Ausstellung:Vom Gegensätzlichen inspiriert

Stefan Fuchs

Stefan Fuchs arbeitet mit diversen Materialien an der Schnittstelle von Körper und Architektur.

(Foto: Manuel Nieberle)

Stefan Fuchs erhält den Förderpreis des Kunstclub 13

Von Evelyn Vogel

Es war nicht das Beste, aber mit Abstand das Härteste, das bei den jeweils 20-minütigen Wettbewerbspräsentationen um den Kunstclub 13-Preis zum Schluss kam. Domino Pyttels Vorstellungen ihrer Videoperformances, in denen es unter anderem um den Selbstoptimierungs- und Selbstverstümmelungswahn unter Jugendlichen geht. Unter vollem Körpereinsatz tätowiert sie sich darin selbst oder lässt sich das Wort "Thirsty" auf den Rücken schneiden und mit Salz einätzen. Da war so mancher froh, dass er sich in der Pause wahlweise an der frischen Luft erholen - oder sich mit einem Glas Wein betäuben konnte. Gewonnen hat Pyttel zwar sehr viel Anerkennung für so viel Körpereinsatz, nicht aber den Förderpreis.

Dieser, dotiert mit 3500 Euro, ging an Stefan Fuchs für "seine Suche nach einer zeitgemäßen Form des Künstlertums", wie es in der Begründung heißt. Der Künstler und Betreiber des Off-Spaces Loggia überzeugte die Jury - in der auch der Direktor der Sammlung Brandhorst, Achim Hochdörfer, saß - mit "seiner souveränen Haltung und seinem sicheren Gespür für feinen Humor und das Groteske". Fuchs schafft als Künstler Bildobjekte an der Schnittstelle von Körper und Architektur, in denen er verschiedene Materialien und Techniken verknüpft. Zugleich bewegt er sich als Künstler und Kunstermöglicher in einem dichtem Beziehungsgeflecht. Dieses reflektiere immer auch "den die Arbeiten bedingenden sozio-kulturellen Raum", so die Jury. "Seine künstlerische Arbeitsweise spiegelt sein kuratorisches Wesen wider. Ein Amalgam aus disparaten Strömungen, die doch zueinander finden."

Disparat sind auch die Techniken der fünf Bewerberinnen und Bewerber, die alle an der Münchner Kunstakademie studiert haben. Disparat bleibt die zugehörige Ausstellung in der Platform, die - besonders im Fall von Fuchs und Pytell - nur einen Bruchteil dessen zeigen kann, was deren jeweiliges Werk ausmacht. Und das, obwohl alle Künstler erst zwischen 28 und 36 sind.

Da ist der Bildhauer Thomas Breitenfeld, der mit seinen teilweise raumgreifenden Holzobjekten und prozesshaften, von "kontrolliertem Zufall" gesteuerten Skulpturen aus Metall, Wachs und Kunststoffen schon mehrfach in München aufgefallen ist. Da ist die seit einiger Zeit regelrecht gehypte Malerin Hell Gette - so etwas wie der diesjährige Shootingstar der Szene -, die inspiriert vom Bad Painting der Achtzigerjahre in ihren Arbeiten die visuelle Welt von Computerspielen, Photoshop Tools und Emojis mit analog-traditioneller Technik verbindet und in Landschaftsmalerei übersetzt.

Und da ist Sandra Bejarano, die jüngste der fünf Bewerber, die sich in ihren Arbeiten mit der Ambivalenz zwischen Genuss und Ekel sowie zwischen Begeisterung und Scham auseinandersetzt. All dies fließt in ihre teils feministisch geprägten Performances und Installationen ein, bei denen sie Techniken aus der Molekularküche einsetzt. Doch die blutroten Kirschen im Cocktailglas sind mitnichten künstlich gefärbt. Denn Bejarano arbeitet nicht mit herkömmlichen Lebensmitteln, sondern mit Körpersäften wie Blut, Vaginalsekret, Sperma, Urin und Speichel. Für die Ausstellung in der Platform hat sie ein "Female Masturbatorium" eingerichtet. Ein mobiles Laboratorium, in dem Frauen - angelehnt an Samenspenderräume für Männer im Rahmen von In-Vitro-Befruchtungen - ihre Vaginalflüssigkeit spenden können, die für zukünftige Projekte konserviert wird. Ein Raum, der am Abend der Präsentation rege genutzt wurde.

Schade, dass außer dem "Female Masturbatorium" keine Arbeiten von Bejarano zu sehen sind. Will sie doch die Betrachter dazu bringen, zu hinterfragen, was sie tatsächlich gerade sehen. Schock und Scham als kalkulierte Reaktion. Aber die Selbstverständlichkeit und Lässigkeit mit der die junge Spanierin über ihre vielfach delikaten künstlerischen Themen und Methoden sprach, überzeugte die Saalgäste derart, dass sie ihr am Ende den Publikumspreis zusprachen.

Perspektiven 2019 - Förderpreis für junge Kunst des Kunstclub 13 in Kooperation mit der Platform, bis 19. Juni, Mo.-Do. 10-17 Uhr, Fr. 10-16 Uhr, Platform, Kistlerhofstraße 70, Haus 60

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