Bildband über Udo Lindenberg:Der Greis ist heiß

Alles easy und cool und so, auch wenn der kleine Udo jetzt schon 64 ist: Tine Hacke hat den Panikrocker vier Jahre lang fotografiert - zwischen Notarzt und großer Bühne. Für seine langjährige Freundin nahm er sogar mal die Brille ab.

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Udo Lindenberg Stark wie Zwei

Quelle: @Tine Acke/Udo Lindenberg: Stark wie Zwei/ Schwarzkopf & Schwarzkopf

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Alles easy und cool und so, auch wenn der kleine Udo jetzt schon 64 ist: Tine Hacke hat den Panikrocker vier Jahre lang fotografiert - zwischen Notarzt und großer Bühne. Für seine langjährige Freundin nahm er sogar mal die Brille ab. Die Bilder.

Als nuschelnder Panikrocker der Nation verfügt Udo Lindenberg über eine große Portion Lässigkeit: Als der 64-jährige Rockmusiker an diesem Wochenende mit dem Jacob-Grimme-Preis für Deutsche Sprache ausgezeichnet wurde, gratulierte er der Jury "zu dieser kessen Entscheidung". Wer so selbstironisch ist, der wird nicht nur von seinen Fans dafür geliebt, sondern in diesem Fall auch von einer talentierten jungen Dame namens Tine Hacke, die die Dauerpanik-Lady an seiner Seite ist. Oder nennt man das in diesen Kreisen Lebenspanik-Abschnittsgefährtin? Jedenfalls wollte Tine Hacke Udo Lindenberg diese Aufnahmen eigentlich zum Geburtstag schenken. Doch der Rocker befand, das seien Bilder für die Öffentlichkeit. Der Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf sah das ähnlich - heraus kam nun der Bildband  Udo Lindenberg: Stark wie zwei 2007-2010 der den stets Wohlbehüteten in Nahaufnahme zeigt - einmal sogar mit erstaunlich tief sitzender Sonnenbrille.

Text: Ruth Schneeberger und Lena Schilder/sueddeutsche.de

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Da Udo Lindenberg ansonsten ja - nach eigenen Angaben - der "King der Sonnenbrille und der tief liegenden Hutkrempe" ist, trifft es sich natürlich gut, dass er mit der scharfäugigen Hacke "'ne Königin des Observatoriums" an seiner Seite hat. Findet er auch: "Tine und Gucken, Beobachten, Filmen, Fotografieren, das ist alles eins." 

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"Stark wie zwei", das gilt nun mehr denn je mit seiner 33-jährigen Tine, das galt aber schon 2008 für sein gleichnamiges Album, mit dem er sich aus der Fast-Versenkung wieder nach oben katapultierte, indem er es rund eine halbe Million Mal verkaufte. Mit dabei war damals auch der 34-jährige Jan Delay. Hier beim Rollentausch für das Video ihrer gemeinsamen Single "Ganz anders" aus dem Erfolgsalbum. Was der Udo an dem Jan so mag, das verriet er beim Echo 2010, als er ihm den Preis in der Kategorie "Bester HipHop Urban" überreichte: "Er ist mein Freund, der beste Hip-Hopper in Deutschland für mich." Das klingt ungewöhnlich schnörkelfrei und grammatikalisch fast nach Mainstream. Als er zu diesen Worten sogar seine Sonnenbrille abnahm, war klar: Dies ist großes Gefühlskino. Hier haben sich zwei gefunden.

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Auch Punklady Nina Hagen ist 'ne gute Freundin vom Udo. Das extrovertierte Gespann peppt mit seinen schrägen Auftritten noch jede hinterletzte Veranstaltung auf. Wie hier bei Lindenbergs Rock-Liner-Reise im Mai 2010, auf der sie ihn mit anderen deutschen Musikern wie Jan Delay, Adel Tawill oder Silbermond begleitete. Onkel Udo, das ist mal ganz klar, gehört eben noch längst nicht zum alten Eisen. Gerade für jüngere deutsche Künstler ist es inzwischen total dufte und natürlich eine große Ehre, wenn der Deutschrockveteratan geschmeidigt anklopft und eine musikalische Kooperation vorschlägt. Und der Udo, der ist sich seiner Verdienste um die deutschsprachige Musik auch absolut bewusst: "Ich habe viele Bands ermutigt. Heute singt irgendwie jeder Deutsch." Und warum?  "Das klingt easy und cool und so." Das findet auch ...

