Ausstellung:Treffen sich zwei Dickköpfe

"Spiegelbilder" im Museum Fünf Kontinente in München zeigt Māori-Kunst und die Gesellschaft Neuseelands aus dem Blickwinkel des Autors und Zeichners Helme Heine

Von Evelyn Vogel

Es waren Filme wie "Der Herr der Ringe" und der "Hobbit", die Neuseeland zur Heimat von Mittelerde verklärten. Doch nicht nur diesen Filmtrilogien diente die märchenhaft schöne Landschaft des Inselstaats im südlichen Pazifik als Filmkulisse. Auch die "Chroniken von Narnia" fanden hier ihre Fantasy-Heimat, Jane Champion ließ Adas "Piano" durch den neuseeländischen Dschungel schleppen und sowohl "Der letzte Samurai" wie auch "King Kong" tobten in ihren neueren Verfilmungen durch die Naturschönheiten Neuseelands.

Wenn Helme Heine zu Stift und Pinsel greift, geht es ihm nicht um die Naturschönheiten seiner Wahlheimat. Der deutsche Schriftsteller, Kinderbuchautor und Zeichner, der seit 1990 in Neuseeland lebt, bringt in seinen Zeichnungen und Gemälden das Verhältnis zwischen der indigenen Bevölkerung der Māori und den Pākehā, wie die Neuseeländer europäischer Herkunft heißen, auf den Punkt. Dieses Verhältnis war wie bei vielen Völkern, die durch eine koloniale Vergangenheit verbunden sind, nicht immer einfach. Auch wenn im Falle Neuseelands die Beziehungen teilweise entspannter zu sein scheinen als anderswo.

Heines Neuseelandzyklus, entstanden zwischen 2015 und 2017, reflektiert das Land, seine Geschichte, die Kultur bis hin zu aktuellen politischen Fragen aus einem überwiegend humorvollen Blickwinkel. Nicht nur, aber auch deshalb ist die Ausstellung so familienfreundlich. Die Bilder waren auch der Ausgangspunkt für die Ausstellung im Museum Fünf Kontinente, in der nun unter dem Titel "Spiegelbilder" Helme Heines Blick auf Neuseeland zusammen mit einer druckgrafischen Serie des zeitgenössischen Māori-Künstlers Cliff Whiting und Stücken aus der Māori-Sammlung des Museums gezeigt werden.

Dabei ist der aktuelle Blick Heines auf sein Gastland räumlich etwas abgetrennt von den mehr als fünfzig Māori-Objekten aus der Sammlung des Hauses und der Linolschnittserie Whitings, der kurz nach der Zusage zur Ausstellung im Sommer 2017 im Alter von 81 Jahren starb. Dieser hatte Mythen und Geschichten seiner Vorfahren zusammen mit den typischen Tätowierungsmustern der Māori in aktuelle Bilderzählungen übersetzt. Der Freundeskreis des Museums, der sich um die stetige Erweiterung des Bestands durch zeitgenössische Exponate bemüht, hat sie übrigens für das Haus angekauft.

So findet man sich in der Sonderausstellung zunächst in der Gegenwart Helme Heines wieder. Wie er das Gegen- und Miteinander von Māori und Pākehā sieht, ist bei aller Ernsthaftigkeit der kulturellen Gegensätze, die dahinter stehen, vor allem zum Schmunzeln. Auch weil Heine mit etlichen Klischees spielt und diese verdreht. Oft sind dies die im doppelten Sinn verstandenen Schwarz-Weiß-Malereien. So versucht bei "Keiner kann aus seiner Haut" der eine den anderen anzupinseln. In "Original und Kopie" macht er die unterschiedlichen Bedeutungsebenen der Tätowierungen deutlich. Bei "Durchschaut" mit den gleichen Röntgenbildern weist er darauf hin, dass Neuseeländer unterschiedlicher Abstammung äußerlich, aber nicht innerlich verschieden sind, was sich bei den "Blutsbrüdern" fortsetzt. Dann gibt es auch eher politische Reflexionen wie "We Are One Nation" oder "Nationalismus macht blind" sowie die Arbeiten, die kulturelle Eigenheiten auf die Schippe nehmen wie "Herzlich Willkommen". Sehr subtil ist das alles nicht, und schon an den Titeln lässt sich oft leicht ablesen, worum es Heine geht.

Durch einen historischen Holzbogen betritt man dann in der Ausstellung das Māori-Reich. Hier ist die Whiting-Serie mit ihren erzählenden Motiven aus der Welt seiner Ahnen zu sehen. Vor allem aber die meist aufwendig geschnitzten Objekte aus der Sammlung des Museums. Bootsmodelle und -fragmente mit prachtvollen Bug- und Heckverzierungen, Waffen und Angelhaken, Alltagsgegenstände und Kleidung, Musikinstrumente, Figuren und Hausteile sowie Schmuck und Schmuckkästen, bei denen man sich nicht sicher ist, was aufwendiger gearbeitet ist: die Schmuckstücke oder die Aufbewahrungskästen. Es sind einfach wunderbare, reich verzierte Stücke.

Doch ob historisch oder zeitgenössisch, ob Māori-Kultur oder mit dem Blick der Pākehā von außen, zusammen gewährt die Schau einen Eindruck davon, dass Neuseeland mehr ist, als die Klischees andeuten. Und sehr viel mehr als eine verklärte Filmkulisse namens Mittelerde.

Spiegelbilder. Māori-Kunst und Helme Heines Blick auf Neuseeland, Museum Fünf Kontinente, Maximilianstraße 42, bis 28. April, Di-So 9.30-17.30 Uhr; Do., 14. März, 18 Uhr: Von Walreitern und Vogelfrauen, Hilke Thode-Arora über Māori-Mythen

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