Berlins Bewerbungen bei der Unesco:Mit der einstigen Teilung punkten

Die Teilung Berlins ist Geschichte, doch nun begründet die deutsche Hauptstadt ihre jüngste Bewerbung für das Unesco-Weltkulturerbe mit dem Erbe der Konfrontation zwischen Ost und West. Die monumentale einstige Stalinallee im Osten und das als gesellschaftspolitischer Gegenentwurf fast gleichzeitig entstandene Hansaviertel im Westen sollen gemeinsam geschützt werden.

Berlin will neben dem Jüdischen Friedhof in Weißensee auch das Hansaviertel gemeinsam mit der Karl-Marx-Allee als Unesco-Welterbe vorschlagen. Der Senat beschloss am Dienstag in letzter Minute, zwei Bewerbungen bei der Kultusministerkonferenz einzureichen.

Karl-Marx-Allee soll Unesco-Weltkulturerbe werden

Die Karl-Marx-Allee im Berliner Bezirk Mitte ist ein typisches Beispiel für die Architektur des real existierenden Sozialismus in den 1950er Jahren.

(Foto: dpa)

Das grüne Hansaviertel im Westen und die monumentale einstige Stalinallee im Osten sollen als Beispiel für den Städtebau im geteilten Berlin geschützt werden, wie es eine Bürgerinitiative gefordert hatte. "Ich freue mich, dass Berlin sich dazu bekennt, zwei herausragende Nominierungen für die nationale Unesco-Weltkulturerbeliste vorzuschlagen", erklärte Stadtentwicklungssenator Michael Müller.

Für die Initiative sagte der frühere Kultursenator Thomas Flierl (Linke): "Es ist wunderbar, dass eine Architektur, die in Konfrontation von Ost und West entstanden ist, jetzt gemeinsam vertreten wird. Das ist ein Zeichen für die gelungene Verständigung der Stadtgesellschaft."

Schon am 3. Juli hatte der Senat beschlossen, den Jüdischen Friedhof Weißensee für die deutsche Vorschlagsliste zu empfehlen. Jedes Bundesland kann bis zum Mittwoch zwei Denkmäler bei der Kultusministerkonferenz anmelden.

2014 entsteht daraus eine deutschlandweite Liste, die dann schrittweise bis 2026 bei der Weltkulturorganisation beantragt wird. Mit dem Jüdischen Friedhof steht Berlin in Konkurrenz zu anderen Bundesländern: Auch Hamburg, Rheinland-Pfalz und Thüringen nominieren Denkmäler aus ihrem jüdischen Erbe.

"Gigantische Freude"

Der zweite Berliner Vorschlag soll jetzt an die Geschichte der geteilten Stadt erinnern. Die vom Architekten Hermann Henselmann geprägte Stalinallee (heute Karl-Marx-Allee) in Ostberlin gilt als Paradebeispiel für monumentale sozialistische Architektur der Nachkriegsjahre.

Als Gegenentwurf war das Hansaviertel in Westberlin zur internationalen Bauausstellung Interbau 1957 am Tiergarten errichtet worden. Berühmte Architekten wie Oscar Niemeyer, Alvar Aalto oder Walter Gropius waren beteiligt.

Der Vorsitzende des Bürgervereins Hansaviertel, Thilo Geisler, reagierte erfreut auf den Beschluss: "Das ist eine gigantische Freude, mir läuft vor Begeisterung eine Gänsehaut über den Rücken." Das gemeinsame Vorgehen von drei Bürgerinitiativen habe sich gelohnt. Jetzt komme es darauf an, für das weitere Verfahren breite Unterstützung zu organisieren.

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