Auszeichnung:Feine Klinge

Scharfrichterbeil/ Preisträger Sulaiman Masomi

Gute Stimmung am Ende eines schönen Abends: (von links nach rechts) Martin Puntigam, Inka Meyer, Hamid Nikpai alias Hani Who, Beilgewinner Sulaiman Masomi, Berni Wagner, Michael Feindler und Manuel Berrer alias daBerrer.

(Foto: Tobias Köhler)

Der Kabarettist Sulaiman Masomi erhält das Passauer Scharfrichterbeil

Von Sabine Buchwald, Passau

Warum diesen Text nicht so anfangen, wie der Mittwochabend im Passauer Scharfrichterhaus begann? Mit einem positiven Einstieg. Gleich vorneweg also: Es war ein richtig guter Abend, an dessen Ende ein sowohl Jury als auch Publikum überzeugender, hoffnungsfroh stimmender Sprachkünstler das große Siegerbeil in den Händen hielt. Sulaiman Masomi heißt der Mann, er ist 39 Jahre alt, in der Poetryslam-Szene bekannt, aber erst seit Kurzem auf Kabarettbühnen unterwegs. Ein dunkelhaariger, schnell denkender und wortgewandter Bartträger. Das alles und noch viel mehr trifft auch auf Martin Puntigam zu, der die sechs Finalisten auffallend gut vorbereitet, pointiert und obendrein sympathisch als Moderator empfing und durch den 36. Scharfrichterbeil-Wettbewerb begleitete. Puntigam, Österreicher, Mitbegründer und Kopf der "Science Busters", hat zwar jede Menge Kabarettpreise bekommen, darunter den Salzburger Stier, den Prix Pantheon und als Europäer, wie er erklärt, auch den 2012 an die EU vergebenen Friedensnobelpreis, aber ein Beil hängt keines in seiner Wiener Wohnung. Dabei hätte man es ihm gerne zusätzlich mitgegeben, so cool wie er, der "staatlich geprüfte Studienabbrecher", mit der Nase "Stille Nacht, heilige Nacht" auf der Blockflöte spielen kann. Aber, um das Beil muss man sich in Passau bewerben. Eine Hürde, die er nie genommen hat.

Dieses Jahr, so hört man aus der Jury, sei die Qualität der Bewerber hoch und die Vorauswahl schwierig gewesen. So kann man es bereits als Auszeichnung verstehen, im Scharfrichterhaus dabei gewesen zu sein. Berni Wagner, der Zweitplatzierte, soll sich also nicht grämen. In einem anderen Winter hätte wohl er das immer noch mehr als einen Meter lange, aber nicht mehr ganz so scharfe Beil nach Österreich gebracht. Der 27-Jährige kam als erster auf die kleine Bühne. Strubbelige Frisur, Oberteil im Animalprint, das macht klar: Sein Äußeres ist Programm. Das heißt aktuell "Babylon" und beschreibt schräg eindrücklich das Dasein im Kosmos einer Großstadt. Das kleinste Beil für den Drittplatzierten ging an Hani Who alias Hamid Nikpai, Jahrgang 1995 und wie Masomi in Afghanistan geboren. Seit acht Jahren lernt er Deutsch, ärgert sich über die drei Artikel ("eine Falle für Ausländer"), lernt dazu Rumänisch und Polnisch zur Vorbereitung aufs Altersheim. Eindrücke eines Ausländers mit "optimal pigmentierter Haut", die man gerne hört, weil sie nicht böse sind. Bissiger hetzt Inka Meyer durch ihr Programm, manchmal derart vom feministischen Ärger getrieben, dass man ihr kaum folgen kann: im Bikini zur Wahlurne, Duschen in fünf Schritten, heiße Frauen in der Menopause, alles ohne Punkt und Komma. Gesang, unterlegt mit eigenem Gitarrensound, bringen Michael Feindler und Manuel Berrer. Feindler bekennt sich zum Feminismus, zu seinem Wohlstand und als Gegner von Prinzessin Lillifee. Berrer, mit stark österreichischem Zungenschlag, schaut sich Kirchgänger an, schläfert die Katze der Freundin ein und denkt über Organtransplantation nach. Das ist alles gut und schön, aber Masomis verbale Dramatisierung deutscher Grammatikbegriffe gefällt nicht nur den pensionierten Oberstudienräten im Publikum. Was er kann, sollte man AfD-Wählern täglich dreimal vorspielen, als Medizin gegen Fremdenfeindlichkeit. Denn lachen entspannt, und dann würden sie erkennen, dass Integration gelingen kann und eine Bereicherung ist.

Das oftmals schon totgesagte Kabarett zeigt sich an diesem Abend lebendiger und vielfältiger denn je. Es hält sich eher fern von Politik, aber konfrontiert mit Lebenswirklichkeiten in einer pluralistischen Gesellschaft.

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