Ausstellung:Glaube an das gute Amerika

Kaum jemand hat Barack und Michelle Obama so lange begleitet wie die Fotografin Callie Shell. Mehr als 100 ihrer intimen Porträts sind nun in München zu sehen.

Von Martina Scherf

Ausstellung: Barack Obama wartet auf einem Treppenabsatz auf die Ankündigung seiner Wahlkampfrede im November 2007.

Barack Obama wartet auf einem Treppenabsatz auf die Ankündigung seiner Wahlkampfrede im November 2007.

(Foto: Callie Shell/Elisabeth Sandmann Verlag)

Als sie ihn das erste Mal zu Hause in Chicago besucht, steht er in der Küche und wäscht das Geschirr ab. Der junge Senator von Illinois und die preisgekrönte Fotografin plaudern über Haushalt und Kinder, "und da war sofort das Eis gebrochen", erzählt Callie Shell. Sieben Jahre lang hat sie die Obamas auf Schritt und Tritt begleitet, bis zum Einzug ins Weiße Haus. Sie hat Höhen und Tiefen auf diesem Weg im Bild festgehalten, Tagebuch geführt und Freundschaft mit Barack und Michelle geschlossen. Ihre Bilder sind intime Porträts dieses ungewöhnlichen Paares, das noch heute Menschen überall auf der Welt inspiriert. "Hope, Never Fear", lautet der Titel ihres Buches, das nun auf Deutsch im Elisabeth Sandmann Verlag erschienen ist. Im Amerikahaus sind mehr als 100 Aufnahmen daraus zu sehen.

Welche Hoffnung mit dem Namen Obama noch immer verbunden ist, beweist der Andrang bei der Ausstellungseröffnung. Es sei auch die Hoffnung, sagt eine Besucherin, dass Geschichte nicht geradlinig verläuft, "sondern zickt und zackt", wie der Präsident mal sagte, und am Ende sich doch alles zum Besseren wendet. Dicht gedrängt stehen die Gäste im Saal, als Callie Shell von ihren Jahren mit den Obamas erzählt. Kaum jemand hat die beiden so lange begleitet wie sie. Deshalb werde sie immer wieder gefragt: Sind die wirklich so nahbar und freundlich? "Ja", antwortet sie, "sie sind es wirklich".

Ausstellung: Der 20. Januar 2009, der Tag der Amtseinführung: Der 44. US-Präsident sammelt sich hinter den Kulissen, bevor er sich dem Volk präsentiert.

Der 20. Januar 2009, der Tag der Amtseinführung: Der 44. US-Präsident sammelt sich hinter den Kulissen, bevor er sich dem Volk präsentiert.

(Foto: Callie Shell/Elisabeth Sandmann Verlag)

Da ist ein Bild, wie Barack Obama zu Beginn des Präsidentschaftswahlkampfs, noch ohne Begleitschutz, auf einem Parkplatz einem älteren Ehepaar durchs offene Autofenster die Hand schüttelt. "Er liebte es, mit den Leuten auf der Straße zu reden", erzählt Shell. Auch später, als er im gesicherten Wahlkampfbus mit Entourage durchs Land fuhr und gelegentlich auf Protestversammlungen traf, habe er jedes Mal den Bus gestoppt, sei ausgestiegen und auf die Leute zugegangen. "Andere Politiker haben Angst vor so etwas und schauen, dass sie schnell weg kommen. Obama diskutierte mit den Menschen, und in neun von zehn Fällen hat er sie für sich gewonnen", erzählt Shell.

Es sind die eher privaten, sehr persönlichen Momente dieses Präsidentenpaares, die Shell festgehalten hat. Dazu gehören natürlich auch die Töchter, die im Weißen Haus zwanglos in Jeans und Sneakers herumtollen. Oder das Bild von der ganzen Familie, barfuß im Wahlkampfbus vor dem Fernseher lümmelnd. Obama, wie er vor einem Auftritt noch ein paar Klimmzüge an einer Trainingsstange macht, bevor er in einer Halle in Missouri seine Rede hält. Oder Michelle, wie sie mit ihm vor der Amtseinführung den Eid übt.

Ausstellung: Ein Moment der Ruhe im Wahlkampfbus mit seiner Frau Michelle im Januar 2008.

Ein Moment der Ruhe im Wahlkampfbus mit seiner Frau Michelle im Januar 2008.

(Foto: Callie Shell/Elisabeth Sandmann Verlag)

Ihr Humor verbinde die beiden, erzählt Shell, die seit 2001 für das Time Magazine, seit einigen Jahren auch für CNN arbeitet. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem World Press Photo Award. Tatsächlich wirkt keine ihrer Aufnahmen kühl oder förmlich, vielmehr sprechen Emotionen aus jedem Bild. "Obama hat die Leute bewegt, egal, wo er hinkam, und auch als Präsident hatte er immer ein paar freundliche Worte zur Putzfrau oder zum Türsteher." Vor allem der schwarzen Bevölkerung in den USA und darüber hinaus habe er Selbstbewusstsein vermittelt. Das Bild, in dem er mit den afroamerikanischen Kongressabgeordneten, dem sogenannten Black Caucus, unter dem Porträt von Lincoln, der die Sklaverei abgeschafft hatte, sitzt, sei ein Symbol, sagt Shell.

Und so ist Hoffnung das Leitmotiv des Buches und dieser Ausstellung - deren einziges Manko die recht kleinformatigen Abzüge sind, ungerahmt auf Alu Dibond. "Barack und Michelle Obama", sagt die Fotografin, "gaben anderen Hoffnung, weil sie selbst bewiesen, was alles möglich ist. Sie hatten kein altes Geld oder eine lange Familientradition hinter sich, sondern überzeugten durch Ehrlichkeit, Intelligenz und Charisma." Seit sie das Weiße Haus verlassen haben, stecken sie einen Großteil des Geldes, das sie durch Reden und Bücher verdienen, in ihre Stiftung. Sie fördern die Karrieren von benachteiligten jungen Leuten, vor allem Mädchen. Sie reisen durchs Land mit dem Credo: "Fürchtet euch nicht. Konzentriert euch auf eure Ziele. Seid entschlossen und hoffnungsvoll. Nutzt eure Bildung, um ein Land aufzubauen, das dem grenzenlosen Versprechen, das ihr darstellt, würdig ist." Der Leitsatz des Buches stammt von Michelle Obama: "Hope, Never Fear".

Ausstellung: Ein Bild von der ganzen Familie, barfuß im Wahlkampfbus vor dem Fernseher lümmelnd.

Ein Bild von der ganzen Familie, barfuß im Wahlkampfbus vor dem Fernseher lümmelnd.

(Foto: Callie Shell/Elisabeth Sandmann Verlag)

Hope, Never Fear, Fotografien von Callie Shell, Montag bis Freitag, 10 bis 17 Uhr, Mittwoch, 10 bis 20 Uhr, Sonntag, 10 bis 16 Uhr, Amerikahaus, Barer Straße 19a, bis 1. März 2020

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