Ausstellung:Reise zum Mond

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Eine Ausstellung in der Deutschen Kinemathek in Berlin widmet sich der Evolution der Science-Fiction im Kino, von den Anfängen bis zu den modernen Blockbustern.

Von Anke Sterneborg

Am Anfang des 21. Jahrhunderts sieht es schlecht aus für die Menschheit: Kriege, Viren, Klimawandel - die Apokalypse ist längst aus der sicheren Ferne der Science- Fiction ganz nah an die Gegenwart gerückt. Dieses aufgewühlte Lebensgefühl hat seine Spuren in den filmischen Visionen der letzten zehn Jahre hinterlassen. Unter dem Titel "Things to Come" lotet eine Science-Fiction-Ausstellung in der Deutschen Kinemathek in Berlin derzeit Fragen nach der Zukunft der Menschheit aus, mit besonderem Augenmerk auf die Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft und Wirklichkeit im Kino.

Dabei zeichnet sich schnell ab, dass imaginierte Hypothese und verbrieftes Wissen in den letzten Jahren immer näher zusammengerückt sind, nicht zuletzt auch, weil wir heute sehr viel mehr wissen als in den Anfängen des Kinos. Der Filmpionier Georges Méliès etwa hatte keinerlei Anhaltspunkte, wie es auf dem Mond tatsächlich aussieht, und stellte sich eine Vegetation aus baumgroßen Pilzen vor, die in der Ausstellung auf einer Entwurfszeichnung bewundert werden kann.

Mit der Mondlandung im Jahr 1969 hat sich die Fantasiegrenze im Weltraum verschoben. Filmemacher, die unbeschwert von Fakten ihre Fantasie spielen lassen wollen, müssen heutzutage schon in fernere Galaxien vordringen, so wie Christopher Nolan, der sich für "Interstellar" 2014 einen Wasserplaneten ausdachte.

Auf drei Etagen haben die Kuratoren Kristina Jaspers, Nils Warnecke und Gerlinde Waz drei Themenbereiche erarbeitet. Im ersten Raum wird die Reise in den Weltraum angetreten, wobei Entwurfszeichnungen, Raumschiffmodelle, Requisiten, Kostüme und Filmprojektionen mit der Ausstellungsarchitektur verzahnt sind. Der Museumsraum wird zum Raumschiff mit Kommandobrücke und Messe. Schwerelosigkeit wird ganz unmittelbar spürbar, weil die entsprechenden Filmausschnitte nach hinten versetzt mitten im dunklen Raum laufen. Ein Making-of daneben erläutert die Finesse, mit der Regisseur Alfonso Cuarón die Illusion von Schwerelosigkeit in seinem siebenfachen Oscargewinner "Gravity" herstellte.

Der sowjetische Raumanzug gegenüber sieht geradezu mickrig aus, auch im Vergleich mit anderen US-Kinospektakeln wie "Armageddon" und "Event Horizon".

Im zweiten Stock geht es um die Gesellschaften der Zukunft, auch hier wird der Zuschauer mal zum Underdog in den schmutzig düsteren Ghettos der Armen, und mal zum privilegierten Bewohner gleißend weißer futuristischer Architekturen. Die Ausstellung konzentriert sich zwar auf die jüngere Filmgeschichte als Spiegel unserer heutigen Ängste und Hoffnungen, verfolgt aber auch die historischen Entwicklungslinien. Zu den bis heute wichtigen Inspirationsquellen gehören die Entwürfe, die Otto Hunte und Erich Kettelhut für Fritz Langs "Metropolis" machten, ebenso wie die Gebäude des amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright. Schließlich ermöglicht der dritte Komplex eine Begegnung mit den Außerirdischen, die das Kino sich ausgedacht hat, und bei deren Gestaltung der Fantasie mangels realer Referenzen keinerlei Grenzen gesetzt sind.

Gleich am Eingang wird man von einem riesigen Reptilien-Alien aus "Independence Day" begrüßt, eine Gabe des Regisseurs Roland Emmerich. Je nachdem, ob die Filme eher Angst schüren oder Spaß verschaffen sollen, fallen die außerirdischen Lebensformen martialisch aggressiv oder skurril komisch aus: HR Gigers Entwurf für Ridley Scotts "Alien" steht den lustigen Außerirdischen aus Tim Burtons "Mars Attacks" oder Barry Sonnenfelds "Men in Black" gegenüber. Zu den magischsten Entwürfen außerirdischen Lebens gehören die filigranen Quallenwesen, die der Comicautor Moebius für James Camerons "The Abyss" erschaffen hat. Die Bilanz der Ausstellung: Wenn es darum geht, was uns die Zukunft bringt und wie wir leben werden, entwirft das Kino in der Regel eher die schlimmsten Schreckensszenarien.

T hings to Come. Science. Fiction. Film . Deutsche Kinemathek Berlin. Bis 23. April 2017. Info: www.deutsche-kinemathek.de. Katalog 40 Euro, 176 Seiten, Kerber Verlag, Bielefeld/Berlin.

© SZ vom 04.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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