Biographie:Häuser zum Fliegen bringen

Cover für das Literatur Spezial

María Isabel Sánchez Vegara: Zaha Hadid. Mit Illustrationen von Asun Amar. Aus dem Spanischen von Svenja Becker. Insel Verlag, Frankfurt 2020. 32 Seiten, 13,95 Euro.

Ein Bilderbuch erzählt die Lebensgeschichte der berühmten modernen Architektin Zaha Hadid, die als erste Frau den Pritzker-Preis gewann.

Von Laura Weissmüller

Ein Blick in die Bildergalerie reicht: Dicht an dicht hängen da die Porträts der bedeutendsten Architekten unserer Zeit, ausgezeichnet mit dem wichtigsten Preis ihrer Disziplin, dem Pritzker-Preis. Frank Gehry ist darunter, Norman Foster und Rem Koolhaas. Die einzige Frau in dieser illustren Runde: Zaha Hadid. Sie war die erste Architektin überhaupt, die diese Auszeichnung erhielt.

So erging es der 1950 im Irak geborenen Zaha Hadid immer wieder, die Architektur ist bis heute eine Männerdomäne - und das, obwohl schon seit Jahren mehr Frauen als Männer dieses Fach studieren. Umso wichtiger, dass es Bücher über die gibt, die zum Role Model taugen und zwar bereits in jungen Jahren. Bei Zaha Hadid, die 2016 überraschend starb, ist das der Fall, weswegen das Bilderbuch über sie aus der Reihe "Little People, Big Dreams" über beeindruckende Lebensgeschichten eine wahre Punktlandung ist.

In einfachen klaren Sätzen führt die spanische Autorin und Schöpferin der Reihe María Isabel Sánchez Vegara durch die Welt der "kleinen Zaha". Die Spanierin Asun Amar, selbst Architektin und spezialisiert auf Architekturzeichnungen, illustriert diese so liebevoll wie kundig. Gleich die ersten Seiten machen klar, wie sehr die spätere Stararchitektin durch ihre Kindheit geprägt worden ist: Einmal durch ihre kunstinteressierten Eltern, die sich Reisen nach Europa genauso leisten konnten wie das Internat in der Schweiz und das Studium in London für ihre Tochter. Vor allem aber durch das Vertrauen, das sie von Anfang an in Zaha setzten. "Schon mit sieben entwarf sie ihre eigenen Sachen. Ob Kleider oder Möbel, sie wollte etwas Besonderes schaffen", heißt es im Buch, und auf der Doppelseite sieht man dazu die kleine Zaha auf ihrem Bett sitzen. Stolz hat sie die Entwürfe für einen organisch geschwungenen Stuhl und einen ebenfalls dynamisch geformten Tisch wie in einer Ausstellung an die Zimmerwand gehängt, gleich neben den asymmetrisch geschnittenen Jacken, die sie später gerne tragen sollte.

Hadids Wunsch, etwas Besonderes zu schaffen, hat sie lange davon abgehalten, auch etwas zu bauen. Ihre Entwürfe, allesamt eine Kampfansage an den rechten Winkel, galten schlicht als unbaubar. Der Mut auf ihre Ideen zu vertrauen und gleichzeitig ihr Interesse für neuste Computertechnik haben sich ausgezahlt. Heute gehören ihre Gebäude zu den außergewöhnlichsten, die es gibt, ihr Ziel, Häuser zum Fliegen zu bringen, hat sie erreicht. Auch ihr Wunsch, an die Grenzen des Möglichen zu gehen, hat mit den Interessen der "kleinen Zaha" zu tun: Schon in der Schule mochte sie neben Kunst am liebsten Mathe, und genau das belegte sie, bevor sie Architektur studierte. Ohne den Einsatz digitaler Entwurfsmethoden wären ihre Entwürfe bis heute unbaubar.

Zaha Hadid wollte sich selbst nie als Architektin bezeichnen. "Ich bin Architekt, nicht nur Architektin", sagte sie einmal. Warum? "Die Jungs streichen mir gern über den Kopf und sagen: ,Du bist okay - für ein Mädchen' ". Tatsächlich hat Zaha Hadid viel dafür getan, dass sich diese Rollenverteilung geändert hat. Ihr Werk sprengte die Grenzen dessen, was in der Architektur bislang möglich war. Auch für Frauen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: