Berghain-Fotografie:Lange keinen Spiegel zur Hand gehabt

Wer immer schon wissen wollte, wie man aussehen muss, um ins berüchtigte Berghain zu kommen: Hier die Bilder.

Von Ruth Schneeberger, Berlin

12 Bilder

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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In Berlin und unter mobilen Clubgängern sowie Elektrobegeisterten im Rest der Republik kursiert seit Bestehen des berüchtigten Berghain die Frage: Wie komme ich in diesen Club? Stundenlanges Anstehen, um anschließend womöglich durch einen einzigen geringschätzigen Blick des tätowierten Türstehers wieder nach Hause geschickt zu werden, ist nicht jedermanns Sache. Und doch probieren seit nunmehr zehn Jahren (der Club feierte gerade 10. Geburtstag) jedes Wochenende aufs neue ganze Heerscharen ihr Glück - und werden Woche für Woche wieder zur Hälfte weggeschickt.

Die anderen aber, diejenigen, die reinkommen - was machen die richtig? Den Türsteher kennen? Passende Kleidung tragen? Die richtige Attitüde an den Tag legen? Wer immer schon wissen wollte, wie man aussehen muss, um ins Berghain zu kommen - hier sind die Bilder dazu.

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Der Berliner Fotograf Philipp Pusch hat sich, weil in dem Club fotografieren strengstens verboten ist, taktisch geschickt davor positioniert. Und Berghain-Gänger abgefangen, die herauskamen. Allerdings mit Sicherheitsabstand zu den gefürchteten Türstehern. "Ich glaube, die haben das gar nicht mitbekommen, ich stand etwa 100 Meter vor dem Eingang", erzählt der Fotograf, der selbst gerne ins Berghain geht, denn: "Man trifft dort sowohl Ärzte als auch Punks, also jedwede soziale Schicht. Keiner bringt hier Allüren mit hinein."

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Nachdem lokale Medien die Bilder veröffentlichten, wurde dem Kommunikationsdesignstudenten vorgeworfen, er habe nur eine bestimmte Klientel abgelichtet, eine homogene Auswahl getroffen. Dabei gilt das Publikum gerade im Berghain als besonders bunt - und aus allen Altersklassen zusammengewürfelt. Diese Bilder sprechen eine andere Sprache.

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Philipp Pusch gibt zu bedenken: "Das ist natürlich immer auch eine Frage, wer so ein Shooting mitmacht". Alle Protagonisten mussten der Veröffentlichung zustimmen. Deshalb hat er vor allem Touristen vor die Linse bekommen. "Sie kamen aus ganz Europa. Manche waren hergeflogen, nur um im Berghain zu tanzen."

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Berliner dagegen ließen sich kaum fotografieren. "Ist vielleicht auch klar", sagt Pusch: "Sie gehen hier montags wieder ins Büro und haben Freunde, Familie, Angestellte oder Chefs, die solche Fotos suspekt fänden."

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Assoziationen mit Drogenpartys und das Klischee vom vernebelten Clubgänger will er mit seinen Bildern nicht bedienen - im Gegenteil. Er habe im Berghain schon oft genug komplett nüchterne Leute getroffen. Und da man seine Protagonisten nicht beim Feiern sieht, sondern direkt danach, kann der Betrachter sich den Rest der Geschichte selber zusammenreimen - anhand kleiner Details wie abgebrochenen Fingernägeln, verlaufener Schminke oder mühevoll gebändigtem Haar.

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Im Berghain gelten, im Gegensatz zu anderen Clubs, ein paar Besonderheiten. Da sind nicht nur die legendären Darkrooms, die dem Laden seine düstere Abenteuer-Ära verleihen, eine Musik, die schon so manchem die Schuhe auszog, der abgerockte kühle dunkle Industriecharakter der Location, den man durchaus als unwirtlich bezeichnen darf, und die verbreitete Attitüde: What is in Berghain stays in Berghain - wozu auch das Foto-Verbot gehört.

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Da wäre noch die Kleinigkeit, dass die Party hier von Samstag bis Montag geht - und zwar ohne Pause. Es gibt in Berlin Menschen weit über 40, die zu Zeiten, wenn gerade keine meilenweite Touri-Schlange ansteht, das Berghain betreten, sich zum Schlafen in eine Ecke legen - und sich sonntagmorgens, wenn der Laden richtig brummt, unter die Tanzenden mischen. Alles kein Problem. Und dann gibt es halt auch keine Spiegel auf den Toiletten. Nirgendwo. Weil hier das Motto herrschen soll: Es kommt nicht darauf an, wie du aussiehst. Sondern wie du abgehst. All das zusammen kann schon mal für Kopschmerzen sorgen nach ein paar durchtanzten Nächten - und Tagen. Auch deshalb heißt die Fotoreihe, für die sich Pusch an drei Sonntagen im Sommer vor dem Berghain positionierte: "Fertig". Im doppelten Sinne.

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Und wie also muss nun aussehen, wer das Spektakel persönlich von innen betrachten will? Möglichst nach Berliner Clubgänger der Neunzigerjahre, mit Achselshirt, lustiger Farbfrisur und Piercings an allen erdenklichen Körperteilen?

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Oder kann es helfen, sich zu stylen wie ein schräger Vogel aus dem Studio 54, weil die Siebziger wieder in sind? Der Fotograf hat die bunten Vögel übrigens absichtlich in schwarz-weiß abgelichtet, "um dieses matte Gefühl einzufangen, wenn man komplett überreizt ins Freie tritt."

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Hilft es, einfach möglichst hipster zu sein, egal welchen Alters? Es wurde sogar schon eine App entwickelt, um die Frage "How to get in Berghain" eindeutig zu klären - doch die war offenbar ein Flop.

Die Berliner Medienlandschaft hat außerdem Tipps zur Hand, wie man garantiert nicht ins Berghain kommt - und beschreibt ausführlich, wie diejenigen aussehen und sich fühlen, die an der Tür abgewiesen wurden.

Berghain-Gänger

Quelle: Philipp Pusch

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Muss man also ein typisches Szenegirl sein, mit Rucksack und Marusha-Zöpfchen? All diese Besucher haben es ja zumindest einmal geschafft, die mitunter strenge Tür zu passieren - sie waren drin. Angesichts aber all der viel schrägeren Typen, die sich hier im Inneren tummeln und vor allem der noch viel größeren Masse an ausgewiesenen Normalos lässt sich zumindest eine konkrete Regel aufstellen: Wer sich stylt wie fürs P1, wird hier mit absoluter Sicherheit abgewiesen. Genau das Gegenteil ist erwünscht.

© SZ.de/rus/pak/dd
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