An einem Sonntagnachmittag im Frühling 1969 passierten in San Francisco drei Dinge, die schließlich zu einem Stück Filmgeschichte führten. Der damals 30-jährige Regisseur Francis Ford Coppola blätterte träge in der New York Times, während im Hintergrund die Kinder spielten. Auf einer der Zeitungsseiten entdeckte er ganz unten eine kleine Anzeige, die für ein schwarzes Buch mit der Hand eines Puppenspielers auf dem Titelbild warb. Der Titel: "The Godfather".
Sieht interessant aus, dachte sich Coppola, konnte aber nicht weiter darüber nachdenken, weil es an der Tür klingelte. Zwei Produzenten des traditionsreichen Hollywood-Studios Paramount waren in der Stadt und wollten den vielversprechenden jungen Filmemacher kennenlernen, von dem sie schon so viel gehört hatten. Ob man nicht mal über ein gemeinsames Projekt sprechen könne? Bevor Coppola antworten oder ihnen einen Kaffee anbieten konnte, klingelte das Telefon. Am Apparat: "Marlon Brando hier. Spreche ich mit Herrn Coppola?" Der junge Francis hatte dem großen Star ein Drehbuch zugeschickt, die Hauptrolle in einem Thriller, Brando hatte weder Zeit noch Lust, wollte aber wenigstens persönlich absagen.
Die Angst vor dem Scheitern
Nach diesem merkwürdigen Sonntagnachmittag fügten sich die Puzzleteile schnell zusammen. Die Produzenten, die Coppola besuchten, besaßen nämlich die Filmrechte an "The Godfather" alias "Der Pate". Und diese Hauptrolle konnte auch der wählerische Marlon Brando nicht mehr ablehnen. Diese und andere Anekdoten über die Entstehung des Films erzählt der mittlerweile 77-jährige Coppola im Vorwort des Bildbandes "The Godfather Notebook", das beim New Yorker Verlag Regan Arts auf Englisch erschienen ist. Dieses Notizbuch ist Coppolas Bearbeitung von Mario Puzos Roman, und es ist wie seine Filmadaption selbst ein kleines Kunstwerk.
Klischeeaussprache unbedingt vermeiden: "Italians who-a, talka lika-dis". Marlon Brando (links) und Francis Ford Coppola 1972 am Set von "Der Pate".
(Foto: interTOPICS/mptv)Der Hauptgrund für das Notebook, das laut Coppola am Set noch viel hilfreicher war als das Drehbuch, war die Angst vor dem Scheitern. "Ich hatte panische Angst, vor allem beim Schreiben, ob mir das gelingen würde." Das Notebook, das der neue Band komplett abbildet, sollte sein Masterplan, seine Blaupause für den Film werden, damit er nachts wieder ruhig schlafen konnte.
Es ist der Werkstattbericht eines Filmklassikers, der zunächst als reine Auftragsarbeit begann. Coppola wollte Ende der Sechziger ursprünglich sein Drehbuch "Der Dialog" in Angriff nehmen. Dass er "Der Pate" vorzog, lag schlicht und einfach am Geld. "Ich hatte damals schon zwei Kinder, das dritte war unterwegs", schreibt er im "Notebook"-Vorwort. "Außerdem war ich verschuldet durch meine vorhergehenden Projekte." Coppola hatte damals die Produktionsfirma "American Zoetrope" gegründet, gemeinsam mit einem anderen Jungregisseur namens George Lucas, der noch weit von seinem späteren "Star Wars"-Ruhm entfernt war. Aber der Firma ging es schlecht, und so sagte Lucas zu Coppola, als das rare Angebot kam, mit "Der Pate" die junge Firma zu sanieren: "Das musst du annehmen. Die machen uns sonst den Laden dicht und sperren uns ein."
Coppola stimmte zu und machte sich an die Arbeit, wobei sein "Godfather Notebook" nicht einfach nur der Roman mit Randnotizen ist, sondern bereits auf die Kunst des Filmschnitts, der Montage, hin angelegt ist. Coppola löste das Buch aus seinem Klebeeinband, trennte die einzelnen Seiten heraus und klebte sie mit Tesafilm auf größere Blätter. Diese wiederum stanzte er mit einem Locher ein, damit er die Seiten und seine Notizen austauschen, mit den Handlungssträngen spielen konnte. Eine Episode vom Ende des Buchs passt besser an den Anfang des Films? Schnell die Seiten ausgetauscht.