Bildbände: Rembrandt:Hand aufs Herz

Ausstellen kann man ihn, aber wie gut lässt sich Malerei reproduzieren? Drei Bände zeigen Rembrandts Werke im Klein- und Großformat.

Von KIa Vahland

Rembrandts 350. Todesjahr neigt sich dem Ende zu, und nach all den Ausstellungen und Würdigungen erscheint er aktueller denn je. Wie er sich ins Leben warf, es inszenierte, nicht um abzulenken, sondern um den Seelenlagen, den Wünschen und Nöten der Menschen in der Verfremdung und Verkleidung besonders nah zu kommen - das wirkt aus heutiger Sicht geradezu zwingend, wie ein Gegengift zu einer Selbst- und Fremdinszenierung, die lieber das angeblich fehlerfreie Ich behauptet.

Das ist besonders deshalb bemerkenswert, weil Rembrandt ja am Beginn einer Entwicklung hin zu einem immer globaler werdenden Handel wirkte, in einer Zeit also, als der bürgerlichen Repräsentation auch schon eine Schlüsselstellung im Spiel um Macht und Einfluss zukam. Rembrandt aber überhöhte seine Protagonisten nicht, er zeigte das merkwürdig Ehrpusselige der Amsterdamer Kaufleute genauso wie ihre Trinklust und ihre Knollennasen (und seine eigene sowieso).

Rembrandt Gemälde

Rembrandts Porträt eines Paares als Isaak und Rebekka ("Die Judenbraut") entstand um 1665 (Ausschnitt).

(Foto: Rijksmuseum Amsterdam/Gemäldeband Taschenverlag)

Nie geht es ihm um Beschönigung und Verfestigung eines Status quo, immer aber um gesellschaftliche und ästhetische Dynamiken. Die Männer seiner berühmten "Nachtwache" stehen nicht stramm, sie agieren als bunter Haufen, der eine putzt sein Gewehr, der andere trommelt drauflos, sogar Kinder turnen zwischen den Kämpfern herum. Bei Rembrandt sind es gerade die Vielfalt und das leicht Anarchische einer auf keinen König fixierten Gemeinschaft, was ihre Kraft ausmacht. Der Stolz des aufstrebenden Bürgertums ist sein Zusammenhalt. Auch das ist erstaunlich aus heutiger Perspektive: Gemeinsinn, ökonomischer Erfolg und künstlerische Brillanz haben einander im Amsterdam des 17. Jahrhunderts offenbar nicht ausgeschlossen, sondern beflügelt.

Rembrandt auszustellen, ist eine Sache, ihn zu reproduzieren eine andere. Insbesondere die Malerei lässt sich kaum zwischen Buchdeckeln bändigen, zu opak, zu uneben ist der Farbauftrag gerade des Spätwerks, das nicht überwältigen will, sondern die Betrachter durch aufeinandergehäufte Fleisch- und Erdtöne anrühren möchte. Das nahezu Haptische und dadurch Emotionale dieser Malerei lässt sich in Gänze nur vor dem Original erfahren.

Der Taschen-Verlag hat in einer großen Werkausgabe nun trotzdem eine bilderreiche Publikation gewagt - und gelungen ist ein Überblick über Rembrandts Kunst, der in erstaunlich guter Druckqualität einmal quer durch sein Lebenswerk führt. Dabei vermitteln sich im Abdruck sogar pastose Spätwerke wie "Isaak und Rebekka", das Bild einer heimlichen Liebe, die sich durch kleine, zärtliche Gesten verrät.

Rembrandt Selbstportraits

Rembrandt in seinem gezeichneten Selbstporträt um 1629.

(Foto: Zeichnungsband Taschen-Verlag)

Die Katalogeinträge und der Lauftext im Gemäldeband bieten einen faktenreichen Einstieg in Rembrandts Malerei (wenn man sich auch, dem Anspruch eines Werkverzeichnisses folgend, manchmal noch mehr Ausführungen zum Forschungsstand und zu den verschiedenen Deutungen wünschen würde). Wunderbar ist der dicke Band zu den Papierarbeiten, in dem sich durch all seine Bildideen blättern lässt, Rembrandt war ein begnadeter Zeichner und Radierer. Das Buch zeigt einzelne Stücke in ihrer (oft winzigen) Originalgröße wie im Zoom, was das Studium erleichtert. Manch ein Blatt findet sich im handlicheren Selbstporträtband wieder, darunter die Zeichnung des Jünglings, der seine Lockenpracht nach dem Aufstehen nicht gebändigt bekommt. Etwas skeptisch schaut er in die Welt. Diesen Blick Rembrandts brauchen wir noch heute.

Volker Manuth, Marieke de Winkel, Rudie van Leeuwen (Hg.): Rembrandt. Sämtliche Gemälde. Taschen-Verlag, Köln 2019. 743 Seiten, 150 Euro. Volker Manuth, Marieke de Winkel (Hg.): Rembrandt. Die Selbstporträts. Taschen-Verlag, Köln 2019. 176 Seiten, 50 Euro. Peter Schatborn, Erik Hinterding (Hg.): Rembrandt. Sämtliche Zeichnungen und Radierungen. Taschen-Verlag, Köln 2019. 756 Seiten, 150 Euro.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: