Süddeutsche Zeitung

Berlinale 2011:Goldener Bär für iranischen Film

Der Goldene Bär der Internationalen Filmfestspiele Berlin ist zum ersten Mal an einen Film aus Iran verliehen worden. Auch die deutschen Filme gingen nicht leer aus.

Erstmals in der Geschichte der Berlinale geht der Goldene Bär in den Iran. Das Familiendrama "Nader und Simin, Eine Trennung" von Asghar Farhadi erhielt am Samstagabend neben dem Hauptpreis der 61. Filmfestspiele drei weitere Auszeichnungen: Mit Silbernen Bären für die beste Darstellerleistung wurde sowohl das Schauspielerinnen-Ensemble als auch das Team der männlichen Darsteller geehrt.

Auch der Preis der Ökumenischen Jury ging an den iranischen Film. "Nader und Simin, Eine Trennung" war der Favorit des Berlinale-Publikums. Zwei Auszeichnungen holten deutsche Regisseure: den Silbernen Bären für die beste Regie nahm Ulrich Köhler für seinen Entwicklungshelfer-Film "Schlafkrankheit" entgegen.

"Für mich war es immer unvorstellbar, dass wir diesen Film fertigstellen würden" so der Regisseur über die schwierigen Dreharbeiten. Den Alfred-Bauer- Preis erhielt Andres Veiel für sein RAF-Drama "Wer wenn nicht wir". Veiel sagte gerührt: "Es ist ein berührender, großartiger Augenblick." Mit dem Großen Preis der Jury wurde der Ungar Béla Tarr für sein in schwarz-weiß gedrehtes Epos "The Turin Horse" geehrt.

Nachdem Farhadis regimekritischer Landsmann Jafar Panahi wegen einer Gefängnisstrafe seinen Platz in der Berlinale-Jury nicht einnehmen konnte, zog der iranische Wettbewerbsbeitrag von Anfang an große Aufmerksamkeit auf sich. Auch vor dem Hintergrund der neuerlichen Proteste gegen das Regime in Teheran kommt dem Preis für einen iranischen Filmemacher besondere Signalwirkung zu. "Wir haben ziemlich einstimmig ausgewählt", sagte Jurypräsidentin Isabella Rossellini.

"Ich möchte erinnern an Jafar Panahi, von dem ich wirklich denke, dass sein Problem gelöst wird und ich wünsche mir, dass er im nächsten Jahr hier steht", sagte Farhadi in seiner Dankesrede. "Es ist wirklich eine sehr gute Gelegenheit, um an die Menschen in meinem Land zu denken. Das Land, in dem ich groß geworden bin, in dem ich meine Geschichten gelernt habe. Es ist ein großes Volk, ein sehr geduldiges Volk", so der 38-jährige Regisseur.

Der iranische Schauspieler Babak Karimi meinte: "Der berühmte italienische Künstler Giorgio Strehler hat einmal gesagt: In der schlimmsten Lage, ist es die Aufgabe eines Künstlers, seine Arbeit so gut wie möglich zu machen. Und das ist das, was wir unter Leitung von Farhadi und mit unserem Team gemacht haben." Mit dem Preis für den Iran setzte die Jury ein deutliches politisches Zeichen. Filmemacher im Iran haben es derzeit im Kampf mit der Zensur schwer wie nie zuvor.

Die Jury-Entscheidung in Berlin fiel auf den selben Tag, an dem die zwei seit Monaten im Iran inhaftierten deutschen Reporter frei kamen. Farhadi erzählt in "Nader und Simin, Eine Trennung" von einem Mittelstands-Ehepaar. Als Simin die Scheidung einreicht, stellt ihr Mann Nader eine aus einer armen, religiösen Familie stammende Pflegehelferin für den an Alzheimer erkrankten Großvater ein. Als Nader erfährt, dass sein Vater von der Helferin vernachlässigt wird, kommt es zum Eklat. Schließlich steht Nader unter Mordverdacht vor Gericht.

Farhadi hatte 2009 bereits für "Alles über Elly" einen Silbernen Bären für die beste Regie erhalten. Den Preis für das beste Drehbuch erhielten US-Regisseur Joshua Marston und der gebürtige Albaner Andamion Murataj für "The Forgiveness Of Blood". Der Film handelt von albanischen Jugendlichen, die unter dem bis heute gültigen Gesetz der Blutrache leiden.

Einen Silbernen Bären für eine herausragende künstlerische Leistung gab es zu gleichen Teilen für Kamera (Wojciech Staron) und Produktionsdesign (Bárbara Enríquez) von "El Premio" (Der Preis). Die Regisseurin Paula Markovitch erzählt darin die autobiografisch inspirierte Geschichte einer Kindheit zu Beginn der Militärdiktatur in Argentinien. 16 Filme aus aller Welt waren im Rennen um die Berlinale-Trophäen. Der siebenköpfigen Berlinale-Jury gehörten auch die deutsche Schauspielerin Nina Hoss, Bollywood-Star Aamir Khan und der kanadische Regisseur Guy Maddin an.

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