"Batgirl"-Film:Im Giftschrank

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Die Schauspielerin Leslie Grace ist "Batgirl", aber sehen wird sie in dieser Rolle vorerst niemand. (Foto: Robyn Beck/AFP)

Das Studio Warner dreht einen "Batgirl"-Film für 90 Millionen Dollar - und sperrt ihn weg. Niemand darf ihn sehen. Warum?

Von Kathleen Hildebrand

Wenn "Batgirl" wie geplant auf den Streaming-Plattformen erschienen wäre, hätte man gesagt: Ach ja, noch ein Superheldenfilm. Fans hätten ihn angeschaut, Nicht-Fans nicht, und Kritiker hätten wieder einmal beklagt, wie gleichförmig und unoriginell das Superheldenkino geworden ist. Die Aufmerksamkeit für den Film hätte sich jedenfalls höchstwahrscheinlich in Grenzen gehalten.

Das ist nun ganz anders. Denn "Batgirl" mit Leslie Grace ("In the Heights") in der Hauptrolle, Michael Keaton als Batman und Brendan Fraser als Schurke, wird niemals zu sehen sein. Nicht im Kino, nicht im Streaming. Niemals. Obwohl der Film von den "Ms. Marvel"-Regisseuren Adil El Arbi und Bilall Fallah fertig gedreht und gerade in der Postproduktion ist. Obwohl er 90 Millionen Dollar gekostet hat (manche munkeln, sogar noch mehr). Mit der Entscheidung des Studios Warner Brothers Discovery wird "Batgirl" zur Legende. Zu einem der teuersten abgebrochenen Filmprojekte aller Zeiten.

Warum es so weit gekommen ist? Laut Warner Brothers lag es nicht an der Qualität des Films, sondern am fehlenden strategischen Platz dafür. David Zaslav, der Chef von Warner Brothers Discovery - einem im vergangenen Jahr entstandenen Joint-Venture-Unternehmen aus Warner Media und dem Doku-Sender Discovery -, will weg von der Priorisierung des Streamings und zurück zu prestigeträchtigen Blockbuster-Filmen, die im Kino gezeigt werden.

Werden Fans die Herausgabe des Films fordern wie beim "Snyder Cut"?

"Batgirl" allerdings wurde in strategisch anderen Zeiten geplant, als Warner exklusive Filme für seinen Streaming-Dienst HBO Max wollte. Auf kleine Bildschirme angelegt, kann er in puncto Spektakel wohl nicht mit den ganz großen Filmen mithalten. Sein Budget von ursprünglich 75 Millionen Dollar hat er aber wegen Corona-Verzögerungen beim Dreh überzogen. Zu klein fürs Kino, zu groß fürs Streaming. Da packt Warner ihn lieber ganz in die Schublade, verbucht die Ausgaben als Verlust und spart ordentlich Steuern. Klingt nach einer Entscheidung, wie Buchhalter sie fällen, keine Film-Enthusiasten. Aber in Hollywood wäre das ja beileibe nicht zum ersten Mal der Fall.

Vielleicht liegt der wahre Grund überdies auch ganz woanders. Der New York Post, die zuerst mit der Geschichte an die Öffentlichkeit ging, soll eine anonyme Quelle berichtet haben, dass die Testvorführungen des Films so desaströs gewesen seien, dass man sich bei Warner nichts mehr von "Batgirl" versprach.

Völlig überraschend wäre nun auch nicht, wenn es so käme wie beim Wirbel um einen anderen Film aus dem DC-Comic-Universum: "Justice League" aus dem Jahr 2017. Zack Snyder führte dort Regie, aber weil der Rohschnitt angeblich dem Studio nicht gefiel, veränderte Joss Whedon die ursprüngliche Fassung - bis Fans mit mehrjährigen Protesten einforderten, endlich den "Snyder Cut" zu sehen zu bekommen. Was dann im vergangenen Jahr geschah. Gut möglich also, dass demnächst eine "Free Batgirl"-Kampagne den Film doch noch aus der Schublade zerrt.

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