nur Zweifel hatten sie alle. Ich stehe allerdings ein bisschen auf böse Buben. Die gefallen mir, die finde ich sexy. Die Initialzündung beim Verlieben ist bei mir aber nie das Aussehen. Die Projektion von einem geilen Typen ist das eine, ich verliebe mich aber in andere.

SZ: Jetzt, mit Anfang dreißig, wahrscheinlich in andere Typen als mit Mitte zwanzig?

Birgit Minichmayr: Ich hatte eine Zeitlang Männer, die suchtgefährdet waren. Das kann ich nicht mehr, das mache ich nicht mehr mit. Das weiß ich jetzt.

SZ: In Theaterkreisen heißt es oft, die Minichmayr, die spielt diese großen, wilden Rollen, die kann was ab . . . Sie trinken und rauchen auch nicht gerade wenig, oder?

Birgit Minichmayr: Ja klar, aber abgesehen von Zigaretten habe ich keine Abhängigkeiten. Allerdings gibt es auch Tage, an denen ich nicht rauche und Wochen, in denen ich nicht trinke. Wenn ich aber nun mit jemandem zusammen bin, der ein richtiges Alkoholproblem hat, komme ich mit ihm nicht dahin, wo ich in einer Beziehung hin möchte. Und ich bin nicht mehr dazu bereit, Kindermädchen zu spielen und zu ermahnen: "Mann, hör auf zu trinken, das tut dir nicht gut."

SZ: Sie haben hinreichend Erfahrung mit trunksüchtigen Liebhabern?

Birgit Minichmayr: Allerdings! Früher wollte ich die Rolle wohl spielen und mein Helfersyndrom ausleben. Heute würde ich mich nicht mehr auf so eine Beziehung einlassen, selbst wenn ich verliebt wäre. Hoffe ich zumindest. Leider ist die Liebe so unberechenbar.

SZ: Für Ihre Rolle in "Alle Anderen" haben Sie den Silbernen Bären auf der Berlinale gewonnen. Sie spielen die impulsive PR-Frau Gitti, die zu ihrem erfolglosen Freund Chris den Satz sagt: "Ich wäre manchmal so gerne anders für dich."

Birgit Minichmayr: Gitti versucht für eine Weile, es Chris in allem recht zu machen. Mehr so zu sein, wie die Frau des erfolgreichen Architekten, auf den das Paar in ihrem Sardinien-Urlaub trifft. Daraus spricht die Sehnsucht, dass es dann vielleicht insgesamt nicht so schwierig wäre mit dieser Beziehung. Nur: Für jemanden anderen kann man sich nicht verändern. Das funktioniert vielleicht für eine Zeit, auf Dauer ist es aber nicht lebbar. Ich möchte im Sommer zum Beispiel aufhören mit dem Rauchen. Wenn ich das mache, dann für mich, aber niemals für meinen Partner. Im Film hasst Gitti sich am Ende dafür. Und ihn auch.

SZ: Aber heißt es nicht heute immer, man müsse in einer Beziehung Kompromisse machen?

Birgit Minichmayr: Die macht man sowieso immer, schon ein "Wir" ist ein Kompromiss. Ein Freund von mir hat neulich mal einen Hammersatz gesagt, der mich erschreckt hat: "Meine Großeltern waren für immer zusammen, meine Eltern haben sich getrennt und ich lasse mich gar nicht mehr ein." So weit ist es also schon gekommen? Ist das die Konsequenz? Um das Thema geht es auch in "Alle Anderen": Dass man sich zueinander bekennt. Vor anderen, aber vor allem auch vor seinem Partner. Damit der wirklich weiß, mit wem er es zu tun hat.

SZ: Genau über diese Erkenntnis gerät das Filmpärchen - er Idealist, sie realistische Macherin - in Streit. Es gibt kein Miteinander mehr, sondern ein Gegeneinander. Gibt die Generation der "Thirtysomethings" zu schnell auf?

Birgit Minichmayr: Keine Ahnung, ich bin jedenfalls ein Kämpfer und gebe nicht schnell auf. Wenn ich gegangen bin, dann war die Liebe nicht mehr da. Ich wusste immer genau, warum ich gehe. Die Erkenntnis ist traurig, aber wenn der Entschluss gefasst ist, auch eine Erleichterung. Der Vorwurf, den man dieser Generation machen könnte, ist sicherlich das Unentschiedene.

SZ: Der Film zeigt das, gibt aber auch keine Richtung vor, oder?

Birgit Minichmayr: Doch, weil er verdeutlicht, wie sehr sich das Paar genau damit quält. Mancher mag ihre Probleme für nichtig halten, für sie ist es aber existentiell.

