Ausstellung:Gottes Spuren

Eine Ausstellung in Bamberg bringt die Schätze des Diözesanmuseums zusammen mit moderner und zeitgenössischer Kunst. Sie schafft inspirierende, doch manchmal auch verstörende Bezüge

Von Katja Auer

Nachts ist zwischen den Domtürmen Gott zu sehen, der gute Gott sogar. Na ja, zu lesen ist er: GOOD steht da in großen, weißen Leuchtbuchstaben, das zweite O blinkt, so dass ein Good God erscheint, zumindest dem, der ihn sehen will. Die Installation des Dresdner Künstlers Via Lewandowsky ist das offenkundigste Exponat der aktuellen Ausstellung im Bamberger Diözesanmuseum, die den Namen "Der Funke Gottes" trägt. Der Schriftzug am Dom komme recht gut an bei den Bambergern, sagt Museumsdirektor Holger Kempkens, gar als tröstlich habe ihn schon eine Frau bezeichnet. Nur eine habe sich erkundigt, ob denn heutzutage wirklich immer alles auf Englisch sein müsse.

Funke Gottes Diözesanmuseum Bamberg

Schon draußen macht die Ausstellung auf sich aufmerksam - mit der Installation von Via Lewandowsky zwischen den Domtürmen.

(Foto: Uwe Gaasch)

Diskussionen um zeitgenössische Kunst hat die schöne alte Stadt Bamberg schon einige erlebt, gerade etwa jene um die Fenster des Exzentrikers Markus Lüpertz, die in das Kirchlein St. Elisabeth eingebaut werden sollen - zur Freude der einen, zum Missfallen der anderen. Oder um die Skulpturen, die inzwischen in der ganzen Stadt verteilt zu finden sind, oft erst umstritten, viele dann per Spitzname liebevoll integriert. Wie die "Scheißerla" des Chinesen Wang Shugang, die ihre Bezeichnung ihrer hockenden Position verdanken.

Bayreuth Funke Gottes

Karsten Konrads Serie "Torno" ergänzt die Prozessionsstäbe.

(Foto: Uwe Gaasch)

All das wussten Kempkens und Galerist Alexander Ochs freilich, als sie die Ausstellung konzipierten. Die beiden nun brachten die alten Schätze, die im Diözesanmuseum gezeigt werden - immer noch viel zu wenig beachtet - zusammen mit moderner und zeitgenössischer Kunst, mit dem Fokus auf den spirituellen Gehalt einer Arbeit.

Das ergibt wunderbare Interventionen und gleichzeitig erstaunliche Zusammenspiele. Wie im Obergeschoss, wo die historischen Zunft- und Prozessionsstangen ausgestellt sind. Jedes Jahr an Fronleichnam werden sie aus dem Museum geholt und bei der großen Prozession durch die Stadt getragen. Einen anderen Zweck haben sie nicht, sie dienen allein der stolzen Repräsentation der einzelnen Handwerke. Unter diese haben die Kuratoren nun Karsten Konrads Serie "Torno" gemischt: gestapelte Fundstücke von Sperrmüll und Flohmarkt, Reste der Wegwerfgesellschaft, fein säuberlich aufgetürmt und farblich sortiert.

Funke Gottes Diözesanmuseum Bamberg

Drinnen liegt Leiko Ikemuras "Memento Mori".

(Foto: Dominik Schreiner)

Große Namen finden sich in der Ausstellung, Ai Weiwei natürlich, dessen Galerist Ochs früher war, aber auch Andy Warhol, Joseph Beuys, Ernst Barlach, Meret Oppenheim. Die moderne Kunst ermöglicht zugleich einen neuen Blick auf die alte, so ist Museumschef Kempkens begeistert, dass eine Madonna von Tilman Riemenschneider endlich wieder einmal im Fokus steht, da sie ihren üblichen Platz verlassen und nun einen neuen neben einer Christusmaske aus dem Spätwerk von Ernst Barlach gefunden hat. Deren Gesicht erinnert an eine Totenmaske, Kempkens verweist auf die Züge von Käthe Kollwitz, deren starre Augen im Kontrast stehen zum feinen Gesicht der Riemenschneider-Madonna.

Funke Gottes Diözesanmuseum Bamberg

Magic Moments gibt es für die Besucher des Bamberger Diözesanmuseums durchaus zu erleben.

(Foto: Dominik Schreiner)

Ein Textheft weist durch die Ausstellung, ein Katalog soll folgen, die Kuratoren verzichteten auf Erklärungen an den Werken, um den Blick nicht abzulenken. Der Rundgang führt durch die Dauerausstellung, dazwischen sind Gast-Stücke oft überraschend platziert. Wie Ai Weiweis Vase aus der Han Dynastie, die er mit einem Coca-Cola-Schriftzug versehen ließ - und die nun einen Platz findet zwischen Reliquiaren und Messkelchen. Oder Beuys' Emailleschüssel "Für Fußwaschung", die einem der kostbarsten Stücke des Bamberger Domschatzes gegenüber steht: einem Reliquiar, das ein Stück des Schürztuches Christi enthalten soll, mit dem er beim letzten Abendmahl den Jüngern die Füße wusch und trocknete.

Es ist keine frömmelnde Schau, sie lässt vielmehr neue Bezüge entstehen, manchmal unterhaltsam, manchmal beinahe verstörend. Bei den Kaisermänteln zum Beispiel, diesen einzigartigen Gewändern, die alleine einen Besuch im Diözesanmuseum lohnen.

Vor dem Sternenmantel von Bistumsgründer Kaisers Heinrich und den anderen Textilien liegt eine Skulptur der Japanerin Leiko Ikemura. Ein Mädchen, zart und bleich wie aus Porzellan, dabei ist sie aus Bronze. Wie schlafend liegt sie da, aber nur auf den ersten Blick, ein zweiter offenbart die Schnitte im Oberkörper und den Rücken, der an ein Gerippe erinnert. "Memento Mori" ihr Name. Der Unterleib ist eine Frucht, eine Muschel, eine leere Hülle? Der Körper, der in den Kreislauf der Natur zurückfindet, so könnte eine Erklärung lauten. Es sind fast 100 Kunstwerke, die die Sammlung zurzeit unterbrechen und ergänzen - und bereichern.

Der Funke Gottes, bis Sonntag, 10. November, Diözesanmuseum, Domplatz 5, Bamberg, Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr

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