Süddeutsche Zeitung

Aufregung um Street Art:Zur Sicherheit ohne Fahrrad

Es gehört zum Zauber von Banksy-Werken, dass sie sich auch verändern können. Diesmal ist jedoch nicht der Künstler oder Vandalismus, sondern ein Stadtverschönerungs-Projekt schuld.

Von Alexander Menden

Das Auftauchen, Übermalen, Heraushacken oder Verschwinden von Werken des englischen "Guerilla"-Künstlers Banksy im öffentlichen Raum sorgt, weit mehr als jedes andere Kunstereignis, regelmäßig für Aufregung und Schlagzeilen in britischen Medien sämtlicher Preislagen, von Guardian über Daily Mail bis Nottingham Post. Der vermeintliche Diebstahl eines Banksy-Originals in Nottingham, den all diese Zeitungen am Montag gemeldet hatten, hat sich nun ausnahmsweise als Akt der Denkmalpflege entpuppt. Die Aufklärung erfolgte per Twitter.

Am 13. Oktober war an der Wand eines Schönheitssalons in der Rothesay Avenue im Nottinghamer Stadtteil Lenton ein frisches Graffito aufgetaucht. Es zeigte ein Mädchen, das einen Fahrradreifen wie einen Hula-Hoop-Ring um die Hüften wirbelt. Vor dem Bild war ein Fahrrad der Marke Raleigh an einen Laternenpfahl gekettet, dem das Hinterrad fehlte. Rasch war klar, dass Rad und Bild zusammengehörten. Menschen begannen, nach Lenton zu fahren um Selfies vor der Wand zu machen. Bald bestätigte auch Banksy selbst per Instagram, dass die Arbeit von ihm stamme.

Dann fiel einem Besucher am vergangenen Wochenende eine Veränderung auf. Das Graffito war zwar nicht überstrichen oder aus der Wand gestemmt worden, wie das bisweilen mit zertifizierten Banksys geschieht, dafür war aber das Fahrradelement des Werkes verschwunden. Rasch verbreitete sich das Gerücht, es sei gestohlen worden. Der Guardian zitierte eine Anwohnerin namens Louise Harrison, die sagte: "Ich habe das Gefühl, dass Banksy uns ein Geschenk machen wollte, als wir wegen steigender Infektionsraten in einem Stimmungstief waren. Das fehlende Fahrrad beschädigt dieses Geschenk." Der Banksy-Teildiebstahl wurde landesweit verkündet.

Daraufhin meldete sich aber per Twitter eine lokale Stadtverschönerungs-Initiative namens "Nottingham Project", die darauf hinwies, das Fahrrad sei nicht gestohlen, sondern "zur Aufbewahrung an einen sicheren Ort gebracht worden". "Diese Maßnahme wurde ergriffen, um es den Risiken zu entziehen, die ihm an seinem ursprünglichen Standort drohen", so die Nachricht weiter. Der Sattel des Rades sei schon bald nach seiner Aufstellung abmontiert worden. Daher sei "gemeinsam mit dem Stadtrat von Nottingham und dem Eigentümer" die Entscheidung getroffen worden, es sicher zu lagern, "um die Zukunft des Kunstwerks einschließlich des Fahrrads als wichtiges Kapital für die kulturelle und kreative Zukunft von Nottingham zu gewährleisten".

Kyle Myatt, hauptberuflich Takeaway-Lieferant, hat mittlerweile ein Ersatzfahrrad, ebenfalls mit fehlendem Hinterrad, an den Laternenpfahl gekettet. Laut BBC hatte er es nach der Diebstahlsmeldung für 20 Pfund gekauft und in die Rothesay Avenue gebracht. "Obwohl das Original nicht gestohlen wurde, bin ich froh, dass ich es ersetzt habe", so Myatt. Wenn sein Rad geklaut werde, sei zumindest das Original weiterhin sicher. Laut "Nottingham Project" sollen in den kommenden Wochen "weitere Details zu den Schutzmaßnahmen für das Kunstwerk" bekanntgegeben werden.

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