Bildergalerie:Abgefahrene Straßenkunst

Graffiti, Pitbulls und Tattoos - urbane Subkultur ist so einflussreich wie nie zuvor. Die Trends der Gegenkultur von den Townships Südafrikas bis zu den Megacities Brasiliens in Bildern.

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Graffiti, Pitbulls und Tattoos - die urbane Subkultur ist so einflussreich wie nie zuvor. Die Trends der Gegenkultur von den Townships Südafrikas bis zu den Megacities Brasiliens in Bildern.

Straßenkultur ist ständig auf der Reise, umfasst internationale Trends wie HipHop oder Punk und die ständige Kulisse aus Musik, Stadtbildern und Reisen ebenso wie kleine Phänomene, die an einen bestimmten Ort gebunden sind. Langfristig bleiben Subkulturen allerdings niemals nur auf einen einzigen Ort begrenzt. Wie ein Straßennetz, in dem irgendwann alle Straßen miteinander verknüpft sind, breiten sich die Underground-Trends über Stadt-, Staats- und Landesgrenzen aus. Sie treffen aufeinander, verschmelzen, verändern sich oder driften wieder auseinander.

Die Straßenkultur mit all ihren Facetten, Momente der größten visuellen Kreativität und Inspiration der Gegenwart dokumentiert der Bildband "Streetworld" (National Geographic Deutschland) in über 1000 Bildern.

Text: Sarah Ehrmann

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Das Phänomen der Straßenkultur ist keineswegs neu. Bei näherer Betrachtung der populärsten Subkulturen wie Skateboarden oder HipHop-Musik reichen die Wurzeln bis zum Beginn der Geschichtsschreibung zurück. Der Name "Skateboard" wurde zwar zum ersten Mal in den 1950er Jahren in Kalifornien verwendet, doch die Idee, ein Brett auf Rädern zu fahren, ist vermutlich fast so alt wie das Rad an sich.

Bis heute gibt es Skaten nicht in Klubs oder Vereinen. Zwar existieren die Contests "World Cup of Skateboarding" und "Club of Skaters", das Skaten wird dennoch im Selbstverständnis vieler Skater eher als individualisierter Lebensausdruck - mitunter auch als eine Art von Kunst - denn als Sportart angesehen.

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"Die Reisenden dieser Welt verbreiten Straßenkulturen wie einen Virus, wobei sie immer etwas von sich selbst zurücklassen und Fremdes mit nach Hause nehmen", heißt es im Vorwort von "Streetworld". Jede der Kulturen hat ihr ganz eigenes Mekka, den erstrebten Ort des Ursprungs. So "erscheint es normal, ein Jahr lang Geld zu sparen, um einen Skateboard-Trip nach Los Angeles zu finanzieren oder beim Besprayen eines U-Bahn-Waggons in New York eine Ausweisung zu riskieren."

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Looking Good: Pitbulls

"Kleider machen Leute" heißt ein altes Sprichwort. Auch der Umkehrschluss ist richtig: "Leute machen Kleider." Wie wer was wann trägt, bildet Trends. Wir alle müssen uns täglich kleiden. Mode ist daher eines der grundlegenden Elemente der Straßenkultur.

Doch Mode nur mit Klamotten zu assoziieren, ist von vorgestern. Modisch "on top" zu sein, sieht anders aus: Heute trägt man Pitbull. Zumindest wenn man ein "Bad Boy" oder "Bad Girl" sein will, ist dieses bissige Accessoire ein Muss.

Tierschützer kritisieren zwar die "erzieherischen" Misshandlungen, die viele der Hunde über sich ergehen lassen müssen. Für die Halter ist ein Pitbull allerdings oft ihr Alter Ego aus dem Tierreich. Von wegen "Hunde, die bellen, beißen nicht" ...

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Looking Good: Zahnspangen

Für alle, die sich beim Anblick dieser Diamanten an grausame Teenagertage erinnert fühlen: Der Starjuwelier Jonny Dank aus Houston soll eine Zahnspange im Wert von mehr als 10.000 Dollar besitzen. Ob er sich davon Erfolg beim weiblichen Geschlecht verspricht - frei nach dem Motto: "Diamonds are a Girl's Best Friend"?

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Looking Good: Plagiate

Vermutlich kommt Designerware an anderen Körperteilen dann aber doch besser an. Und weil die großen Fische im Geschäft - wie Louis Vuitton, Chanel, Gucci, Armani oder Dolce&Gabbana - ihre Logos grundsätzlich gut sichtbar auf alle ihre Produkte drucken, können Kunden ihren Reichtum noch einfacher zur Schau stellen.

Mehr als 400 Milliarden Dollar geben Konsumenten weltweit pro Jahr für plagiierte Handtaschen, Sonnenbrillen, Schmuck und Kleidung aus. Obwohl sich die Designer über diese Entwicklung beklagen, profitieren sie auch davon: Auch gefälschte Ware ist Reklame. "Es bedeutet doch nur, dass eine Marke so wichtig ist, dass Leute sogar gefälschte Kleidung tragen, nur um dazuzugehören", sagt Claw Money, Designerin und Herausgeberin des Modemagazins Swindle.

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Hätten Sie gewusst, dass Winston Churchills Mutter ein Tattoo an ihrem Handgelenk trug? Oder verbinden Sie die eingestochenen Zeichen auf der Haut noch mit Rockern, Knastbrüdern und rebellischen Teenagern?

Die ersten, die sich mit Nadel und Farbe ein Bild in die Haut stechen ließen, waren einflussreich und betucht - und reisten dazu nach Japan. Erst durch die Öffnung Japans zum Westen in den späten 1850er Jahren wurden Tattoos auch außerhalb des Fernen Ostens populär.

Gegen Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Kunst, die unter die Haut geht, Gegenkulturen und Seeleuten zugewiesen. In den Sechziger- und Siebzigerjahren brachten Tattoo-Künstler wie Sailor Jerry und Don Ed Hardy - der inzwischen mit Tattoo-Art-Klamotten Hollywoods Schickeria ausstattet - Ganzkörpertattoos im asiatischen Stil in den Westen.

Um im Großstadtdschungel des "Big Apple" nicht unterzugehen, muss man sich von der Masse abgrenzen. Diese Motivation ließ Streetware-Labels und winzige Boutiquen aus dem Boden sprießen und führte zu einer Gegenbewegung zur herkömmlichen Mainstream-Klamotte. Designer-Stücke, kombiniert mit Eigenkreationen, Tattoos und Stilbrüche sollen den eigenen Typ unnachahmlich machen.

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Getting Up: Graffiti

Die brasilianischen Zwillingsbrüder Os Gemeos (Portugiesisch für "die Zwillinge") bei der Arbeit: Sie reisten in den vergangenen Jahren einige Male um den Globus und bemalten alles, was ihnen in den Weg kam - von Leinwänden und Installationen in Galerien bis hin zu Straßengraffiti und Wandbildern, wie hier in Tokyo.

Graffiti-Kunst eroberte von den New Yorker U-Bahnen aus die ganze Welt, entdeckte in den 1990er Jahren die ehemaligen Ostblockländer als neues Terrain und vereinnahmte die Berliner Mauer mit destruktiv-tristen und farbenfroh-optimistischen Gemälden.

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Getting Up: Miss Van

Die als "Miss Van" bekannte Künstlerin aus Toulouse, die derzeit in Barcelona lebt, ist bekannt für ihre süßlichen, weiblichen Charaktere. Die "poupées" oder "dolls" tauchten MItte bis Ende der 1990er Jahre an Straßenwänden auf und bestechen durch Zeitlosigkeit.

Obwohl Feministinnen die Figuren kritisierten, entwickelten die Stadtbewohner eine regelrechte Beziehung zu den Miss-Van-Figuren in ihrem Viertel: "Viele Leute in Toulouse gingen jeden Sonntag durch die Straßen auf der Suche nach einer neuen 'poupée'. Es wurde richtiggehend eine Tradtition daraus", sagt Miss Van. Einige ihrer Arbeiten sind inzwischen in Galerien ausgestellt.

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Getting Up: Husk mit Navn

Mit nur wenigen Strichen, manchmal mit nur einer einzigen Farbdose, kreiert der dänische Graffiti-Aktivist, Straßen- und Galeriekünstler und Cartoonist Husk Mit Navn (wörtlich übersetzt: "Erinnere dich an meinen Namen") fröhlich-bunte Wand-Männchen. Auf Hauswänden, Gegenständen oder alten Mauern.

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Eines ist allen Subkulturen gemeinsam: Die Straßen der Stadt werden zu Plätzen der Zusammenkunft. Je enger das räumliche Miteinander, desto gehäufter trifft der aufmerksame Betrachter auf Gegenbewegungen - in manchen Subkultur-Metropolen, wie den Großstädten Brasiliens, schlichtweg überall.

Neben den sogenannten Guerilla-Gärtnern, die inmitten des Asphalts und Betons der Städte illegalerweise kleine grüne "Verschönerungsprojekte" starten, greift auch die ebenfalls illegale Subkultur des landwirtschaftlichen Marihuana-Anbaus um sich. Manche betrachten es inzwischen fast schon als Kunstform, wie ideenreich Privatleute Kellerräume und Dachterrassen zu Drogenplantagen "umgestalten".

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"Was ist eine Stadt, wenn nicht eine Schöpfung von Menschenhand?", fragen die "Streetworld"-Autoren Roger Gastman, Caleb Neelon und Anthony Smyrski.