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... Mr. Katzenklo Helge Schneider, weshalb der Komiker schon seit Jahren bei seinen Auftritten eine Udo-Parodie hinlegt, die so gut ist, dass man nicht genau weiß, ob sich unter Mantel und Hut nicht doch der echte Panikrocker versteckt. Und dieses Foto, aufgenommen beim gemeinsamen Videodreh zu "Chubby Checker" in Hamburg im Februar 2008, beweist: Man kann sich da nie sicher sein. Ganz sicher hingegen ...

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... darf man sich jetzt wohl für alle Zeiten sein, dass der gute Udo Brille und Hut wirklich immer trägt. Selbst wenn er die anderen Hüllen fallen lässt - wie hier beim entspannenden Fußbad im Backstage-Bereich während eines Konzertes. Den Grund verriet er auch in einem Interview zur Buchveröffentlichung: "Ich gehe zwar nicht mit dem Hut ins Bett, aber mit ihm schwimmen. Ich hab eine tolle Frisur, nur dass der Scheitel immer höher rutscht ... Der Hut steht mir seit 1980. Warum soll ich da jetzt noch was dran ändern?". Ein bisschen überraschend ...

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... ist diese Innigkeit und Zweisamkeit dann aber schon: Schließlich pflegt Lindenberg ja eigentlich seit Jahrzehnten sein Image als wurzelloser Großstadtcowboy. Seine Privaträume im Hamburger Hotel Atlantik hat er zur Panik-Zentrale erkoren, Room-Service und Plansch-Pool inklusive. Und sein echtes Zuhause, das sind natürlich ...

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... die Bühnen dieser Republik: Schon seit den frühen siebziger Jahren tourt der Vollzeit-Rocker durch Deutschland, und seit der Andrea Doria, auf der 1973 noch alles klar war, auch fast immer mit durchschlagendem Erfolg - bis zu Beginn der neunziger Jahre: "Da hatte ich eine künstlerische Krise, wusste nicht, wie man den Schritt vom Jugendidol zum würdevollen Rockchansonnier hinkriegt. Ich dachte, jetzt ist alles vorbei, mein Lebenswerk ist over. Dazu Notarzt, Kliniken, zu viel Alkohol, der ganze Scheiß. Dann hab gemerkt: Je knapper die Zeit wird, desto weniger hat man zu verlieren, desto weniger Rücksicht muss man auf Hierarchien und Karriere nehmen", so Lindenberg im Interview. Alt fühle er sich nur, wenn er seine Glieder strecke: "Innerlich bin ich zeitlos."

2008 lockte er schließlich mit seinen schnoddrigen Texten und den oberlässigen Ansagen die unterschiedlichsten Generationen in seine 15 Konzerte der "Stark für zwei"-Tournee, mitten rein ins Udo-Universum. Mit dabei natürlich immer sein original Panikorchester. 

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Und dass der Udo ein Entertainer bleibt, selbst wenn er kein Publikum vor sich hat, das beweist diese Aufnahme einer leeren Konzerthalle kurz vor Einlass. Nach Panik sieht das überhaupt nicht aus, wie er da lässig sein Mike schwingt. Der Dompteur erwartet die Menge. Und die erwartet von ihm alte Kracher wie den Sonderzug nach Pankow (1983), Ich lieb Dich überhaupt nicht mehr (1988), den Panik-Panther (1992) - oder eben das Lied Der Greis ist heiß von 2008. "Das ist eine Persiflage auf Gleichaltrige, die im Sterbeflanell rumlaufen und Kindern Angst vorm Alter machen", verrät der Meister höchstselbst. Dass da zwischen Panikmache und Stebeflanell noch einiges geht, ...

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... das beweist nun Tine Hacke mit ihren Aufnahmen, die meist den Künstler, in seltenen Augenblicken aber auch den Menschen Udo Lindenberg zeigen. Der Astronaut muss weiter heißt eines der melancholischsten Stücke seines letzten Albums - dies ist das Bild dazu, bei dem einen nicht zum ersten Mal der Verdacht beschleicht, dass der gute alte Udo ja vielleicht doch aus fremden Sphären zu uns gestoßen ist. Auch wenn er immer wieder erstaunliche Bodenhaftung bewiesen hat, etwa durch sein Engagement für den Umweltschutz und die Friedensbewegung. Auf seiner eigenen Titanic aber, ...

Udo Lindenberg: Stark wie Zwei /Schwarzkopf & Schwarzkopf

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... da scheint nach wie vor keine Panik zu herrschen: Wenn wir dem Bildband Glauben schenken dürfen, hat der Kapitän wieder alles fest im Griff.

Udo Lindenberg: Stark wie Zwei 2007-2010. Fotografien von Tine Acke, 312 Seiten, ISBN 978-3-89602-990-4, 49.95 Euro, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2010

© sueddeutsche.de
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