Berlin Art Week:Mit Sicherheit Kunst

Künstler I Artist: James Rosenquist

Titel I Title:

Study for "The Swimmer in the Economist", 1996/97


The World on Paper - Sammlung Deutsche Bank

Farbexplosion: James Rosenquists „Study for the ,The Swimmer in the Economist’“ aus dem Jahr 1996 / 97 ist in der Eröffnungsschau des Palais Populaire zu sehen.

(Foto: James Rosenquist)

Mit zwei Messen, zahlreichen Ausstellungen und der Einbindung der freien Szene wollen die Berliner Kulturschaffenden vieles unter einen Hut bringen - das ist nicht leicht.

Von Moritz Schnorpfeil

Ein Wort macht die Runde in der Berliner Kunstszene, das nicht grade nach künstlerischem Freigeist klingt: Planungssicherheit. Denn lange hing der diesjährige Termin der Berlin Art Week am seidenen Faden, nun aber findet sie vom 26. bis 30. September zum siebten Mal statt, mit einem ehrgeizigen Programm.

Zwei große Kunstmessen, Art Berlin und Positions Berlin, präsentieren Werke aus aller Welt, zahlreiche Ausstellungen werden eröffnet und Preise verliehen - es wird eine anstrengende Woche für Kunstliebhaber. Auch wird wohl die Neugier auf ein neues Haus groß sein: Die Deutsche Bank präsentiert erstmals ihren Palais Populaire als Forum für Kunst, Kultur und Sport im frisch renovierten Prinzessinnenpalais Unter den Linden. Berlin möchte die Lebendigkeit seiner Kunstszene beweisen - und die Planungsschwierigkeiten im Vorfeld der Art Week vergessen machen.

Die Kunstwoche soll vor allem eines sein: berlinerisch

Bereits seit sieben Jahren gibt es die Kunstwoche. Nach dem Scheitern der Vorgängerin Art Forum - nachdem sich die Messe Berlin 2010 zurückgezogen hatte - suchten Politik und Kunstszene nach einem alternativen Format. Die Stadt wollte ihr künstlerisches Ansehen und den wertvollen Termin zum Auftakt des internationalen Kunstherbsts nicht verlieren. Für den Neustart der Woche brauchte es jedoch frische Ideen: Berlinerischer sollte die Art Week werden, nicht nur Verkaufsausstellung sein, sondern auch die Kunst der Stadt präsentieren.

"Berlin hat zum Beispiel eine sehr aktive freie Szene, also Künstler und Kuratoren, die nicht an Institutionen gebunden sind", sagt Simone Leimbach, die als Projektleiterin bei der Kulturprojekte Berlin GmbH die Art Week organisiert. Mit den Jahren wurde deshalb ein Programm konzipiert, das mehr bietet als eine Kunstmesse. So gibt es zur Art Week Führungen durch Künstlerstudios und Einblicke in sonst unzugängliche Privatsammlungen. In Diskussionsformaten sollen explizit jene Themen besprochen werden, die Berlins Kunstszene umtreiben, etwa der Platzmangel und die immer knapper werdenden Räume in der wachsenden Metropole.

Berlinerisch ist allerdings häufig auch die Organisation der Kunstwoche. "Die Finanzierung war bislang immer ein Kraftakt", sagt Kristian Jarmuschek. Er leitet die Positions Berlin, neben der Art Berlin eine der zwei großen Messen zur Art Week. Zwar sind die beiden Messen organisatorisch unabhängig, aber das Land Berlin betreibt die Dachmarke Berlin Art Week und ist zentral für Organisation und Koordinierung zuständig. Deshalb die Klage Jarmuscheks: Häufig habe erst Mitte des Jahres die Förderung durch Kulturverwaltung und Wirtschaftssenat festgestanden - für ein Event dieser Größenordnung höchst ungewöhnlich. "Bei der Berlinale geht auch jeder davon aus, dass sie nächstes Jahr wieder stattfindet; ich finde, wir sollten politisch die gleiche Rolle haben."

Dieses Jahr war vor allem die Koordinierung ein Kraftakt. Weil eine der beiden Messen, die Art Berlin, nicht rechtzeitig einen Ausstellungsort finden konnte, musste die gesamte Art Week um zwei Wochen nach hinten verschoben werden. Die Positions musste der bereits gebuchten Arena Berlin absagen, sie findet jetzt wie die Art Berlin in den Hangars des stillgelegten Flughafens Tempelhof statt. Die kleineren Kunstinstitutionen der Stadt mussten ihre Terminkalender ebenfalls umwerfen.

Das hat viele geärgert, auch weil die Kunstwoche nun zur gleichen Zeit wie die Vienna Contemporary und die Expo Chicago stattfindet. "Am Ende hat aber überwogen, dass wir die Art Week als Ganzes zusammenhalten wollten", sagt Leimbach. Und für die nächsten Jahre habe man daraus gelernt. Dank eines neuen Festivalfonds gebe es endlich finanziell mehr Planungssicherheit, man koordiniere bereits die Termine der kommenden Jahre.

Jetzt also Ende September: Die Schwierigkeiten sollen in den Hintergrund, die Kunst in den Vordergrund treten. Zeitgenössisches gibt es auf der Art Week, sowohl etablierte Künstler als auch Nachwuchstalente stellen aus. Vieles ist abstrakt, wie die Werke der deutschen Künstlerin Antje Zeiher. Ihre Leinwandarbeiten mit Acryl zerstückeln Umwelt und Alltag, fordern vom Betrachter, die verschiedenen Bestandteile zu assoziieren. Manches ist sichtbar politisch, wie die Arbeiten des Spaniers Mit Borrás. Er setzt sich mit dem menschlichen Streben nach Anpassung und Optimierung der Natur auseinander.

Einen Schwerpunkt bildet die Fotografie, der European Month of Photography 2018 findet erstmals zur gleichen Zeit wie die Art Week statt. Zu sehen ist etwa die Schwarz-Weiß-Ausstellung des amerikanischen Fotografen Nicholas Nixon. Der andere Schwerpunkt: Urban Interventions, also Arbeiten im Stadtraum. So präsentiert etwa die neue Gesellschaft für bildende Kunst ihre "Posters Made Political" an der U-Bahn Station Alexanderplatz.

Ohnehin möchte die Art Week rausgehen, vielfältig sein, Diskussionen anregen. In Zukunft soll die Kunst auch wieder häufiger an ungewöhnlichen Orten zu sehen sein, sagt Kristian Jarmuschek. In Zukunft soll es noch häufiger Diskussionsformate geben, sagt Simone Leimbach. Sie ist überzeugt, dass die Art Week zu einer Veranstaltung werden kann, die Relevantes zu aktuellen Diskursen beiträgt. Eines immer vorausgesetzt: Planungssicherheit.

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