Auf dem Podium:Die Kunst und andere Währungen

Der Maler Markus Lüpertz im Gespräch mit Ralf Wintergerst beim SZ-Kultursalon in der ehemaligen Gelddruck-Halle von Giesecke+Devrient

Von Sabine Reithmaier

Götter sterben nicht. Aber wenn sie nicht mehr richtig wahrgenommen werden, an Bedeutung verlieren, können sie verdämmern. Ein Zustand, den sie mit dem "armen, kleinen Bildermaler" Markus Lüpertz teilen. Jedenfalls präsentierte er sich im SZ-Kultursalon als "leicht verdämmerter Gott" und erheiterte damit die Gäste in der ehemaligen Gelddruck-Halle von Giesecke+Devrient sehr. Lüpertz, ein glänzender Unterhalter und einer der wichtigsten deutschen Künstler, ebenso anerkannt wie umstritten und streitbar, plauderte mit Ralf Wintergerst, Vorsitzender der Geschäftsführung von Giesecke+Devrient, und Susanne Hermanski, leitende Kulturredakteurin der Süddeutschen Zeitung. Dabei ging es nicht nur über die Wahrnehmungsprobleme der Malerei - "wer macht sich noch die Mühe, wirklich in ein Bild einzutauchen?" -, sondern auch über Sternzeichen und andere Perspektiven auf die Zukunft.

Markus Lüpertz' Bronzeskulpturen des Zodiaks, kreisförmig in der Halle aufgebaut, begleitet von den parallel entstandenen Holzschnitten, boten den richtigen Rahmen für das Gespräch. Der Künstler selbst ist im Zeichen des Stiers geboren. "Du bist geizig, hinterm Geld her, wütend", zählte der 78-Jährige die Attribute auf, die ihm in Horoskopen zugeschrieben werden. "Alles Dinge, die ich an mir nicht erlebt habe. Aber vielleicht kommt das noch." Wintergerst, seines Zeichens Jungfrau, missfiel das Attribut "pedantisch", nahm für sich lieber die Eigenschaften zielstrebig und zugänglich in Anspruch. Er machte sofort eine Gemeinsamkeit zwischen Unternehmern und Künstlern aus: Beide müssten sich die Originalität bewahren, ständig neue Formen finden, mit denen sie sich im Wettbewerb behaupten könnten.

Lüpertz widersprach. Erfolg spiele in der bildenden Kunst anders als in Firmen keine Rolle, das sei eine andere Dimension, fand er. Anders als die Kunsthistoriker dächten, gäbe es zudem nichts Neues in der Kunst, nur immer wieder neue Künstler. Entscheidender für die Bewertung sei deren Bedeutung - "die liegt mehr in der Imagination, im Geheimnis" - als der wirtschaftliche Erfolg. Aber da inzwischen fast automatisch der teuerste Künstler als der beste gelte, sei man vielleicht doch mit Firmen vergleichbar, räumte er ein und geißelte die "gigantischen Auswüchse" des Kunstmarkts, die wummernden "Events" in den Museen. Er frage sich, wie er angesichts "von zusammengelöteten Lokomotiven, Booten, die ausgestellt werden, und Motorrädern, die zersägt werden" - zu sehen auf der Biennale in Venedig -, als Bildermaler und Bildhauer mithalten solle?

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Provokation liegt Lüpertz übrigens fern. Er sei verblüfft, manchmal sogar beleidigt und gekränkt, weil er so falsch verstanden werde, sagte er. "Dann wird mir Provokation unterstellt, dabei bin ich nur das kleine unschuldige Opfer." Eine nette Untertreibung angesichts des Zorns, den manche seiner Werke im öffentlichen Raum hervorrufen. Zu erinnern wäre an die Kirchenfenster in Hannover, der Mozart in Salzburg, die Aphrodite in Augsburg. Und um die geplante Ausstellung im Haus der Kunst im Herbst gibt es ebenfalls bereits Debatten. Er wolle wie alle Menschen nur geliebt werden, sagte Lüpertz. "Alle sollen begeistert meine Arbeit bewundern und Bravo rufen, wenn ich komme." Eine Aufforderung, die das liebenswürdige Publikum im Saal gleich umsetzte.

Was neue Technologien betrifft - ein zentrales Thema für das Sicherheitskonzepte entwickelnde Unternehmen Giesecke+Devrient - gab sich der Meister eher skeptisch. Er nutzt kein Handy, bestenfalls das seiner Frau, auch weil er findet, dass die Nutzung desselben die Gesichter der Menschen hässlich macht. Generell attestierte er der Gesellschaft, in einem permanenten Verteidigungszustand zu leben und bekundete, er glaube an die katholische Kirche als Kulturinstitut. "Die machen viel Mist, da geht viel schief, aber die kulturelle Leistung ist gigantisch."

Kaum zu glauben, dass es auch Momente gibt, in denen er nicht die Hauptrolle spielt. "Ich stehe gern im Mittelpunkt, aber beim Tod halte ich mich etwas zurück." Weshalb er ungern auf Beerdigungen geht, "das steckt an". Stattdessen bemühe er sich, vom Tod ins Leben zu leben. "Noch gibt es immer ein Morgen."

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