Belletristik:Tanzen zur Kreissäge

Heimatliteratur von seltener literarischer Größe: Frank Schulz findet für seinen provinziellen Stoff einen unprovinziellen Stil.

Von Burkhard Müller

Der jüngste Onno-Viets-Roman von Frank Schulz verbindet das Unterhaltsame mit den Ansprüchen hoher Literatur. Er ist der unwahrscheinlichste aller Detektive: Onno Viets, gut fünfzig Jahre alt, nicht schlank, an der Grenze zum Zausel (und manchmal jenseits davon), Faulpelz und Taugenichts, Empfänger von Hartz IV von dem Tage an, als es erfunden wurde. Ohne Fortüne hat er sich in verschiedenen Jobs versucht, vom Elektriker bis zum Betreiber von "Onno's Chaosk", nunmehr überlässt er die Berufstätigkeit neidlos seiner Frau Edda, mit der er seit Jahrzehnten in außergewöhnlich glücklicher Ehe verheiratet ist. Kein Zweifel, ein Loser mit prolligen Zügen. Aber so wirkt er eben nicht auf seine Umgebung. Er besitzt, was im Buch "Charisma für Arme" heißt. Obwohl er im entscheidenden Moment selten mehr beisteuert als ein "Tjorp, nech" - er stammt aus Ostfriesland -, hat er etwas, das ihm die Herzen der Menschen öffnet, etwas, das sich für den Leser nicht aus seiner Personenbeschreibung ergibt, sondern, episch weit effektiver, aus den Reaktionen der anderen.

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