Wer den nächsten James Bond spielt, ist immer wieder eine wichtige Frage. Fast genauso bedeutend: Wer singt den nächsten 007-Song? Für den Jubiläums-Streifen "Skyfall" scheint die Auswahl nun auf Sängerin Adele gefallen zu sein. Die Fußstapfen, die sie auszufüllen hat, sind mächtig. Irgendwo muss die Spannung ja herkommen bei einer Filmreihe, in der die Welt im Allgemeinen und der Protagonist im Besonderen genrezwingend dem Tod geweiht sind und dennoch klar ist, dass beide die laute Sause überleben werden. Vielleicht beginnt deswegen das Mitfiebern mit James Bond schon lange vor dem Filmstart, an drehbuchfernen Nebenschauplätzen. Die wichtigsten Fragen dabei: Wer spielt 007? Und wer besingt ihn? Die Frage nach dem Darsteller stellt sich alle paar Jahre und scheint mit Daniel Craig erst mal vernünftig beantwortet zu sein. Die Frage nach dem Titelsong aber ist auch diesmal heikel. Denn wer die Ehre hatte, für einen Bond-Film zu arbeiten, wird auf ewig damit assoziiert, wenn nicht darauf reduziert (Bond-Bösewichte können ein Lied davon singen). Die Fragen also: Bond-Bombast oder moderne Elektrosuppe? Und wer darf überhaupt? Susan Boyle vielleicht? Noel Gallagher? Tatsächlich scheint die Wahl auf Adele gefallen zu sein. Die BBC berichtet, die britische Sängerin habe in den Abbey Road Studios den Titelsong zum 23. Bond-Film aufgenommen. Überraschend wäre dies nicht, hat die 24-Jährige doch mit ihrer CD "21" Verkaufsrekorde gebrochen und Kritiker verzückt. Bleibt zu hoffen, dass von "Skyfall", der im November startet, am Ende mehr in Erinnerung bleibt als eine exzellente Stimme, die zum Vorspann trällert und die Zuschauer schüttelt und rührt. Musikalisch im Gedächtnis geblieben ist in 50 James-Bond-Jahren jedenfalls einiges. Martin Wittmann
Berühmte James-Bond-Lieder
Paul McCartney & The Wings
Der Film: "Leben und sterben lassen", 1973 Der Hintergrund: Bond - und Beatles. Die zwei wichtigsten popkulturellen Exporte Großbritanniens. Das musste doch irgendwie mal zusammengehen! Natürlich haben die Bond-Produzenten versucht, John, Paul, George und Ringo zu einem Titelsong zu überreden. Es klappte nur zu einem Viertel: Erst als Paul McCartney kein Beatle mehr war, schrieb er den Titelsong für "Leben und sterben lassen", den ersten Bond-Film mit Roger Moore. Eine merkwürdig schräge, aber tolle Voodoo-Geschichte voller Tarotkarten und schwarzer Magie. Beste Szene: Bond rettet sich aus einem Krokodilgehege, indem er auf den Krokodilsrücken rausspaziert. Fast hätte McCartney neben all seinen sonstigen Erfolgen sogar noch einen Oscar bekommen - "Live & Let Die" war der erste Bond-Titelsong, der überhaupt für einen nominiert war. Wie der Song entstand? Ach, alles kein Problem. Sir Paul erklärte später, man habe ihn angerufen, er habe das Buch kurz durchgelesen und noch am selben Nachmittag das Lied fertig gehabt. Was Genies eben so sagen. Die Wirkung: "Live & Let Die" ist bis heute der einzige Solo-Song, der bei McCartneys Konzerten von seinen Fans ähnlich laut bejubelt wird wie die Beatles-Klassiker. Er wurde allerdings nach dem 11. September 2001 in den USA eine Zeit lang deutlich weniger im Radio gespielt - wegen seines Titels. Max Fellmann
Berühmte James-Bond-Lieder
Shirley Bassey
Der Film: "Goldfinger", 1964 Der Hintergrund: Dieser Aston Martin, dieser scharfgeschnittene graue Anzug, diese Mischung aus Unschuld und Zynismus in Sean Connerys Gesicht - James Bond sah nie wieder so mühelos elegant, so zeitlos cool aus wie in seinem dritten Film. Dazu dann bitte eine Frauenstimme, die sich restlos verausgaben darf. Shirley Bassey kommt aus den Hafenslums von Wales und bellt, hasst, trauert, klagt an. John Barrys Bond-Orchester begleitet sie, bewahrt aber volle britische Contenance. Die heißkalte Mischung wird ein Welterfolg, die gültige Formel für den Bond-Song ist gefunden - und Bassey erreicht ihre einzige Chartplatzierung in den USA.Ursprüngliche sollte Anthony Newley den Song singen, einer der fünf Ehemänner von Joan Collins. Die Wirkung: Shirley Bassey bellt, hasst, trauert und röhrt bis heute, aber von "Goldfinger" kam sie nicht mehr los. Sie reichte Bond ihren goldenen Finger, und der nahm die ganze Hand. Nun ja, es gibt schlimmere Schicksale. Tobias Kniebe
