Süddeutsche Zeitung

Bilderbuch:Gedankenabenteuer

12 Doppelseiten der ungewöhnlichen Künstlerin, die auf den Bildtafeln 24 Redewendungen - jeweils als Gegensatzpaar - zusammen stellt. Verspielt offen, in ihrer besonderen Collagentechnik.

Von Marlene Zöhrer

Die Bildsprache der Hamburger Künstlerin Stefanie Harjes ist unverkennbar. In ihrem neuen Bilderbuch "Als die Esel Tango tanzten" tut sie einen Blick hinter, zwischen und unter die Kulissen gegensätzlicher Redewendungen. Dabei sind ihre Zeichnungen ebenso wie ihre Collagen, die sie stets aus unterschiedlichsten Materialien zusammenfügt, gekennzeichnet von schier unerschöpflicher Vielfalt. Feine Linien, dynamische Kreidezeichnungen, farbintensive Flächen, belebter Weißraum, verschobene Perspektiven und Größenverhältnisse, Mensch-Tier-Wesen in ausgefallenen Roben und Posen, geklebte Fotografien und Drucke, gestempelte Wörter und Zahlen und hin und wieder ein Fisch, der sich ins Bild mogelt. Ihr Blick auf die Welt ist besonders, ihre Bilder voller Mehrdeutigkeiten, Anspielungen und Anregungen. In "Als die Esel Tango tanzten" werden diese für die Künstlerin typische Offenheit und Vielschichtigkeit nun sogar zum Erzählprinzip und Gesprächsanlass: In der Reihe "Erzählbilder", in der das Bilderbuch erscheint, stehen (textfreie) Bilder für sich, um so Kinder und Erwachsene zu eigenen, im besten Fall gemeinsamen Gedankenspielen und Geschichten anzuregen. Lustvoll setzt Harjes auf zwölf Doppelseiten insgesamt 24 Redewendungen - jeweils als Gegensatzpaar - in Szene: Da betreten Mauerblümchen und bunte Hunde die Bühne, tragen schwarze Schafe weiße Westen (und umgekehrt), treffen glückliche Schweine auf schräge Pechvögel, sagen es die einen durch die rosarote Blume, unterdessen andere hingebungsvoll durch die Fettnäpfchen tanzen, gibt das dunkelrote Eichhörnchenpaar seinen Senf aus der Tube dazu. Mit Humor und ungewöhnlichen Perspektiven nähert sich Harjes den ausgewählten Redewendungen, nimmt sie mal streng wörtlich, mal verspielt offen. Dabei fügt sie ihren visuellen Lesarten neue, überraschende Aspekte und Elemente hinzu, die die Doppeldeutigkeit der Redensarten spiegeln und potenzieren.

Auf diese Weise entsteht ein Bilderbuch, das zum Schauen und Staunen einlädt. Eines, das Rätsel aufgibt und Gedankenabenteuer heraufbeschwört. Eines, das sich bei weitem nicht nur an Kinder richtet, sondern an alle, die besondere Bilder und ihre Geschichten zu schätzen wissen.

Stefanie Harjes: Als die Esel Tango tanzten. Mixtvision Verlag, München 2016. 32 Seiten, 14,90 Euro.

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Quelle:
SZ vom 29.11.2016
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