Ausstellung über Kriegsfotografie:Kämpfer mit der Kamera

"Ich war Zeuge und diese Bilder sind meine Aussage", lautet ein Zitat des Kriegsfotografen James Nachtwey. Die Ausstellung "Frontline" im NRW-Forum Düsseldorf zeigt die Entwicklung der Kriegsfotografie seit dem Zweiten Weltkrieg - und der Psychologie der Krisenberichtserstattung.

Leichenberge in Konzentrationslagern, die Landung der Alliierten in der Normandie, ein Europa in Trümmern - berühmte Kriegsfotografen wie Robert Capa oder David Seymour, die Gründer der Fotoagentur Magnum, waren von einem tiefen Humanismus geprägt, als sie die Gräuel von Hitlers Krieg in Bilder fassten. "Nie wieder Krieg", das war die Botschaft, die diese Fotografen, die Juden waren und von den Nazis verfolgt wurden, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verbreiten wollten, sagt Andrea Holzherr von Magnum.

Ausstellung über Kriegsfotografie: Weltberühmte Fotografie von Robert Capa im spanischen Bürgerkrieg, 1936, Titel: "Loyalistischer Soldat im Moment des Todes".

Weltberühmte Fotografie von Robert Capa im spanischen Bürgerkrieg, 1936, Titel: "Loyalistischer Soldat im Moment des Todes".

(Foto: Robert Capa © International Center of Photography)

Die Nachfolger Capas und Seymours bei der weltbekannten Agentur sind heute Ende 20 oder um die 40 Jahre alt. Sie rasen um die Welt von einem Krieg in den anderen. Im Düsseldorfer NRW-Forum stellt die Ausstellung "Frontline" bis zum 8. Januar rund 300 Fotos der berühmten Weltkriegsfotografen den Bildern der Kriege aus dem 21. Jahrhundert gegenüber. Haben auch die jungen Fotografen das humanistische Anliegen, das ihre Großväter als direkte Kriegsbetroffene antrieb?

"Mit der Kamera verstehen, was passiert"

Bilder der Aufstände in Ägypten und Libyen verwirren den Betrachter auf den ersten Blick. Der 1972 geborene Thomas Dworzak fotografierte libysche Rebellen, die in der Wüste neben ihren Waffen beten oder scheinbar entspannt im Wüstensand liegen und Bombardements in der Ferne beobachten. In Leichenhallen fotografiert er nicht die Kriegsopfer, sondern Menschen mit Atemschutzmasken. Der 28-jährige Dominic Nahr war mitten in den Kämpfen zwischen Mubarak-Gegnern und -anhängern auf dem Tahrir-Platz in Kairo.

Ausstellung über Kriegsfotografie: Tripolis am 31. März 2011: Gaddafi-Anhänger stellen sich freiwillig als menschliche Schutzschilde zur Verfügung. Das Bild zeigt sie bei einer Kundgebung zur Unterstützung des libyschen Führers in seinem Anwesen Bab Al-Asisija.

Tripolis am 31. März 2011: Gaddafi-Anhänger stellen sich freiwillig als menschliche Schutzschilde zur Verfügung. Das Bild zeigt sie bei einer Kundgebung zur Unterstützung des libyschen Führers in seinem Anwesen Bab Al-Asisija.

(Foto: Moises Saman / Magnum)

Wer gehört zu wem? Das ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. "Es ist eine Frage der Zeit, wie die Bilder wirken", sagt Nahr. "Ich möchte, dass niemand das vergisst." Noch gebe es keinen historischen Abstand etwa zu den Aufständen in der arabischen Welt, wodurch die künftige Bedeutung der Bilder und dieser Kriege klarer werden könnte. Die Kriegsfotografie ist für Nahr auch ein "innerer Kampf". "Ich benutze die Kamera, um zu verstehen, was passiert." Wie eine Droge scheint der Krieg auf die Fotografen zu wirken. "Ich weiß nicht, wo ich morgen bin", sagt Nahr.

Immer wenn er zurückkomme, wolle er so schnell wie möglich wieder weg. Vor Ägypten war er in Mogadischu und im Sudan. Und davor? Er kann sich nicht sofort erinnern. Nicht nur Fotos und Fernsehen bringen den Krieg heute in die Wohnzimmer. Die Flut von Kriegsbildern schwillt durch das Internet, Facebook, Twitter und Blogs immer weiter an - auch das ist ein Teil der Ausstellung. Die Fronten sind dabei längst nicht mehr so klar wie vor mehr als 65 Jahren.

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