Ausstellung:Deutschland e.V.

Lesezeit: 1 min

(Foto: Cornelius Pollmer/oh)

Von Cornelius Pollmer

Mehr als 600 000 Vereine gibt es in Deutschland, etwa 44 Prozent der Bevölkerung sind Mitglied in mindestens einem davon. Was ist in Leipzig im Angebot? Es gibt die Kleingärtnervereine "Landfrieden" und "Freundschaft" sowie die Neue Leipziger Chopin-Gesellschaft, auch sie: e.V., eingetragener Verein. Es gibt den "Meditationsverein in Mitteldeutschland" und für die gegenwärtige Digitalgeneration den "Leipzig eSports e.V.". Vor allem aber ist seit diesem Freitag die Ausstellung "Mein Verein" im Angebot, im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig (ZGF). Das ZGF hatte sich zuletzt mit der Neugestaltung seiner Dauerausstellung hervorgetan und ließ sich dabei von der richtigen Idee leiten, darin auch den Osten und die Ostdeutschen in den Jahre nach dem Mauerfall zu betrachten. Nun widmet sich das Haus einem gesamtdeutschen Phänomen, das ja schon darin seinen Anfang nimmt, dass es im Duden tatsächlich diesen Eintrag gibt: "Vereinsmeierei, die". Das ZGF versucht zu Beginn der Ausstellung, gerade diese -meierei mit einem Ausschnitt aus Loriots Ödipussi abzubilden. In der Szene fällt bei der Suche nach einem Vereinsnamen auch der Vorschlag "Verein für Karneval trotz Frauenumwelt", mehr könnte Satire auch im Jahr 2019 nicht. Es geht in der Folge zu den Schützenvereinen und zu Schalke 04, zwei Sitzschalen aus dem alten Parkstadion inklusive. Es geht lokalspezifisch um Vereine zu Ehren von Bach (Leipzig) sowie zum Wiederaufbau der Frauenkirche (Dresden), und auch wenn das sehr breite Spektrum letztlich zu viel Last für zu wenig Ausstellungsfläche bedeutet, so wird doch das Faszinosum der Vereinskultur ein wenig sichtbar, auch seine Schlichtheit, die kein Makel sein muss. Und lernen lässt sich ebenfalls. Etwa, dass die Leute in der DDR auch schon gegärtnert, daraus aber kein Trend-Geschiss gemacht haben. Es gab kleingärtnernde Selbstversorger und der Staat schaffte es sogar auf diesem Gebiet, mit Normierungsfetisch und verbalem Blumenkohl in Erscheinung zu treten. Alles Gärtnern sollte also bitte in Leistungskarten und Bezirksberichten erfasst werden, denn wenn nicht, wohin wären wir dann wohl gekommen?

© SZ vom 02.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: