Man kann sich über die Mäusewelt wundern. Da fliegt zuerst eine Maus über den Atlantik ("Lindbergh"), dann schafft es eine Maus sogar auf den Mond ("Armstrong"), und nun fangen sie bei einem Unterwasserfahrzeug wieder ganz von vorne an. Sie erfinden Geräte, um das für Mäuse Unmögliche möglich zu machen. Ihre ersten Zeichnungen und Gedankengänge haben jedes Mal wieder bestechende Ähnlichkeit mit denen des Urerfinders Leonardo da Vinci. Und das, obwohl sich die Mäusewelt natürlich verändert hat. Es gibt jetzt eine Mäuse-Universität, es wird über moderne Erfindungen doziert. Warum sind die Mäuse nicht längst mit Hightech-Methoden unterwegs, tauschen ihr Wissen nicht über internationale Drähte aus, entwerfen ihre Neuerungen nicht dreidimensional auf Bildschirmen?
Nein, das tun sie nicht. Sie malen ihre Ideen kunstfertig mit Bleistift auf Papier, studieren die Natur in Museen und wühlen sich durch riesige Zettelkästen. Sie vertrauen darauf, mit einfachsten Hilfsmitteln die Gesetze der Schwerkraft überwinden zu können, und wirken dabei selbst wie aus der Zeit gefallen. Aber genau das ist es vermutlich, was die Buchreihe der großen Mäuse-Erfinder, die Torben Kuhlmann schreibt und zeichnet, so faszinierend macht: Diese Mäuse gehen unbeirrbar ihren Weg, sie lassen sich nicht kirre machen von der Welt um sie herum (es sei denn, es sind Fressfeinde wie Katzen oder Eulen im Spiel, dann werden selbst die Mäuse etwas nervös). So ist es auch bei "Edison", dem dritten mäuseleichten Tanz durch Wissenschaftsgeschichte, Erfinderprobleme und Forschergeist. Diesmal geht es um eine Schatzsuche auf dem Meeresgrund, und erstmals arbeiten hier zwei Mäuse im Team zusammen. Nicht auszudenken, wenn ganze Mäusescharen die Probleme der Welt zu lösen beginnen.
Auf ihre Art sind die genialen Mäuse sehr modern. Sie entwickeln ihre Maschinen nach dem Vorbild der Natur, was man heute als Bionik kennt. Ihre Methoden sind streng analog, sodass ihnen auch kein Computervirus einen Streich spielen kann. Selbst von unerwarteten Ereignissen wie spontanen Walgesängen in tiefer See werden sie nicht aus der Bahn geworfen. Klar, dass die kleinen Mäuse bei allen großen Erfindungen oder Errungenschaften schon vorher da gewesen sein müssen. Sie leben ihr Leben in doppeltem Tempo, sind einfach gekleidet und können (sieh Fressfeinde) kein großes Gewese um ihre Erfolge machen.
Das Schöne ist dies, wenn man die Bücher von Torben Kuhlman gelesen hat: Man sieht eine Maus durchs Gleisbett eines Bahnhofs huschen und denkt sich: Sie wird die Welt neu erfinden. (ab 6 Jahre)
Torben Kuhlmann : Edison. Das Rätsel des verschollenen Mauseschatzes. NordSüd, Zürich 2018. 112 Seiten, 22 Euro.