Benefiz-Festival:Neuer Name, gleiche Botschaft

Benefiz-Festival: Aus Österreich, Litauen und Großbritannien kommen die Mitglieder der Londoner Band Petrol Girls, die für wütenden Post-Hardcore steht.

Aus Österreich, Litauen und Großbritannien kommen die Mitglieder der Londoner Band Petrol Girls, die für wütenden Post-Hardcore steht.

(Foto: Feierwerk)

Was früher "Rage Against Abschiebung" war, heißt jetzt "Rachel Against Abschiebung". Zahlreiche Musiker wollen damit im Feierwerk ein Zeichen gegen eine "menschenverachtende Abschiebepolitik" setzen

Von Jürgen Moises

Wer ist Rachel? Das dürfte sich schon so mancher gefragt haben. Und warum das Münchner Benefiz-Bandfestival "Rage Against Abschiebung", das an diesem Mittwoch im Feierwerk stattfindet, nun plötzlich "Rachel Against Abschiebung" heißt. Die Antwort: Rachel, das bin ich, bist du, ist jeder, der sich mit dem Festival, den Ideen und politischen Zielen dahinter identifizieren kann. Der nicht mit Achselzucken oder gar Zustimmung auf Abschiebungen reagiert, die längst zum Alltag in Deutschland gehören. Und der deshalb bereit ist, auf der Webseite www.rageagainstabschiebung.de sein Porträtfoto hochzuladen und mit Gesicht und Vorname Stellung zu beziehen. Die Botschaft lautet: "Mach's wie Rachel und werde aktiv."

Das heißt: Hinter "Rachel" steckt eine Kampagne und damit der Versuch des Bayerischen Flüchtlingsrats, über sein Festival hinaus das Engagement gegen eine "menschenverachtende Abschiebepolitik" neu zu beleben. Wieso? Weil dieses über die Jahre doch ein bisschen eingeschlafen ist, ähnlich wie auch die sogenannte "Willkommenskultur". Dabei sind Flucht und Migration weiterhin ein weltweites Phänomen, das seit dem ersten "Rage" im Jahr 1996 eher noch zugenommen hat. Und solange es Hunger, Not und Ausbeutung in der Welt gibt, wird es auch Alltag bleiben. Das werden auch verschärfte, staatliche Regulierungs- und Verhinderungsversuche nicht ändern.

Mit einem lokalen Benefiz-Festival dieses weltweite Problem lösen zu wollen, wäre natürlich ebenfalls utopisch. Und tatsächlich stand hinter der ersten Ausgabe von 1996 ein konkreteres Ziel: Man brauchte Geld, um in einem Abschiebungsfall zu intervenieren und dachte sich deshalb die Idee mit einer Benefizveranstaltung aus, die damals noch im Backstage stattfand. Drei Jahre später wurde das Festival wiederbelebt und hat sich seitdem zum größten antirassistischen Solidaritätsfestival in Süddeutschland entwickelt. Seit 2014 gibt es auch einen Nürnberg-Ableger. Und es gibt treue Unterstützer sowie jedes Jahr etwa 700 zahlende Gäste, die mit ihrem Eintritt rund 5000 Euro an die konkrete Flüchtlingsarbeit spenden.

Mit Holy Fingers gibt es in diesem Jahr zudem einen neuen Mit-Veranstalter, der gemeinsam mit dem Feierwerk bei der Organisation mithilft. Holy Fingers, das sind "sechs musikbegeisterte Münchner", die seit 2017 Konzerte veranstalten, wie zuletzt das der äthiopischen Jazz-Legende Hailu Mergia im Import Export. Zu "Rachel Against Abschiebung" haben sie als "Special Guest" die Petrol Girls eingeladen, eine feministische Post-Hardcore-Band aus London, die in der Tradition der Riot-Grrrl-Bewegung steht. Als Briten haben sie den weitesten Weg ins Feierwerk. Denn abgesehen von dem Wiener Noiserock-Trio Mekongg kommen alle anderen Bands aus der Region.

Konkret sind das: die Singer-Songwriterin Seda, das Post-Punk-Trio Triebe und die Garagenrock-Band The Royal Flares aus München. Die Indiepop-Band Tested On Animals aus Erding um Limo Lechner und Kurt Feller, die in den Achtzigerjahren bei der Bayern-Rock-Band Sigurd Kämpft waren. Das Münchner Trio Ta Mourmourakia, das Rembetiko spielt, den griechischen Blues. Sowie Malupa, eine Band, die aus drei Geflüchteten besteht und im Kulturzentrum Bellevue di Monaco zusammenfand. Und die mit ihrer Musik zeigt, wie eine Kultur der Offenheit das Leben in München bereichert.

Rachel Against Abschiebung, Mittwoch, 2. Oktober, 18 Uhr, Feierwerk, Hansastraße 39

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