Es gibt viel Nacktheit, Gewalt, Voyeurismus - anderes wirkt unerwartet sanft: Das Frankfurter Museum für Moderne Kunst zeigt Mode und Fotografie der 90er Jahre. Die Bilder.
Das dünne Mädchen mit dem flachen Gesicht sieht glücklich aus in ihren Herrenunterhosen, übermütig, ungezwungen, strahlend. Posiert in T-Shirts, kurzen schwarzen Shorts. Irgendwann krönt ein Federschmuck ihr strähniges Blond, keine Kreation, sondern einer, wie ihn kleine Jungen tragen, eine schmale Kordel zerteilt ihren nackten Oberkörper, als läge er zum Filetieren bereit. Aber irgendwie wird die den Schlächtern entgehen, überhaupt allen, die an diesem Körper verdienen wollen, wird sogar die genau festgesetzte Lebenszeit als Covergirl überleben und bleiben. Der Moment, in dem Kate Moss das erste Mal auf einem Titelbild abgebildet wird, in der Juli-Ausgabe des Jahres 1990 des britischen Magazins The Face, die mit Corinne Days Schwarzweißfoto von Kate Moss mit Federkranz aufmacht, sei "einer der folgenreichsten der Modegeschichte überhaupt", sagt Susanne Gaensheimer, Direktorin des Frankfurter Museums für Moderne Kunst. Nicht nur, weil das Mädchen danach berühmt war, weil ihr Gesicht nicht mehr aus den Magazinen und Modestrecken wegzudenken war, sondern auch, weil unter der Überschrift "The 3rd Summer of Love" etwas neues triumphierte, nicht nur Jugend, die ja immer abgebildet wird, wo Mode verkauft werden soll, sondern eine Art von Jungsein, die echter wirkte, direkter, verspielter, realer. Ein erstes Bild der Anmut vom Grunge.
Text: Catrin Loch/ SZ vom 2.10.2010/Alle Bilder aus dem Katalog der Ausstellung/sueddeutsche.de/kar/ls