Gedenken an jüdische Sammler:Die fast vergessenen Mäzene

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Eduard Arnhold (1849-1925) und Johanna Arnhold (1859-1929) (Foto: Archiv Arnhold-Nachfahren)

Eine Initiative fordert einen Gedenkort für das jüdische Sammler-Paar Eduard und Johanna Arnhold am Berliner Kulturforum.

Von Lothar Müller

Im Berliner Liebermann-Haus, in den Räumen der Stiftung Brandenburger Tor, hat sich kürzlich eine Initiative vorgestellt, die dem Sammlerehepaar Eduard und Johanna Arnhold einen Gedenkort widmen will. Eduard Arnhold (1849 - 1925) und Johanna Arnhold (1859 - 1929) gehörten wie James Simon zu den bedeutenden Mäzenen im Berlin der Jahrhundertwende. Arnhold, der sein Vermögen auf den Handel mit Kohle aus den schlesischen Bergbaugebieten gegründet hatte, war Großindustrieller im Kaiserreich und wurde 1913 als einziger Jude ins Preußische Herrenhaus berufen. Wie James Simon lebten sie im "Alten Westen", in einer Villa im heute verschwundenen Tiergartenviertel, an das die St.-Matthäus-Kirche neben der Neuen Nationalgalerie noch erinnert. Ihre Sammlung der deutschen und französischen Moderne gehörte zu den bedeutendsten der Epoche, sie schloss einen großen Liebermann-Bestand ein.

Anders als ihr Nachbar, an den die von David Chipperfield erbaute James-Simon-Galerie als Eingangsbereich zur Museumsinsel erinnert, sind die Arnholds im öffentlichen Stadtraum nicht präsent. Das will die Initiative mit einem Doppelprojekt ändern. Sie will das zuständige Bezirksamt dafür gewinnen, der in den Achtzigerjahren von dem "Zero"-Künstler Heinz Mack gestalteten "Piazzetta" am Kulturforum zwischen Gemäldegalerie, Kunstbibliothek und Kunstgewerbemuseum den Namen "Johanna und Eduard Arnhold-Platz" zu geben. Und sie hat einen Künstlerwettbewerb zur Gestaltung des Platzes als Gedenkort ausgeschrieben.

Die Galerie im Haus von Johanna und Eduard Arnhold. (Foto: Archiv Arnhold-Nachfahren)

Die Wahl dieses Ortes ist naheliegend. Die Regentenstraße, in der die Arnholds wohnten, existiert nicht mehr, das Grundstück, auf dem ihre Villa stand, gehört zu dem Terrain, auf dem in den Neunzigerjahren die Gemäldegalerie errichtet wurde. Der Münchner Architekt Thomas Albrecht, der daran beteiligt war, demonstrierte, wie sich die Umrisse der Villa in der gegenwärtigen Raumstruktur der Gemäldegalerie sichtbar machen lassen. Peter-Klaus Schuster, Vorstand der Stiftung Brandenburger Tor, fügte die Initiative in die Doppelbewegung ein, die das aktuelle Geschehen am Kulturforum bestimmt. Zum einen entsteht, als Baustelle unübersehbar, das Museum des 20. Jahrhunderts als neuer Anrainer der Piazzetta, zum anderen hat das Projekt "Rekonstruktion des alten Tiergartenviertels 1846 - 1950" in der Matthäus-Kirche eine - durch Corona unterbrochene - Veranstaltungsreihe gestartet, die in Lesungen und Zitatcollagen, alten Stadtplänen und Fotografien den Stadtraum wieder sichtbar machen will, zu dem die Villa der Arnholds gehörte.

Das Haus der Arnholds wurde für die Nord-Süd-Achse von Hitlers "Germania" abgerissen

Das Gelände hat eine lange Abrissgeschichte, ihr größter Kulminationspunkt war das "Germania"-Projekt des NS-Staates, für das Hitler und sein Architekt Albert Speer die Nord-Süd-Achse durch das Tiergartenviertel schlagen wollten. Die Matthäus-Kirche entging dem Abriss knapp, die Villa der Arnholds nicht. Der Arnhold-Initiative gehört neben der Publizistin Lea Rosh und dem langjährigen Tagesspiegel-Redakteur Peter von Becker auch Christoph Stölzl an, der Gründungsdirektor des geplanten Exilmuseums am Anhalter Bahnhof.

Sie wird von Daniel Barenboim unterstützt und von Hetty Berg, der neuen Direktoren des Jüdischen Museums, von Barbara Stollberg-Rilinger, der Direktorin des Wissenschaftskollegs, und der Schauspielerin Angela Winkler, von Volker Schlöndorff und Ulrich Matthes und vielen anderen. Dass auch Julia Draganović, die neue Leiterin der Villa Massimo in Rom, und ihr Vorgänger Joachim Blüher dabei sind, ist kein Zufall. Die Villa Massimo, in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg gegründet, zählt zu den prominenten Arnhold-Stiftungen. Schriftsteller wie Navid Kermani, Friedrich Christian Delius oder Durs Grünbein waren dort Stipendiaten und unterstützen nun die Initiative.

Aus dem Kreis ehemaliger Villa-Massimo-Stipendiaten hat die Initiative die Teilnehmer am Wettbewerb zur Gestaltung des Gedenkortes ausgewählt: Tatjana Doll, Karin Sander, Lars Krückeberg und Julian Rosefeldt. Ein Entwurf, der von Lars Krückeberg, sieht vor, ein Fragment des Gartens der Villa Massimo auf dem "Johanna und Eduard Arnhold-Platz" nachzubilden und mit einem Meridian zu versehen, der im Ablauf des Jahres die Lebensdaten der Namensgeber mit der Erinnerung an das Tiergartenviertel verknüpft.

Der Architekt Lars Krückeberg will ein Fragment des Gartens der Villa Massimo in den vorgeschlagenen Gedenkort am Kulturforum verpflanzen. (Foto: Lars Krückeberg/Graft Architekten)

Die Gründer der Initiative teilten mit, der Berliner Kultursenator Klaus Lederer, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und auch die Staatsministerin für Kultur, Monika Grütters, stünden dem Gedenkort-Projekt positiv gegenüber. Der Verein, der es trägt, rechnet mit Kosten von bis zu fünf Millionen Euro, für deren Finanzierung er auf öffentliche Mittel hofft. Zum 100. Todestag Eduard Arnholds am 10. August 2025 soll der Gedenkort eröffnet werden.

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