Lesen Sie auf Seite 2, warum es nicht schlimm ist, für die Liebe zu arbeiten.

"Man kann alles machen, alles sein"

SZ: Wann verändern Sie sich denn in einer Beziehung?

Birgit Minichmayr: Erst wenn ich unglücklich bin, und die Beziehung anfängt zu kriseln. Dann verliere ich mich, bin zu sehr bei dem anderen und nicht mehr bei mir. Das Pärchen im Film streitet viel, bei mir verhält es sich umgekehrt. Ich werde ganz still und höre auf zu reden.

SZ: Sonst die männliche Haltung, oder?

Birgit Minichmayr: Bei mir liegt das daran, dass ich nicht kapiere, was gerade los ist. Meist kann ich erst über die Krise reflektieren, wenn sie vorbei ist. Dann verstehe ich erst, warum ich mich so verhalten habe. Meine Mutter ist mir da oft eine große Hilfe. Weil sie mich so gut kennt, kann sie mich aus dem Gefühlschaos rausholen. Bei uns ist das meist so ein gegenseitiges Coachen und Trösten.

SZ: Sie sprechen mit Ihrer Mutter über ...

Birgit Minichmayr: Alles! Die weiß wirklich alles!

SZ: Bei Liebesproblemen reden die meisten lieber mit einer Freundin als mit der Mutter.

Birgit Minichmayr: Eigentlich ist genau das unser Lieblingsthema. Männer, Beziehungen, die Liebe und was das mit uns Frauen macht.

SZ: Führen Ihre Eltern eine klassische Beziehung?

Birgit Minichmayr: Ich würde sagen, ja. Sie leben auf einem kleinen Dorf bei Linz, sind verheiratet und haben drei Kinder. Zusammen sind sie auch noch, waren aber zwischendurch mal zwei Jahre lang getrennt. Das war sehr gut, weil es bei beiden eine Wandlung gegeben hat und sie sich dann noch mal neu füreinander entschieden haben. Meine Eltern haben mir vorgelebt, dass es geht, wenn man will. Die haben sich wirklich wieder zusammengeackert und sich da rausgezogen. Trotz Streiterei ist ihnen zum Glück nie die Leidenschaft abhandengekommen

SZ: Wie schön. Und selten.

Birgit Minichmayr: Es war noch genug Liebe da. Vor allem haben sie aber gemerkt, dass sie auch mit neuen Partnern an dieselben Punkte kommen würden. Deswegen haben sie sich dann dafür entschieden, die Probleme miteinander zu lösen und nicht jeder alleine für sich.

SZ: Sie haben also Beziehungsarbeit geleistet. Schreckliches Wort, oder?

Birgit Minichmayr: Ich finde es positiv, bei mir löst das keinen Schrecken aus. Vielleicht deshalb, weil ich Arbeit nie als negativ empfinde. Warum soll man nicht für die Liebe arbeiten? Wenn nicht dafür, wofür bitte dann? Außerdem: Im "Wir" lernt man mehr über sich. Klar, es erfordert Mut, sich auseinanderzusetzen. Ganz wichtig finde ich, dass es aus Liebe für den anderen passiert und nicht aus einer Laune heraus. Was auch nicht geht: mit sich selber nicht klarkommen und den anderen dafür verantwortlich machen.

SZ: In der Dreiecksgeschichte "Der Weibsteufel", inszeniert von Martin Kušej, spielen Sie eine Frau, die zwei Männer gegeneinander aufhetzt. Beim Theatertreffen gab es frenetischen Applaus für Ihre diabolische Performance. Haben Männer eigentlich Angst vor Ihnen?

Birgit Minichmayr: Ich war immer in Beziehungen, nie lange alleine. Deswegen nehme ich mal an, dass Männer nicht allzu große Angst vor mir haben. Sie meinen aber immer, dass ich eine starke Frau bin.

SZ: Ein Kompliment, das nicht immer eins ist, oder? Starke Frauen klingt für viele doch immer noch nach "egoman", "unweiblich", "derb"...

Birgit Minichmayr: Mit diesem Starke-Frauen-Komplex machen sich die Männer tatsächlich oft kleiner, als sie sind, weil sie Angst vor Konfrontation und Streit haben. Seien wir mal ehrlich: Die meisten Männer wollen, wenn sie heimkommen, ein Essen auf dem Tisch haben, dann soll man noch ein bisschen miteinander schlafen und sich anschließend lieb miteinander Gute Nacht sagen.

SZ: Ihre Männer erwarten aber nicht wirklich ein warmes Abendessen, oder?

