Auftakt in Cannes mit Almodãvar:Regisseure am Rande des Nervenzusammenbruchs

Die 57. Festspiele in Cannes werden mit Pedro Almodãvars altersmildem Film "Die schlechte Erziehung" eröffnet. Ein echter Glücksfall.

SZ

Gott hat mir nicht die Gabe des Glaubens gewährt, erklärt der Filmemacher Pedro Almodãvar, eine eher traurige Tatsache - von der die Kinogänger in aller Welt aber langfristig seit langem profitieren.

Denn als Agnostiker ist Almodãvar auf jene kreative Bahn gekommen, die ihn zu einem der großen modernen Filmemacher Europas machte.

Besonders froh über die Entwicklung des Knaben Pedro und die Nebenwirkungen, die sich daraus ergaben, sind natürlich die Leiter der Filmfestivals in Cannes, Thierry Frémaux und Gilles Jacob.

Sie haben den neuesten Almodãvar für die Eröffnungsveranstaltung heute Abend ausgesucht, ¸¸La mala educaciãn/Die schlechte Erziehung".

Und werden all die Leidenschaft und Wärme, all die Trauer und das Glück auf der Leinwand haben, zu denen, immer noch, das moderne Kino fähig ist.

Almodãvar ist reif geworden, schreiben die Kritiker seit ein paar Jahren, seine Geschichten haben an Tiefe gewonnen - ohne dass sie die Aggressivität verloren hätten, die er in seinen Anfängen demonstrierte.

¸¸Die schlechte Erziehung", in Spanien bereits seit Wochen ein großer Erfolg, ist ein eher kühler Film über ein heißes Thema, Päderastie in einem spanischen Internat der Franco-Zeit, von Almodãvar hautnah miterlebt.

Mit Almodãvar und den Brüdern Joel und Ethan Coen - die mit Tom Hanks ihre Neuverfilmung der ¸¸Ladykillers" präsentieren werden -, Wong Kar-wai und Jean-Luc Godard - ¸¸Notre Musique" -, Agnès Jaoui und Walter Salles, Emir Kusturica und Abbas Kiarostami weist das Festival einige Namen auf, die ein interessantes Programm garantieren sollten.

Und Michael Moore wird sicher wieder für eine heiße Pressekonferenz sorgen - vor ein paar Tagen hat er sich schon mal eingeschossen und der Disney-Mannschaft Zensur vorgeworfen: weil sie ihrer Verleihfirma Miramax untersagte, den neuen Moore in Amerika zu verleihen, ¸¸Fahrenheit 911", über die Connections zwischen den Familien Bush und bin Laden.

Dass Hans Weingartner mit seinem zweiten Spielfilm ¸¸Die fetten Jahre sind vorbei" nach einer ewig langen Pause wieder das deutsche Kino im Wettbewerb vertritt, lässt die Spannung im deutschen Lager steigen - und die Zeit der Frustration und des Wartens in Vergessenheit sinken.

Nicht vergessen konnte Pedro Almodãvar: ¸¸Ich verspürte keinen Glauben in der Schule", erzählte er über seinen neuen Film, ¸¸ich fragte mich, was der Sinn des Lebens sei - und als ich zehn war, gab ich Gott explizit ein Jahr, um sich selbst zu offenbaren. Das tat er nicht, also zog ich daraus den Schluss, dass ich Agnostiker war . . . Und ich entschied, dass das Leben Gott war."

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