Auszeichnung:Kingston-Roman

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Marlon James, 1970 in Kingston, Jamaika, geboren, Booker-Preisträger 2015 für "A Brief History of Seven Killings".

(Foto: Getty Images)

Marlon James erhält als erster Jamaikaner den Booker-Preis - für ein Buch über Bob Marley.

Von Alexander Menden

"Ich könnte den ganzen Abend Superlative verwenden und noch immer nicht angemessen beschreiben, wie ich mich gerade fühle", sagte Marlon James. Im Rückblick schien die Entscheidung, ihm den Man-Booker-Preis zu geben, geradezu unausweichlich: Die Jury hatte sich, so heißt es, ohne größere Debatten einstimmig entschieden für seinen Roman "A Brief History of Seven Killings". Aber angesichts der Konkurrenz - immerhin stand auch die Pulitzer-Preis-Gewinnerin Anne Tyler mit "Der leuchtend blaue Faden" auf der Shortlist - hatte der 44-Jährige offensichtlich nicht damit gerechnet, an diesem Abend in der Londoner Guildhall Camilla Herzogin von Cornwall die Hand schütteln und von ihr den mit 50 000 Pfund dotierten Preis entgegennehmen zu dürfen.

Marlon James ist damit der erste jamaikanische Booker-Gewinner. Nachdem 2014 ein Australier gewann, wird dieser Sieg auch jenen zur weiteren Beruhigung dienen, die glaubten, der Booker werde nach seiner Öffnung für alle englischsprachigen Autoren vergangenes Jahr von Amerikanern dominiert werden. James wohnt zwar in den USA, sein Buch wurde dort sehr positiv aufgenommen. Die New York Times verglich diesen seinen dritten Roman mit einem Tarantino-Remake des jamaikanischen Midnight-Movies "The Harder They Come" "mit einem Soundtrack von Bob Marley und einem Drehbuch von Oliver Stone".

686 Seiten, ehrgeizig, polyphon, stellenweise extrem brutal - das Buch basiert auf der wahren Geschichte eines geplanten Attentats auf Reggae-Star Bob Marley. Sie erstreckt sich von den Siebziger- bis zu den Neunzigerjahren und zeigt die Welt krimineller Gangs und politischer Korruption in Jamaika. Mehr als 70 Figuren tummeln sich in "Copenhagen City", einem fiktionalen Ghetto in James' Geburtsstadt Kingston. Die Konflikte um Drogen und Waffen, die er beschreibe, habe er als Kind nicht wahrgenommen, sagte James nach der Preisverleihung. Seine Eltern, beide Polizisten, hätten ihn abgeschirmt. Sein inzwischen verstorbener Vater habe auch sehr stark seinen "literarischen Geschmack mitgeformt". Ihm widmete Marlon James den Preis.

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