Krieg und Medizin: Wer diesen Titel der Ausstellung im Dresdner Hygienemuseum liest, spürt sofort, dass es sich da um ein starkes und schwieriges "Und" handelt, kein "+", sondern ein "&". Gleichberechtigte Partner sind sie jedenfalls nicht, der Krieg hat Vortritt nicht nur aus rhythmischen Gründen. Sobald die Medizin sich mit ihm einlässt, unterliegt sie seinen Gesetzen, keinesfalls umgekehrt. Sollte sie, die doch heilen und nicht töten soll, es dann überhaupt tun? Tut sie es nicht, kommen die Opfer in noch größerer Zahl und noch jämmerlicher um. Tut sie es aber, ist sie schon zu seiner Komplizin geworden.
Eine Regelung der Genfer Konvention sieht vor, dass Bajonette mit einer Blutablaufrinne zu versehen sind; denn bei Stichwunden im Bauchraum führt eine innere Blutung, die nicht nach draußen kann, mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Tod. Doch wer sich für die Blutablaufrinne einsetzt, muss zuvor das Prinzip des Bauchaufschlitzens bejaht haben. Er handelt auf humane Weise inhuman oder auf inhumane Weise human, da lässt sich streiten. (Ganz ähnliche Überlegungen konnte man dieser Tage auch hören, als es um die Rolle der Medizin bei den Folterungen in Guantanamo ging.)
Text: Burkhard Müller/SZ vom 14.04.09/irup
Foto: Portrait des US-Soldaten Bryan Anderson; Bryan Anderson wurde im Oktober 2005 durch eine Bombe schwer verletzt. Er verlor zwei Beine, einen Unterarm, eine Hand und drei Fingerspitzen./Foto: © Christopher Griffith