Birgit Minichmayr: Oh, ich kann sehr häuslich sein. Ich liebe es, für meinen Freund zu kochen, gerade weil wir uns selten sehen und ich so viel alleine bin. Ich rufe dann an. Wann kommst du? Das Essen steht auf dem Tisch! Das ist dann eine Art Rollenspiel, weil es nicht mein Alltag ist.

SZ: Diese Schauspieler!

Birgit Minichmayr: Ich weiß, einfach ist es nicht mit uns. Eigentlich möchte ich auch keinen Schauspieler mehr zum Freund haben. Wenn ich mich doch wieder in einen verlieben sollte, tja, dann kann ich auch nichts machen. Mir ist andererseits auch wichtig, dass mein Partner sich für meinen Beruf interessiert, anders geht es nicht.

SZ: Brauchen Sie eher einen Mann, der beruhigt oder einen, der Sie stimuliert?

Birgit Minichmayr: Ich brauche die Mischung.

SZ: Kann man denn alles haben?

Birgit Minichmayr: Ja! Und man kann auch alles sein.

SZ: Sind Schauspieler als Partner eigentlich neurotischer als andere?

Birgit Minichmayr: Ach, es kommt darauf an. Ich bin zum Beispiel eine Schauspielerin, die genau weiß, wann sie auf der Bühne steht und wann nicht. Ich lege die Rolle ab, wenn der Vorhang fällt.

SZ: Gar keine Neigung zur Hysterie?

Birgit Minichmayr: Eher eine neurotische Ader. Wenn Dinge nicht gut gelaufen sind oder ich mich falsch verhalten habe, treibt mich das tagelang um. Mir fehlt da eine gewisse Leichtigkeit, um sagen zu können: Was soll's, weiter geht's. Wenn mir alles zu viel wird, werde ich nicht hysterisch, sondern zu schnell.

SZ: Schnell womit?

Birgit Minichmayr: Mit allem. Mit dem Denken, Sprechen und Handeln. Ich beginne dann, Sachen zu verlieren oder werde beklaut. Wenn das passiert, weiß ich, es ist an der Zeit, eine Kurskorrektur vorzunehmen.

Lesen Sie auf Seite 3, warum sich Birgit Minichmayr die Hände nicht mehr waschen wollte.

"Ich bin Geschmackssache"

SZ: War es so, als Sie nach drei Jahren die Berliner Volksbühne verließen, um 2007 wieder nach Wien ans Burgtheater zurückzukehren?

Birgit Minichmayr: Nein, das war eine berufliche Entscheidung. Mehr nicht. Mit Kurskorrektur meine ich eher kleine, persönliche Einschnitte. Das Tempo rausnehmen, weniger machen, sich konzentrieren. Am besten ist es, wenn ich selber merke, dass es so weit ist. Von meinem Freund lasse ich es mir aber auch sagen.

SZ: Wer hat Sie beruflich besonders geprägt? Klaus Maria Brandauer, der Ihr Lehrer am Reinhardt Seminar war?

Birgit Minichmayr: Der hat mich nicht als Mann, sondern als Mensch geprägt, besonders, was meinen Beruf angeht. Eine Haltung, eine Meinung haben. Egal was du tust. Und: Man kann seine Haltung ändern, kein Problem, man muss nur eine haben.

SZ: Es heißt, Sie hätten schon auf der Schauspielschule bei der Direktion Rollen eingefordert.

Birgit Minichmayr: Das war nicht so frech, wie es jetzt klingt und passierte auch nicht mit überbordendem Selbstbewusstsein. Das war eher ein Kundtun. Ich wollte ihnen einfach die Informationen geben, damit sie wissen, was ich spielen will. Warum soll ein junges, lernwilliges Mädchen nicht sagen, mit wem sie arbeiten will?

SZ: Haben Sie dieses Selbstbewusstsein von zu Hause mitbekommen?

Birgit Minichmayr: Ja und nein. Meine Eltern fanden gut, was ich gemacht habe, aber ich wurde nie über die Maßen gelobt. Als ich auf die Schule wollte, hat mein Vater gesagt: "Mein Gott, jetzt will's Schauspielerin werd'n. Is des wos!" Mit meinen Schauspielambitionen sind sie immer sehr schlicht umgegangen. Schlicht ist übrigens ein schönes Wort.

SZ: Sind Sie, wie fast alle Künstler, süchtig nach Lob?

