Ausstellung:Bruno Gironcoli

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(Foto: HC-KRASS)

Von Catrin Lorch

In der nostalgischen Frankfurter Altstadt wirkt so ein Ding wie vom Himmel gefallen: Sieht aus, als sei ein Alien in der Rotunde der Ausstellungshalle Schirn gelandet und breite seine roboterdürren Arme aus. Die Aluminium-Skulptur "Ein Körper, zwei Seelen" (2001) ist der Türsteher der Ausstellung "Prototypen einer neuen Spezies", die dem Spätwerk von Bruno Gironcoli gilt, eine der raren Gelegenheiten, das Werk des 1936 in Villach geborenen Künstlers außerhalb von Österreich zu erleben (bis 12. Mai).

In seiner Heimat gilt Bruno Gironcoli als einer der einflussreichsten Künstler der Nachkriegszeit. Spätestens seit der gelernte Goldschmied in den Siebzigern die Bildhauerschule an der Akademie in Wien übernahm und sein Werk in den dortigen Ateliers ins Monumentale wuchs. Die internationale Szene feierte den Lehrer von jungen Stars wie Ugo Rondinone und Hans Schabus im Jahr 2003 bei seinem Auftritt im österreichischen Pavillon auf der Biennale von Venedig. Doch stellten sich auch danach nur wenige Ausstellungsmacher dem sperrigen Oeuvre.

Ein halbes Dutzend Skulpturen hat die Kuratorin Martina Weinhart jetzt vor allem aus dem Nachlass des im Jahr 2010 gestorbenen Künstlers nach Frankfurt geholt und damit das Tonnengewölbe unter dem Dach der Schirn mehr als gefüllt. Die "Prototypen" stehen im Ausstellungssaal, der erstmals seit Jahren die Fensterfront geöffnet hat, wie in einer Werkstatt. Schon weil sie an Maschinen erinnern, an bullige Generatoren und fest verschraubte Konstruktionen, zwischen deren kräftigen Hebeln und Zylindern allerdings noch zwergenkleine, puppenglatte Körperchen eingepasst sind, ein paar Büschel Weintrauben und Ähren wie bei der im Jahr 1995 entstandenen "Figur mit großen Scheibenformen und Spitzköpfen sowie zwei (nicht ausgeführten) Spiralformen", die hier abgebildet ist.

Dass sie aus Eisen, Holz, Kunststoff und Bauschaum bestehen, versteckt Bruno Gironcoli unter dicken Schichten von Ofenblitzfarbe in kostbaren Tönen wie Kupfer, Mattgold oder Silber. Dennoch wirken sie nicht kulissenhaft. Sie bleiben vollkommen aus der Zeit gefallene Traumgebilde, ein letzter surrealer Gruß aus den Bildhauerwerkstätten des analogen Zeitalters.

© SZ vom 16.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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