Süddeutsche Zeitung

Banksy:Ein Luftballon für jede Stimme

Der Künstler Banksy hat sich in den britischen Wahlkampf eingemischt und jedem Wähler eine Grafik versprochen, der nicht für die Konservativen stimmt. Jetzt hat sich die Wahlkommission eingeschaltet.

Von Alexander Menden

Am 7. Mai erschien über Nacht an einer Hauswand in der englischen Hafenstadt Dover das Bild einer riesigen EU-Flagge, in deren unterer rechter Ecke ein annähernd lebensgroßer Handwerker dargestellt ist. Er steht auf einer Leiter und bricht einen der Europa-Sterne mit einem Meißel heraus. Es dauerte nicht lange, zu klären, von wem das Werk stammt: Banksy, als Straßenkünstler firmierender Kunstmarktliebling, bekannte sich dazu. Die Arbeiten waren hinter der Abdeckung eines Baugerüsts vonstattengegangen. Banksy ist also anscheinend kein großer Fan des bevorstehenden Austritts der Briten aus der EU. Ganz sicher ist er kein Freund der Konservativen Partei, die sich anschickt, die Unterhauswahl am Donnerstag zu gewinnen. Ob sich hinter dem Pseudonym tatsächlich der Künstler Robin Gunningham verbirgt, wie häufig kolportiert wird, ist noch immer nicht geklärt. Aber dass Banksy wie Gunningham aus Bristol stammt, ist unbestritten. Es ist also keine Überraschung, dass er nun dort versucht hat, sich in den Wahlkampf einzuschalten. Auf seiner Website unterbreitete Banksy am vergangenen Samstag allen Wählern in den Wahlkreisen um Bristol folgendes Angebot: "Schicke uns einfach ein Bild von deinem Wahlzettel, das beweist, dass du gegen den konservativen Kandidaten gestimmt hast, und dieses Geschenk wird dir gratis zugesandt." Bei besagtem Geschenk handelte es sich um einen Druck in limitierter Auflage von einem Mädchen, das einem davonschwebenden Luftballon mit Union-Jack-Aufdruck hinterherschaut.

Um dem Vorwurf der Wählerbestechung vorzubeugen, war dem Angebot als Haftungsausschluss hinzugefügt, dass es sich nur um ein "Souvenir" handele. Es solle weder die Entscheidung der Wähler beeinflussen noch habe es einen Geldwert und dürfe nicht verkauft werden. Trotz dieser Fußnote blieb aber noch immer ein Problem: Es ist verboten, in der Wahlkabine Fotos zu machen. Nachdem bei der Unterhauswahl 2015 viele Wähler Selfies geknipst hatten, wurden beim EU-Referendum Schilder aufgehängt, die darum baten, das zu unterlassen. Die Wahlkommission scheint sich deshalb inzwischen mit Banksy in Verbindung gesetzt zu haben. Jedenfalls steht mittlerweile auf seiner Website unter der Überschrift "Rückholaktion" der Hinweis, die Wahlkommission habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er durch seine Offerte das Wahlergebnis ungültig machen würde. "Es tut mir leid", so der Text, "aber dieses undurchdachte und rechtlich bedenkliche Angebot ist hiermit zurückgezogen."

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SZ vom 07.06.2017
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