Absage an "Feine Sahne Fischfilet":Das Bauhaus verrät seine eigene Vergangenheit

Feine Sahne Fischfilet

Mit der Absage an "Feine Sahne Fischfilet" gerät das Bauhaus unter Rechtfertigungsdruck. Schließlich stand es doch stets für visionäre Ideen.

(Foto: dpa)

Das Bauhaus war stets politisch. Aber nach der Ausladung der Band "Feine Sahne Fischfilet" will die Stiftung davon offenbar nichts mehr wissen. Völlig zu Recht formiert sich dagegen Widerstand.

Kommentar von Laura Weißmüller

Volksbedarf statt Luxusbedarf" lautet eine Parole von Hannes Meyer, der von 1928 bis 1930 das Bauhaus in Dessau leitete. Für den bekennenden Marxisten sollten Gestalter "diener dieser volksgemeinschaft" sein - eine klare Handlungsanweisung, sich nicht um Luxusgüter, sondern um preisgünstige Ware für die Massen zu kümmern. Auch Mart Stam, der niederländische Designer und Architekt, der als Gastdozent am Bauhaus Dessau unterrichtete, kämpfte für die soziale Arbeiterklasse und entwarf Wohnungen für das Existenzminimum.

Zwei Beispiele, die zeigen, wie politisch die Protagonisten am Bauhaus waren. Doch auch die Schule insgesamt musste sich in ihrer kurzen Existenz fortwährend mit der Politik auseinandersetzen. Den Nationalsozialisten war die freigeistige Gedankenschmiede ein Dorn im Auge, dementsprechend setzten die Rechten diese unter Druck. Erst musste die Schule von Weimar nach Dessau ziehen, dann Hannes Meyer seinen Direktorenposten räumen. Schließlich zwangen die Nationalsozialisten die Institution, von Dessau nach Berlin umzusiedeln, wo die Schule 1933 endgültig schließen musste.

Schon der kurze Abriss dürfte klarmachen: Das Bauhaus war stets politisch. Schlicht, weil derjenige, der die Welt gestalten will, sich mit ihr und ihren Problemen auseinandersetzen muss. 85 Jahre später will man in Dessau davon jedoch nichts mehr wissen: "Wir als Bauhaus sind ein bewusst unpolitischer Ort", erklärte die Stiftung Bauhaus Dessau und versuchte damit die Absage des Konzerts von Feine Sahne Fischfilet zu begründen, welche die Stiftung zusammen mit dem Land Sachsen-Anhalt beschlossen hatte. Die linke Punkband, der ihre linksextremistische Vergangenheit vorgeworfen wird, obwohl sie sich klar von ihren alten Texten distanziert, sollte im Rahmen einer ZDF-Konzertreihe in der historischen Bauhaus-Aula auftreten. Die Rechten von heute, inklusive der AfD, hatten versucht, das zu verhindern - und haben es geschafft.

Völlig zu Recht formiert sich dagegen Widerstand. Der Berliner Maler Clemens Krauss lässt seine drei Bilder, die derzeit im Bauhaus Dessau in einer Ausstellung gezeigt werden, abhängen und schreibt in einem Brief an die Direktorin Claudia Perren: "Wenn wir jetzt schon selbst damit beginnen, Auftritte von Künstlern zu untersagen, wie wollen wir dann verhindern, dass Autokraten irgendwann unsere eigene Kunst verbieten?" Einen offenen Brief schrieben auch internationale Kulturschaffende, darunter Künstlerinnen wie Hito Steyerl, Designer wie Erik Spiekermann und Architekten wie Matthias Sauerbruch, dazu Museumsdirektoren und Vertreter von Bauhausinstitutionen wie der Albers Foundation. Sie kritisieren die Entscheidung als "erschreckend geschichtsvergessen", aber auch "wie die Politik durch offenkundige Weisungen in eine kulturelle Einrichtung hineinregiert". Deswegen fordern sie eine Änderung der Gremien von Kulturinstitutionen.

Das kann man nur unterstützen. Denn nur die Freiheit der Kunst, die damals am Bauhaus herrschte, brachte so visionäre Ideen hervor, dass wir sie heute noch bewundern. Wer das 100-jährige Bestehen des Bauhauses feiern will, wie das auch die Stiftung in Dessau mit viel Trommelwirbel tut, sollte zumindest im Sinne dieser einzigartigen Institution handeln.

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