Berühmte James-Bond-Lieder
jack White und Alicia Keys
Der Film: "Ein Quantum Trost", 2008 Der Hintergrund: Eigentlich sollte Amy Winehouse den Song zum Film schreiben, aber sie wurde nicht fertig. Bond-Fan Jack White und die Soul-Sängerin Alicia Keys ließen sich nicht zweimal bitten und lieferten pünktlich "Another Way To Die". Die Wirkung: Der kommerzielle Erfolg des Songs hielt sich in Grenzen. In den US-Billboard-Single-Charts schaffte er es nur auf Platz 81. In England und Deutschland reichte es immerhin für die Top-Ten. Ein echter Nummer-eins-Hit war es nur in Finnland. Im Film ist die Wirkung dafür umso größer! Eine Verfolgungsjagd ganz am Anfang, während der jeder normale Mensch etwa sieben- bis achtmal gestorben wäre, die majestätische Einfahrt Bonds nach Siena im ruinierten Sportwagen, schließlich Daniel Craig ganz locker und unversehrt den Kofferraum öffnend, in dem japsend eine Geisel liegt - "It's time to get out." - und dann: dieses unfassbare, tonnenschwere schleppend-knarzige Gitarren-Riff: Dada-da-daa - dada-da-daaa! Wow! Jens-Christian Rabe
Berühmte James-Bond-Lieder
Tina Turner
Der Film: "Goldeneye", 1995 Der Hintergrund: Keinem anderen Bond-Film war die Aufmerksamkeit im Vorfeld so sicher wie diesem. Pierce Brosnan gab nach endlosen Spekulationen endlich sein Debüt als 007 und trat als Nachfolger von Hobby-Angler Timothy Dalton in kleinste Fußstapfen. Zudem hatte es wegen des Dauerhickhacks zwischen Produzenten und Studios seit sechs Jahren keinen Bond-Film mehr gegeben. Die Fans gingen also dermaßen auf dem Zahnfleisch, dass sie auch Sascha Hehn als 007 akzeptiert hätten. Für den Titelsong galt: 1. An große Shirley-Bassey-Zeiten anknüpfen. 2. Nichts dem Zufall überlassen. Die Wahl fiel daher auf Grande Dame Tina Turner, die schon "Mad Max" zum Titelhit verholfen hatte, und Allzweckwaffe Bono (Komposition). Die Wirkung: Turner fand vermutlich, dass sie es verdient hatte, und war an einem Punkt, an dem sie nichts mehr beweisen musste. Trotzdem wurde "Goldeneye" einer der beliebtesten Bond-Songs. Dass Nicole Scherzinger das Lied für ein Videospiel coverte: geschenkt. Marten Rolff
Berühmte James-Bond-Lieder
Chris Cornell
Der Film: "Casino Royale", 2006 Der Hintergrund: Pierce Brosnan war ein Old-Spice-Bond gewesen, Daniel Craig brachte den nötigen Relaunch: Ein Agent, der mit seiner Rechten Gesichtsknochen zertrümmert und einen Flursprint später Frauenschultern streichelt. Einer, der im Anzug etwas hermacht genau wie in der deutlich zu engen Badehose. Für die Begleitmusik suchten die Produzenten eine "starke männliche Stimme" und meinten damit nicht Tina Turner, die gerüchteweise wieder auf der Shortlist für den Titelsong gestanden hatte. Es wurde Chris Cornell mit dem Lied "You know my name". Die Wirkung: Eine epische und doch harte Komposition, dazu Chris Cornell, der dem Klang nach den Martini gern mal aus der Flasche trinkt und auch die nötigen Einschusslöcher in seinen Stimmbändern vorweisen kann. Kritiken super, Grammy-Nominierung, und wenn man heute bei Google "Chris Cor" eingibt, wird einem zur Vervollständigung nicht "nell Prostituierte" vorgeschlagen, wohl aber "nell you know my name". Cornelius Pollmer
Berühmte James-Bond-Lieder
Sheena Easton
Der Film: "In tödlicher Mission", 1981 Der Hintergrund: Der erste Bond ist immer der beste. Zentral-Theater in der Wilhelmstraße, der Mann an der Kasse lässt einen rein, obwohl man erst elf ist. Nach vergilbter Diawerbung für das Eiscafé Venezia und die Pizzeria Topo Gigio erklingt - in diesem Fall erstmals - das James-Bond-Thema von Monty Norman. Eine Melodie, an der man sich bis heute nicht satt gehört hat. Danach singt die Schottin Sheena Easton ein betörendes, sirenenhaftes Lied: "For your eyes only". Das Leben, jetzt hatte es mehr zu bieten als Rennräder und Digitaluhren. Keine Frage: Von dieser wunderbaren Frau wird man noch in Jahrzehnten hören. Ein weiblicher Caruso, ein Farinelli der Popmusik. Die Wirkung: Eine Oscar-Nominierung, immerhin. Später singt Frau Easton zusammen mit Prince, übernimmt eine Gastrolle in "Miami Vice", lässt sich viermal scheiden - ist aber im Zentral-Theater nie mehr zu hören. Als Verkäuferin von Sammlerpuppen soll sie heute recht erfolgreich sein. Martin Zips