Barbra Streisand zum 80. Geburtstag:Im Scheinwerferlicht

Barbra Streisand zum 80. Geburtstag: "Ich wurde Sängerin, weil ich einfach keine Jobs als Schauspielerin bekam": Barbra Streisand wollte eigentlich direkt zum Film.

"Ich wurde Sängerin, weil ich einfach keine Jobs als Schauspielerin bekam": Barbra Streisand wollte eigentlich direkt zum Film.

(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Wie man ein Superstar wird, auch wenn man allen Erwartungen trotzt: Die Schauspielerin und Sängerin Barbra Streisand wird 80 Jahre alt.

Von David Steinitz

"Talentiert, aber zu hässlich", hatte einst ein Casting-Heini auf ihrer Bewerbungsmappe notiert. Das hat sich Barbra Streisand immer gemerkt. Dass sie ein Star werden wollte, hatte sie schon vorher gewusst. Aber von diesem Moment an wurde ihr klar, dass die eigentliche Herausforderung sein würde, ein Star zu ihren Bedingungen zu werden. Die Demütigung wurde zur fast manischen Motivation. Streisand wurde ein Star, der sich keinen Idealen und Erwartungshaltungen anpasst. Ein Trotzdem-Star.

Mit Ablehnung war sie aufgewachsen. Streisand kam 1942 im New Yorker Stadtteil Williamsburg zur Welt, jüdisch, konservativ, fernab der glitzernden Showlichter des Broadway. Der Vater, ein Grundschullehrer, starb, als sie 15 Monate alt war. Seit sie denken konnte, erzählte sie später oft, wollte sie ein Filmstar werden. Aber selbst die Mutter sagte ihr, dass sie höchstens zur Sekretärin tauge.

Sie hatte das Talent, mit ihrer Stimme jeden Song zum Drama über Leben und Tod zu machen

Allerdings konnte Barbra, die damals noch Barbara hieß und das mittlere "a" später strich, weil sie sich mehr wie eine Barbra fühlte, sehr gut singen. Als junge Frau trat sie in New Yorker Nachtclubs und Schwulenkneipen auf und wurde dort so erfolgreich, dass bald Angebote für Fernsehauftritte kamen. Sie hatte das Talent, mit ihrer Stimme jeden Song zum Drama über Leben und Tod zu machen. Man sieht das eindrucksvoll in ihren ersten TV-Auftritten. Als sie 1962 in der "Garry Moore Show" den Song "When The Sun Comes Out" sang, waren die Bilder steifes, schwarz-weißes Nachkriegsfernsehen. Ihre Stimme aber brachte Farbe in den Auftritt - die Sonne schien tatsächlich aufzugehen.

Barbra Streisand zum 80. Geburtstag: Erster Film und gleich der Preis als beste Hauptdarstellerin: Barbra Streisand 1969 bei der Oscarverleihung.

Erster Film und gleich der Preis als beste Hauptdarstellerin: Barbra Streisand 1969 bei der Oscarverleihung.

(Foto: George Birch/dpa)

"Ich wurde Sängerin, weil ich einfach keine Jobs als Schauspielerin bekam", erzählte sie später. Erst nachdem sie den Leuten am Broadway so lange auf die Nerven gegangen war, bis sie eine kleine Nebenrolle im Musical "I Can Get It for You Wholesale" ergatterte, konnte sie zeigen, was sie noch konnte. Und wie. In wenigen Jahren wurde sie mit Anfang zwanzig zur Newcomerin, die auf der Bühne von Altstars wie Dean Martin oder Judy Garland angekündigt wurde.

Sie hatte Sinn für Selbstironie und Slapstick, wie er den Hollywood-Diven jener Zeit fremd war

Ihrem Versprechen, sich nicht zu verbiegen, blieb sie treu. Streisand entsprach keinem Frauentyp, erst recht keinem Star-Model der amerikanischen Nachkriegsgesellschaft. Sie war nicht blond. Sie hielt ihre große Nase stolz in die Kameras. Sie hatte Sinn für Selbstironie und Slapstick, wie er den im eigenen Mystizismus erstarrten Hollywood-Diven jener Zeit fremd war. Ihr Wille, als misfit den Mainstream zu erobern, machte sie schon zu Beginn ihrer Karriere zu einer Galionsfigur der Frauen- und Schwulenbewegung, und sie war stolz darauf.

1968 drehte sie ihren ersten Kinofilm "Funny Girl", eine Adaption des Musicals, das sie schon zuvor am Broadway gespielt hatte. Bei den Dreharbeiten soll sie dem Regisseur und mehrfachen Oscarpreisträger William Wyler, der unter anderem "Ben Hur" gemacht hatte, deutlich gesagt haben, wo er seine Scheinwerfer aufzustellen habe. Wyler soll mäßig begeistert gewesen sein. Streisand bekam einen Oscar.

Bei fast jedem Film oder Album riss sie die Regeln und Hierarchien des Showgeschäfts ein, nicht nur als Künstlerin, sondern auch als Geschäftsfrau. Sie lernte mit der Platte "Stoney End", mit der sie sich in der Post-Woodstock-Zeit von den Coverversionen alter Klassiker verabschiedete und in die moderne Popmusik einstieg, wie man seinem Image treu bleiben und es trotzdem wieder und wieder variieren kann. Sie machte eine Chamäleonkarriere vor, die später auch Madonna und Beyoncé hinlegten. Sie verfilmte 1976 den Klassiker "A Star Is Born" neu und machte aus der biederen Dreißigerjahre-Revue ein Rockmusical, für das sie als eine der ersten Frauen in Hollywood die Nennung "Executive Producer" im Abspann bekam, eine Revolution.

Barbra Streisand zum 80. Geburtstag: Barbra Streisand mit dem Regisseur Peter Bogdanovich, mit dem sie 1972 "Is' was, Doc?" drehte.

Barbra Streisand mit dem Regisseur Peter Bogdanovich, mit dem sie 1972 "Is' was, Doc?" drehte.

(Foto: Imago)

Und ja, auch in der Liga der größten Superstars ist man nicht unfehlbar. Als sie 2003 erfolglos eine Website auf 50 Millionen Dollar Schadenersatz verklagte, weil dort unter vielen Tausend Luftaufnahmen der kalifornischen Küste, für die sich kaum jemand interessiert hatte, irgendwo ihr Haus zu sehen war, wurde sie die Namenspatin des "Streisand-Effekts": Erst durch die Klage wurde das Internet auf die Lage ihres Hauses aufmerksam, und seitdem nennt man so das Phänomen, dass der Versuch, eine Information zu unterdrücken, das Gegenteil erreicht.

Aber Niederlagen und Widersprüche gehören bei Barbra Streisand, die am Sonntag 80 Jahre alt wird, zum Repertoire. Sie selbst beschrieb sich einmal so: "Ich bin einfach, komplex, großzügig, selbstsüchtig, unattraktiv, schön, faul und getrieben."

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