Rührendes Ende einer traurigen Geschichte: Die Plastiken von Marg Moll, Otto Freundlich und anderen Künstlern der Moderne waren im Nazi-Propagandafilm "Venus vor Gericht" als "entartet" diffamiert worden und danach verschollen. 2010 wurden sie sensationeller Weise aus dem Boden Berlins geholt und werden nun in Hamburg erstmals gezeigt.
Der erste Auftritt gehört dem weißen Marmortorso, einer Frauenfigur, die so vor einer Folie aus Paragraphenzeichen platziert ist, als werde sie von Pfeilen durchbohrt: Die "Venus vor Gericht" ist Titelheldin eines Films, der nur selten gezeigt wird, weil er als Nazi-Komödie im Giftschrank der Filmgeschichte gelandet ist.
Doch diese Woche wird er im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg gezeigt, im Rahmenprogramm der Ausstellung "Verlorene Moderne". Und tatsächlich reflektiert die Vorführung eine der eigenartigsten Ellipsen der Kunstgeschichte, Unterkapitel "Entartete Kunst": Es geht dabei um vergrabene Kunstwerke, um Werte, Diffamierung und auch darum, dass manche Geschichten ganz unerwartet ein gutes Ende nehmen.
Doch damit ist nicht das Happy End des Films gemeint, der im Jahr 1930, also vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland spielt.
Bauern finden da auf einem oberbayerischen Acker eine Steinfigur, und das ganze Dorf ist sofort verliebt in die Schönheit. Die Plastik gerät als "Venus vom Acker", wie sie findige Zeitungsjungs taufen, nach Berlin, wo sie im Hinterzimmer des jüdischen Kunsthändlers Benjamin Hecht landet.
Gegen den zarten, sanft ausgeleuchteten Torso marschiert dort die gesamte Entartete Kunst auf: Grimmig starrt Otto Freundlichs "Kopf" (1925) vom Sockel, im Hintergrund des Verkaufsraums steht eine "Tänzerin" von Marg Moll aus dem Jahr 1930, und auch Gemälde von Kirchner, Heckel und Kandinsky sind zu sehen.
Eine Szene aus dem Film "Venus vor Gericht", die in der Galerie des jüdischen Kunsthändlers spielt. Im Hintergrund links ist die "Tänzerin" von Marg Moll zu sehen.