Birgit Minichmayr: Es ist schön, es ist gut, mehr nicht. Ich muss aber zugeben: An den Tagen nach der Berlinale, nachdem ich den Silbernen Bären bekommen hatte, fühlte ich mich ganz leicht, ganz gelassen. Und das Lob von Cate Blanchett hat mich zum Beispiel besonders gefreut, weil ich sie als Schauspielerin so schätze. Sie hat sich in Zürich "König Lear" angeschaut, in dem ich den Narr spiele. Später kam sie hinter die Bühne und fragte: "Where is the Fool?" Sie hat mich nicht gleich erkannt, weil ich ohne Perücke und im Kleid vor ihr stand. Nach dem Händeschütteln habe ich diesen schlimmen Satz gesagt: "Ich wasch mir meine Hand nicht mehr." Ein schönes Gefühl war das. Aber es verpufft auch wieder. Mir ist vollkommen klar, dass ich Geschmackssache bin.

SZ: Sie sind vielleicht die gefragteste Schauspielerin Ihrer Generation.

Birgit Minichmayr: Ein Bild von Picasso gefällt auch nicht allen, nur weil es von Picasso ist. Und nur weil ich einen Preis gewonnen habe, gefalle ich jetzt auch nicht jedem. Kunst ist immer Ansichtssache.

SZ: Wie waren Sie eigentlich als Kind?

Birgit Minichmayr: Ich war ein glücklicher, kleiner Wonneproppen. Das lag auch daran, dass mein jüngerer Bruder unter Asthma litt. Meine Eltern haben sich Sorgen gemacht, es war immer viel Kummer im Haus. Deshalb wollte ich besonders lustig sein, um nicht noch mehr Probleme zu schaffen.

SZ: Stimmt es, dass Sie auf einem Bauernhof bei Linz groß geworden sind?

Birgit Minichmayr: Sie schlief zwischen Schweinen und Kühen, und jetzt ist sie am Burgtheater . . . Klingt toll, gell? So ganz stimmt es aber nicht. Meine Großeltern stammen aus einer Bauerntradition. Mein Vater hat den Hof weitergeführt, ihn aber beim Eintritt Österreichs in die EU aufgegeben. Sein Geld verdient er nun hauptsächlich mit Versicherungen. Meine Mutter ist Homöopathin.

SZ: In dem Film "Abschied - Brechts letzter Sommer" gaben Sie als 20-Jährige Ihr Kinodebüt. Damals hatten Sie noch Babyspeck. Haben Sie darunter gelitten?

Birgit Minichmayr: Und wie! Als Teenager fand ich dieses runde Gesichtchen schrecklich. Ich wollte immer ein ätherisches Wesen mit weißer, durchsichtiger Haut sein. Als ich dreißig wurde, hat sich der Babyspeck glücklicherweise über Nacht verabschiedet.

SZ: In dem Film spielen Sie neben der gerade verstorbenen Monica Bleibtreu. Waren Sie auf ihrer Beerdigung?

Birgit Minichmayr: Ja, natürlich. Sie war wahnsinnig wichtig für mich. Was Brandauer für mich beim Theater war, war Moni für mich beim Film. Sie wurde zu meiner Mentorin, sie besuchte alle meine Premieren und ich ihre.

SZ: Ein Rat, den sie Ihnen mit auf den Weg gegeben hat?

Birgit Minichmayr: Sie hat immer zu mir gesagt: "Birgit, tu nicht so laut wieder!" Sie wollte, dass ich nuancierter spiele. Dabei konnte sie selber auch ziemlich laut werden. Vielleicht war es genau diese dramatische österreichische Ader, die uns so verbunden hat.

SZ: In einer Laudatio hat Monica Bleibtreu mal über Sie gesagt: "Die Birgit verschwendet sich." Gefiel Ihnen das?

Birgit Minichmayr: Und wie, den Satz fand ich wunderschön. Genau das habe ich von ihr und Brandauer gelernt, die haben mir das so vorgelebt: Sie geben mehr, als dass sie nehmen.

Birgit Minichmayr, 32, wuchs in Pasching, Österreich auf. Sie besuchte das Max Reinhardt Seminar in Wien und ging im Anschluss ans Wiener Burgtheater. Im Jahr 2004 wechselte Minichmayr für ein Intermezzo an die Berliner Volksbühne. Seit 2007 ist sie wieder festes Ensemblemitglied an der Burg. Grandiose Kritiken bekam sie für ihre Hosenrolle als "Narr" in König Lear (Regie: Luc Bondy) in Zürich. Gerade war sie beim Theatertreffen in Berlin in "Der Weibsteufel" zu sehen. Im Kino spielte sie im "Parfum" die Mutter von Jean-Baptiste Grenouille, eine Lesbe in Doris Dörries "Kirschblüten - Hanami" und eine Kellnerin in "Der Knochenmann". Mit Campino singt sie im Duett die romantische Ballade "Auflösen" auf dem neuen Album der Toten Hosen. Das preisgekrönte Beziehungsdrama "Alle Anderen" von Maren Ade läuft am 18. Juni an.

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