Autor Marcus Hünnebeck:An der Spitze der Selbstvermarkter

Marcus Hünnebeck

Marcus Hünnebeck verdient als Self Publisher mehr als 5000 Euro pro Monat.

(Foto: Marcus Hünnebeck)

Marcus Hünnebeck zählt zu den erfolgreichsten Self-Publishing-Autoren Deutschlands. Kürzlich hat er es auf Platz eins der Amazon-Bestseller-Charts geschafft. Worauf es beim Selbstvermarkten ankommt und warum Hünnebeck bald doch wieder Verlagsautor wird.

Von Thorsten Glotzmann

Kann ein Autor vom Schreiben leben, wenn er seine Bücher selbst vermarktet? Ganz ohne Verlag im Rücken? Marcus Hünnebeck kann. Der 43-Jährige zählt zu den Spitzenverdienern unter den Self Publishern in Deutschland, zu jenen drei Prozent, die laut einer aktuellen Umfrage unter 851 Autoren mehr als 5000 Euro im Monat verdienen. Hünnebeck lebt als freier Autor im Rheinland, für ihn ist Schreiben ein Vollzeitjob. Mit seinen Thrillern gelang ihm der Sprung in die Amazon-Bestsellerliste, sein drittes E-Book "Wenn jede Minute zählt" erreichte im Juni 2014 die Spitzenposition der Kindle-Charts.

Hünnebeck muss es also wissen: Worauf kommt es an, wenn man als Self Publisher erfolgreich sein will? "Man muss eines der beliebten Genres bedienen", sagt er. "Dazu gehören vorrangig Liebesgeschichten, die aus Frauenperspektive geschrieben sind, Thriller, ab und an kommen auch historische Romane gut an." Es gehe eben darum, den Geschmack des E-Book-Lesers zu treffen. Die Vielfalt dessen, was sich gut verkaufen lässt, ist begrenzt.

Auf sich allein gestellt

Stimme das Genre, komme es auf das äußere Erscheinungsbild des Buches an. "Die Covergestaltung halte ich für sehr wichtig", sagt Hünnebeck. "Wenn die Leute durch die Amazon-Bestsellerlisten scrollen, sehen sie zunächst nur das kleine Bildchen." Deswegen arbeitet er mit Grafikern zusammen. Darin liegt der Unterschied zu Verlagsautoren, die sich um derlei Dinge nicht selbst kümmern müssen. Allzu viele Tippfehler im Text vergraulen außerdem die Leser, weiß Hünnebeck: "Ein paar Fehler verzeihen sie schon, es sollten aber nicht drei Grammatikfehler auf jeder Seite sein." In urheberrechtlichen Fragen kann juristischer Rat nicht schaden. Dafür gebe es mittlerweile Versicherungen.

Nun hat es Marcus Hünnebeck etwas leichter gehabt als andere Autoren, die ihr erstes Erzeugnis unter die Menge zu bringen versuchen. Seine drei Thriller sind zwischen 2001 und 2004 bereits in einem Verlag erschienen, sie wurden also schon einmal lektoriert. Als die Rechte an den Taschenbüchen auf den Autor zurückfielen, war ein E-Book-Markt entstanden. Ganz ohne Risiko war der Einstieg in selbigen für Hünnebeck jedoch nicht, denn: Ohne Verlag kein Vorschuss. Self Publisher investieren vorab aus eigener Tasche.

In Hünnebecks Fall lief das so: Als das Mobilfunkunternehmen, für das der studierte Wirtschaftswissenschaftler gearbeitet hatte, Stellen abbaute, verlor er seine Arbeit. Einen Teil seiner Abfindung investierte er in seine Autorentätigkeit. "Es hätte sein können, dass das schrecklich schief läuft. Dann hätte ich ein paar tausend Euro verloren."

Abhängigkeit von Amazon-Rezensionen

Aus den tausend Lesern, auf die Marcus Hünnebeck gehofft hatte, wurden jedoch hunderttausend. "Die Rache des Stalkers", der erste Roman, schaffte im Juli des vergangenen Jahres den Sprung in die Amazon-Top-10. "Verräterisches Profil" stieg ähnlich hoch ein und landete auf Platz sieben. Als das dritte Buch, "Wenn jede Minute zählt", vom zweiten auf den ersten Platz kletterte, stieg die Zahl am Tag verkaufter Bücher nochmal um 50 Prozent, sagt Hünnebeck.

Seitdem führt Marcus Hünnebeck das Leben eines Vollzeitautors, er steht morgens um acht Uhr auf, macht zwei Stunden Sport und beginnt mittags mit dem Schreiben. Zwischendurch nimmt er sich Zeit für die Pflege seiner Facebook-Seite, schließlich müsse man Werbung machen, für seine Leser da sein. "In der Woche sind das ein paar Anfragen, Rückfragen, Hinweise und inhaltliche Anregungen", sagt Hünnebeck. Über die Plattform Lovely Books organisiert er Leserunden, das bedeutet: Er verlost eine bestimmte Anzahl von Büchern, die Leser tauschen sich in den Folgewochen darüber aus. "Das ist zeitintensiv, wenn man an einem ernsthaften Austausch interessiert ist", erklärt der Autor.

Solche Leserunden führen aber zu weiteren Rezensionen, die über den Erfolg eines Buches mitentscheiden. Die Abhängigkeit vom Amazon-Bewertungssystem ist groß, vor allem dann, wenn man nur über die Plattform des umstrittenen Giganten veröffentlicht. Entsprechend groß sei auch die Angst vor neidischen Konkurrenten. "Es soll regelmäßig vorkommen, dass sich Self Publisher das Leben gegenseitig zur Hölle machen", sagt Hünnebeck. "Dafür habe ich kein Verständnis." Umgekehrt gibt es Autoren, die sich positive Rezensionen einkaufen. Wird Amazon darauf aufmerksam, verschwindet das Buch aus den Listen.

Zurück zum Verlag

Im Gegensatz zu Hünnebeck kann die überwiegende Mehrheit aller Selbstvermarkter nicht vom Schreiben leben. Das zeigte eine Umfrage vom Sommer dieses Jahres. 851 Self Publisher füllten den Fragebogen komplett aus, im Vorjahr waren es 508 Autoren gewesen. Das Ergebnis: 45 Prozent aller Teilnehmer verdiente 2014 nach eigenen Angaben weniger als 50 Euro im Monat. Immerhin: Der mittlere Verdienst lag bei 494 Euro und damit fast 200 Euro höher als im Vorjahr. Und jeder Zehnte nahm mehr als 1000 Euro im Monat ein.

Trotz seines Self-Publishing-Erfolgs - oder gerade deswegen - wird Marcus Hünnebeck demnächst wieder Verlagsautor. Zum einen sei er ins Verlagsprogramm von Amazon aufgenommen worden, zum anderen veröffentliche er im September 2015 bei Egmont LYX. Hünnebeck hofft durch den Schritt auf eine noch größere Leserschaft. Als Self Publisher erreiche man eben doch nur einen kleinen Prozentsatz an Lesern. "Da ich exklusiv bei Amazon veröffentlicht habe, brauchten die Leser schon mal ein Kindle-Lesegerät oder zumindest die Kindle-Lese-App." Die klassischen Verlage dürften sich über diese Aussage sehr freuen.

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