Ausstellung:Gefühl und Bewegung

Bridget Riley, Untitled (Based on Blaze), 1964, Photo_ Courtesy Bridget Riley Archives

Am Anfang war Schwarz-Weiß: "Untitled (Based on Blaze)" von 1964.

(Foto: Bridget Riley, 2019)

Das Würzburger Museum im Kulturspeicher gibt einen Überblick über das Schaffen der englischen Künstlerin Bridget Riley und lehrt die Kunst des Sehens

Von Florian Welle

Die "Freuden des Sehens" hat Bridget Riley einmal einen ihrer Texte überschrieben. Dort heißt es: "... sie treffen einen überraschend. Sie sind plötzlich, rasch und unerwartet." Wer derzeit diese unerwarteten Freuden beim Betrachten ihrer Bilder genießen will, der kann nach Edinburgh fahren, wo eine große Retrospektive der 88-jährigen Künstlerin gezeigt wird, der man einst das missverständliche Etikett "Queen of Op-Art" verpasste. Ging es Riley bei ihren aus Linien, Streifen, Rhomben, Wellen und Kreisen aufgebauten Bildkompositionen doch nie um die Erzeugung optischer Täuschungen oder die Umsetzung von Farbtheorien. Vielmehr interessierte sie, welche Gefühle ihre mitunter äußerst dynamischen Bildräume beim Betrachter auslösen. Kurz: um die Verbindung von Motion und Emotion im Moment des Sehens.

Wem Edinburgh aus nachvollziehbaren Gründen zu weit ist, der kann sich auch einfach ins Würzburger Museum im Kulturspeicher begeben. Das zeigt derzeit 80 Siebdrucke aus Rileys Besitz. Darunter auch erst in diesem Jahr entstandene, wie ihre "Intervals". Die Ausstellung "Entdecken, was Sehen sein kann" bietet Gelegenheit, das Werk der gebürtigen Londonerin von ihren Anfängen in den frühen Sechzigern bis in die Gegenwart anhand der nicht allzu oft gezeigten Druckgrafik zu studieren, einschließlich sämtlicher Wendepunkte. Etwa den durch die Einführung von Grautönen ausgelösten Übergang von der Schwarz-Weiß-Phase zur Farbigkeit und deren unterschiedliche Intensitäten, nachzuvollziehen anhand von Arbeiten wie "Untitled (Nineteen Greys A)" und "Coloured Greys (1-3)" an der Wende von den Sechziger- zu den Siebzigerjahren.

Oder die durch eine Reise an den Nil 1979/80 ausgelöste Auseinandersetzung mit gedämpften, Ruhe verströmenden Blau-, Ziegelrot-, Ockergelb-, Lindgrün- und Türkistönen sowie Schwarz und Weiß, die die altägyptische Grabmalerei bestimmten. Zuletzt die vom Jahr 1997 an begonnene Weiterentwicklung des Formenrepertoires durch Hinzunahme von nun wirklich gekrümmten Linien. Wer mag, kann in den so entstandenen Kurvenbildern züngelnde Flammen oder aufgeblähte Segel erkennen. So oder so versetzen sie den Betrachter in einen Sinnenrausch, beeindrucken durch ihre Lebendigkeit. Was auch in den Titeln der Blätter zum Ausdruck kommt, die "Fête" oder "Carnival" heißen. Letzteres erweckt den Eindruck, als würden Gelb, Rot und Lila zum Tanz bitten.

Die Kuratorin Susanne A. Kudielka, persönlich eng mit Leben und Werk von Bridget Riley vertraut, hat die sublim gehängte Ausstellung chronologisch konzipiert. Im ersten Raum geht es los mit einer Reihe von schwarz-weißen Siebdrucken, deren Elemente sich verformen, mitunter zu hüpfen und springen scheinen. Sodann begegnet man in der Serie "Untitled (Elongated Triangles)" erstmals der Farbe. Im zweiten Raum wird der Besucher von dem großformatigen Kurvenbild "Large Fragment" von 2006, basierend auf der Interaktion der Farben Blau, Orange und Magenta, empfangen und so aufs Schönste auf das Spätwerk eingestimmt. Geschickt in die Schau integriert sind jene zwei Gemälde von Riley, die in der hauseigenen "Sammlung Peter C. Ruppert. Konkrete Kunst in Europa nach 1945" zu den Publikumsmagneten zählen: "K'ai ho" und "Painting with Pink". Ihren Beitrag für den Katalog hat Kudielka "Look!" betitelt. "Visit!" kann man daraufhin nur allen, die die Lust am Sehen erfahren wollen, zurufen.

Bridget Riley - Prints. "Entdecken, was Sehen sein kann"; Oskar-Laredo-Platz 1, Würzburg, Di, 13-18 Uhr, Mi, 11-18 Uhr, Do, 11-19 Uhr, Fr bis So, 11-18 Uhr, bis 13. Oktober

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