Die Brooklyn Bridge in New York, die Frankfurter Skyline oder die zehn Meter hohen Mauern der verbotenen Stadt im Zentrum Pekings - meist sagt uns das einzigartige Stadtbild, in welcher Umgebung wir uns befinden. Die speziellen Kennzeichen einer Stadt - wie überfüllte Gehwege, ungewöhnliche Architektur und die jeweiligen Besucher - lassen Städte zu kulturellen Epizentren werden. Wenn hippe Bewohner auf engstem Raum zusammenkommen und neue Bewegungen und Trends ins Leben rufen, breiten diese sich auf die Vorstädte aus und geben der Stadt ihren rundum einzigartigen Charakter.

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Getting Around: Pakistanische LKW-Kunst

In Pakistan gibt es keinen einzigen einfarbigen LKW. Dabei wissen selbst die Erschaffer der kunterbunten Fahrzeuge nicht genau, womit diese Tradition begann. Einige vermuten den Ursprung in den 1940er Jahren: Die Firmen druckten ihre Logos in zunehmend auffälligerem und gewagterem Design, damit die größtenteils analphabetische Bevölkerung die Langstrecken-Transportmittel besser wiedererkannten. Eventuell liegen die Wurzeln aber auch in der Zeit der geschmückten Kamel-Karavanen, die von der Küste Pakistans nach Zentralasien reisten.

Die fahrenden Kunstwerke haben jedenfalls das Straßenbild verändert und verwandeln Durchgangsstraßen in Kunstgalerien. Die Motiv-Auswahl reicht von Poesie und religiösen Versen bis hin zu Charakteren der Mythologie, berühmten Persönlichkeiten und Landschaften.

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Coming Together: Trommelzüge

Trommelzüge als Teil einer Marschkapelle sind in den USA und Japan sehr beliebt. Die Verbindung aus Musik, Marschieren, Tanz und Theater gibt es vor allem an High Schools, die Marschkapellen-Saison dauert von Oktober bis Ende des Jahres. Alljährlich im April werden nationale Meisterschaften veranstaltet.

Egal für welche musikalisch-rhythmische Richtung sie sich später entscheiden - Trommelzüge bilden durch ihre enge Verbindung mit der Schule die Grundausbildung vieler Musiker. Hin und wieder kommen bei den Trommelumzügen auch Mülleimer aus Metall, Fässer, Rohre, Tonnen und Besenstiele zum Einsatz.

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Coming together: Knitta

"Knitta" nennt sich eine Gruppe junger Frauen aus Houston, Texas, die Handarbeit zur Straßenkunst erhebt. So wird jedes Straßenschild kuschelweich angezogen. Eine Stilblüte der Subkultur ...

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Getting Up: Husk mit Navn

... die es zu suchen lohnt. Denn wer nur einen flüchtigen Blick an die Umgebung verwendet, übersieht die Schönheit im Detail.

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Getting Around: Fahrräder

Chopper-, Riesen- oder Monster-Bikes, Bonanza-Räder oder BMX - ungewöhnliche Fahrräder gibt es, seit es Drahtesel gibt. Neu ist allerdings, dass sich ihre jungen, künstlerisch begabten Besitzer in Klubs und Gangs formieren und organisieren. Einige der Mitglieder sind ehemalige Kunststudenten und arbeiten an der Herstellung möglichst abgefahrener Fahrradrahmen.

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Straßenkultur lässt sich von Andersartigkeit inspirieren. Von Dingen, die erst auf den zweiten Blick ihre Schönheit enthüllen. "Überraschende Gegenstände, Volkskunst, all die Plätze und Räume, die nach kreativer Gestaltung schreien, bringen neue Ideen", beschreiben die Autoren ihre Auffassung von Subkultur.

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Getting Around: Rikschas

Eine Kutsche für Menschen, die von anderen Menschen gezogen wird - zu Fuß, per Fahrrad oder eben als kleinstmotorisiertes Fahrzeug - das ist eine Rikscha. Die ersten Exemplare kamen bereits Ende des 19. Jahrhunderts in Japan auf, von wo aus sie sich in der ganzen Welt verbreiteten.

Inzwischen sind die wendigen Freiluft-Transportmittel auch in allen größeren deutschen Städten nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken. Die verschönerte Innenarchitektur wird man dort allerdings vergeblich suchen.

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Natürlich bleiben nur die wenigsten Trends für immer interessant und beliebt. Früher oder später werden die meisten Subkulturen zu abgedroschen für den Geschmack ihrer kreativen Anhänger, die doch ständig auf der Suche nach neuen Strömungen und Veränderungen sind, aus denen sie wiederum Inspiration schöpfen und vielleicht sogar den Anstoß für neue Gegenkulturen geben können.

Das Interesse an Subkulturen scheint zu wachsen. Das Ergebnis ist ein noch stärkerer globaler Einfluss. Die Autoren von "Streetworld" dazu: "Wenn eine Straßenkultur aus São Paulo, Kingston oder Berlin es schafft, die Aufmerksamkeit junger Menschen auf der anderen Seite des Globus zu erregen, wissen wir, dass hier etwas sehr Bedeutungsvolles vor sich geht."

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