Bildband:Ernste Sache

Wenn die Popstars zurückgucken: Porträts des niederländischen Fotografen Anton Corbijn in einem neuen Band.

Von Jens-Christian Rabe

Wenn man den neuen Bildband "1-2-3-4" (Prestel Verlag, München 2015. 352 Seiten, 69 Euro) des niederländischen Fotografen Anton Corbijn durchblättert, fällt eines sofort auf: Obwohl hier fast ausnahmslos einige der großen und allergrößten Stars der Popgeschichte der vergangenen vierzig Jahre zu sehen sind - die Rolling Stones, Metallica, Nirvana, U2, Tom Waits, Neil Young, The Police, Nick Cave, R.E.M., die Pet Shop Boys, Yello, Depeche Mode, Johnny Rotten oder Arcade Fire -, die doch allesamt ein paar gute Gründe für nicht allzu schlechte Laune haben könnten, wird im Grunde kein einziges Mal wirklich von Herzen gelächelt. Anton Corbijn ist damit eindeutig der Existenzialist unter den großen Popfotografen.

Der Straßenfotografie-Charakter, den seine in der Regel schwarz-weißen, nicht immer gestochen scharfen Porträts haben, wird durch die fast penetrant ausgestellte Ernsthaftigkeit der Porträtierten auf irritierende Art unterlaufen. Die Inszeniertheit der Bilder liegt dadurch selbst dann völlig offen da, wenn die Bands nicht - wie auf dieser Seite Depeche Mode (Foto 1) und die Pet Shop Boys (2) - spitze Hüte oder Astronautenanzüge tragen müssen. Es reicht auch, wenn sie wie U2 (Foto 3) einfach nur herumstehen und gucken. Der Umkehreffekt ist verblüffend.

Wenn man nur lange genug hinsieht, wird man den Eindruck nicht los, dass hier der Beobachtete zum Beobachter des Beobachters wird. Es dürfte kein Zufall sein, dass der 59-jährige Corbijn nie einfach nur ein Popfotograf sein wollte und inzwischen ausschließlich Filmemacher ist.

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