Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Sigalit Landau in Salzburg

Von Egbert Tholl

Ein Brautkleid schwebt über dem Grund des Toten Meers. Trüb ist das Wasser, dick und grün, das Sonnenlicht dringt dennoch herein, die Wasseroberfläche ist nah. Fünf großformatige Fotos hängen nebeneinander, die die Verwandlung des Kleids zeigen. Ganz links ist es noch eine schwarze Robe, wie sie die Schauspielerin Hanna Rovina trug, die vier Jahrzehnte lang in Tel Aviv die Leah in An-Skis Stück "Der Dibbuk" spielte. Nach rechts wird es immer heller, Salz lagert sich auf dem Stoff ab, bis es ganz rechts zum weißen, dick mit Salz überkrusteten Brautkleid geworden ist, irreal und wunderschön.

Sigalit Landau, geboren 1969 in Jerusalem, ist seit zwei Jahrzehnten fasziniert vom Toten Meer. Im Museum der Moderne in Salzburg kann man diese Faszination an zwei Orten miterleben: Oben im Museum auf dem Mönchsberg werden Objekte gezeigt, die Landau in den vergangenen fünf Jahren vom Wasser des Meers und dessen hohem Salzgehalt verwandeln ließ, unten in der Stadt, im Rupertinum, sind Videoarbeiten von Landau zu sehen, darunter einige ältere, die zeigen, wie sehr sie früher von Schiele oder auch von den Wiener Aktionisten beeinflusst war - ihre Familie war in Österreich alteingesessen, eine Großmutter Tänzerin ein Wien, ein Großvater Dichter und Journalist aus der Bukowina. Landaus Eltern überlebten den Holocaust knapp.

Diese Künstlerin schockiert. Im Jahr 2000 stellt sich Sigalit Landau nackt an den Strand von Tel Aviv und lässt einen Reifen aus Stacheldraht um die Hüften kreisen, im Hintergrund sieht man Angler und Badende, die Kamera zoomt auf die Wunden am Bauch - "Barbed Hula" heißt das Video. Nackt ist sie auch im Video "Dead Sea" (Foto) aus dem Jahr 2005.

An der Küste des Toten Meers treffen Jordanien, palästinensische Autonomiegebiete und Israel aufeinander. Das ökologisch gefährdete Meer ist für Landau auch der Ort einer Utopie des Miteinanders. Derzeit arbeitet sie an der Idee einer schwimmenden Brücke, die die drei Anrainerstaaten verbinden soll.

Diese Idee steckt voller Poesie, wie die zwei Räume im Mönchsbergsmuseum, die wie eine Installation, fast wie stummes Theater wirken: Schuhe, Fischernetze, überzogen mit Salz wie Artefakte einer verschwundenen Zivilisation. Daneben Gebilde aus Stacheldraht, denen das Salz jede Schärfe, jede Gewalt nimmt.

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Quelle:
SZ vom 24.08.2019
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