Ausstellung:Dieses Leuchten

In Penzberg sind derzeit die fragilen Hinterglasbilder Heinrich Campendonks zu sehen. Ein Forschungs- und Restaurierungsprojekt machte die Präsentation der selten ausgestellten Werke möglich

Von Sabine Reithmaier

Das ungewöhnliche Leuchten zieht magisch an. Vor Heinrich Campendonks Hinterglasbildern mit ihren traumgleichen Szenen, die gelegentlich an Chagall erinnern, gerät man leicht ins Schwärmen, so intensiv sind die Farben, so nuancenreich der Aufbau der Arbeiten. Dass die grandiosen Werke, die aus mehreren Sammlungen stammen, derzeit in dem kleinen Penzberger Campendonk-Museum versammelt sind, ist ein seltener Glücksfall.

Zu verdanken ist die Ausstellung, die sich durch das ganze Haus zieht, einem von Museumsleiterin Gisela Geiger koordinierten und der Siemens-Stiftung finanzierten Forschungs- und Restaurierungsprojekt. Dadurch erhielt Restauratorin Simone Bretz die Möglichkeit, 32 Hinterglasbilder Campendonks zu öffnen und genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie tat dies nicht nur in Penzberg - immerhin verfügt das Haus über 17 Hinterglasbilder - sondern auch in Murnau, München, Krefeld, Köln, Neuss, Stuttgart, Wiesbaden, Amsterdam und Brüssel. Insgesamt ist es gelungen, 76 Hinterglasbilder Campendonks zu identifizieren. Von 38 ist der heutige Aufenthaltsort bekannt, weitere 20 sind durch historische Fotos dokumentiert. Der Rest ist verschollen, vieles vermutlich zerstört.

Heinrich Campendonk hat sich mit dieser Technik lebenslang beschäftigt, anders als seine Kollegen vom Blauen Reiter, die sich dieser Kunst nur zeitweilig widmeten. Die ersten Hinterglasbilder malte der damals 22-jährige Krefelder in Sindelsdorf, wo er 1911 bei Franz Marc wohnte. "Als wir bei Marcs in Sindelsdorf zu Besuch waren ... saßen wir alle abends um den runden Tisch und malten Glasbilder, Franz, Maria, August und ich, und manchmal waren auch Helmut Macke und Heinrich Campendonk dabei", schreibt Elisabeth Erdmann-Macke in ihren Erinnerungen. Zum Selbstverständnis der Künstlergruppe gehörte die Auseinandersetzung mit Volkskunst, und Campendonk, ausgebildet an einer Kunstgewerbeschule, war ohnehin aufgeschlossen für diese nicht-akademische Technik.

Eines seiner frühen Hinterglasbilder schaffte es sofort in die erste Ausstellung des Blauen Reiters, das Bild existiert allerdings nicht mehr. Von den frühen Werken haben sich überhaupt nur zwei erhalten, darunter das "Selbstbildnis in Oberbayern" von 1917, das einen selbstbewussten jungen Mann zeigt. Das Bild lässt erkennen, wie leidenschaftlich gern Campendonk mit Farben experimentierte. Über die Haltbarkeit der Werke dachte er vermutlich weniger nach, machte sich wohl kaum Gedanken, wie lange die Farbe auf dem nicht saugenden Glas haften würde. Das überließ er der auf Hinterglasmalerei spezialisierten Simone Bretz, die 17 seiner Bilder bereits restauriert hat.

Als Campendonk 1923 ins Rheinland zurückkehrte, hatte er sofort eine Einzelausstellung im Krefelder Kaiser Wilhelm Museum. Dort zeigte er ausschließlich Hinterglasbilder, ein Beleg dafür, wie wichtig ihm die Technik war. Die Bilder verkauften sich gut. Ein Hotel in Duisburg ließ 1926 zwei davon in eine getäfelte Wand einbauen, wie ein raumhohes Foto belegt. Das rechte Stillleben mit Fischglas hängt jetzt im Original gleich neben der Aufnahme, das andere ist verschollen. "Er konnte nicht so viele Bilder liefern, wie gefragt waren", berichtet Gisela Geiger.

Dank eines großen Leuchtkastentisches lassen sich in der Ausstellung Abbildungen von rund zehn Werken nicht nur vergrößern, sondern auch auf die Malseite umdrehen. Das ermöglicht es, den Farbauftrag zu erfassen, sich in die aufwendigen Details und Feinstrukturen zu vertiefen. Campendonk arbeitete mehrschichtig, radierte mit der Nadel jede Farbfläche durch, kratzte, tupfte mit Pinsel, Läppchen und manchmal auch mit Finger, verspritzte Farbe, ziselierte manche seiner streng durchkomponierten und doch poetischen Visionen auch neopointillistisch aus.

Die vermutlich einmalige Gelegenheit, sich die Bilder anzuschauen, sollte man nutzen. Schließlich dürfen die fragilen Werke nur ganz selten reisen.

Magische Transparenz. Campendonk als Hinterglasmaler, 18. Februar bis 7. Mai, Mi. bis So. 10 bis 17 Uhr, Do. 10 bis 20 Uhr, Museum Penzberg Sammlung Campendonk

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