Billy Wilder:"Du sollst nicht langweilen!"

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Das Motto des 2002 gestorbenen Starregisseurs ist für junge Filmemacher eine schwere Bürde. Am Donnerstag wäre er 100 Jahre alt geworden.

Tobias Kniebe

Es war im März 1997, die Filmpreis-Saison war in vollem Gange, und die heißesten Regisseure - an der Kinokasse erfolgreich, von den Kritikern gefeiert - trafen sich auf einem Podium in Hollywood. Cameron Crowe war da, der gerade "Jerry Maguire" mit Tom Cruise gedreht hatte; Anthony Minghella, dessen "Englischer Patient" als Favorit bei den Oscars galt; die Coen-Brüder ("Fargo") und der Australier Scott Hicks, der mit "Shine" den Überraschungserfolg des Jahres gelandet hatte.

Man bat sie, Vorbilder zu nennen, Lehrmeister aus Hollywoods großer Vergangenheit. Sie dachten nach, sie räusperten sich, sie ergriffen nacheinander das Wort - und am Ende nannten alle nur einen einzigen Namen: Billy Wilder.

Und doch: Billy Wilders Erbe, sein Einfluss auf das Kino der Gegenwart, wird unterschätzt. Schon wahr, in den letzten Jahren seines Lebens wurde er fast routinemäßig als "größter lebenden Filmautor" (Crowe) oder als "das letzte Genie in unserem Fach" (Martin Scorsese) gewürdigt.

Aber das lag auch daran, dass er die meisten seiner Mitstreiter, Kollegen und Konkurrenten schlichtweg überlebte und bis zuletzt für eine brillante Anekdote oder einen Monroe-Witz zu haben war.

So wurde er im öffentlichen Bewusstsein eine Art Kuschelbär der Filmgeschichte, der verschmitzte Opa mit dem Pepitahut. Die großen Obsessionen, die bleibenden Einflüsse, das authentische Künstlertum aber schrieb man anderen zu - jenen Filmemachern vor allem, die sich selbst wichtiger nahmen.

Die Figuren erfinden sich neu

Das gequälte Genie zu geben lag Billy Wilder nie. Genauso wenig kann man ihn auf ein großes Lebensthema, einen psychologischen Schlüsselmoment oder auf ein bestimmtes Genre festlegen. Seine Modernität, die Gültigkeit seiner Geschichten zeigen sich auf einer subtileren Ebene - zum Beispiel in der wunderbaren Lebendigkeit seiner Figuren, die auch in der tausendsten Fernsehwiederholung gefangen nehmen.

Weil Wilder sich selbst nie auf eine Ideologie, ein soziologisches Deutungsmuster oder eine psychologische Denkschule einließ, haben seine Figuren das Recht, sich immer wieder neu zu erfinden:

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