Audi-Jugendchorakademie:Mal Engel, mal Eroberer

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Die jungen Sängerinnen und Sänger der Jugendchorakademie schlüpfen bei den Sommerkonzerten in ganz unterschiedliche Rollen.

Von Antje Rössler

Ein "Oratorium für heitere Menschen" - so nannte Robert Schumann sein musikalisches Orient-Märchen "Das Paradies und die Peri". Der Komponist hatte ein "neues Genre für den Concertsaal" im Sinn: eine Mischung aus Oratorium und lyrischer Oper; für fünf Gesangssolisten, Chor und Orchester.

1843 in Leipzig uraufgeführt, gehörte "Das Paradies und die Peri" einst zu Schumanns beliebtesten Werken; der Komponist selbst sprach von seiner "besten Arbeit". Heute gilt das eigentümliche Oratorium als Rarität, und die Sommerkonzerte in Ingolstadt bieten eine seltene Gelegenheit, die Musik im Konzertsaal zu erleben. "Das Paradies und die Peri" handelt von Peri, einem Engel in Menschengestalt, der aus dem Paradies verstoßen wird und nun durch Indien und Ägypten zieht, um wieder in den Himmel zu gelangen. Für das Libretto bearbeitete Schumann ein Märchen aus dem Epos "Lalla Rookh" des irischen Dichters Thomas Moore, der sich von persischen Mythen inspirieren ließ - ganz im Sinne der Orient-Schwärmerei des 19. Jahrhunderts, die auch eine Facette des "Fantastique!"-Schwerpunkts bei den Sommerkonzerten darstellt.

Premiere für die jungen Sänger: Erstmals wirken sie beim Klassik-Open-Air mit

Die Audi-Jugendchorakademie steht in den circa 90 Minuten dieses Werks vor besonderen Herausforderungen, denn der Komponist verabschiedet sich hier von der herkömmlichen Vierstimmigkeit im Chor. "Schumann fächert den Chorsatz immer wieder unterschiedlich auf, in drei bis sechs Stimmen", erklärt Sebastian Wieser, Chormanager und Kulturreferent bei Audi. "Dramatische und lyrisch-poetische Szenen wechseln sich ab." Das Ensemble schlüpft hier in ganz verschiedene Rollen; singt mal den "Chor der Indier", verkörpert Eroberer, Engel oder aber eine Schar von Jungfrauen. Wieser ist sich sicher, dass die jungen Sänger die schwierige Partie bewältigen: "Die Teilnehmer sind sehr motiviert und beschäftigen sich intensiv mit klassischer Musik. Etwa ein Drittel von ihnen studiert Musik; außerdem erhält bei uns jeder eine intensive Einzelstimmbildung." Dem Schumann-Oratorium haben die circa 70 Sängerinnen und Sänger im Alter von 16 bis 27 Jahren ihre jüngste Arbeitsphase gewidmet.

Das Konzert kam auf Anfrage eines französischen Ensembles zustande: "Le Cercle de l'Harmonie" unter Jérémie Rhorer, dessen Gründer und Leiter. Das Ensemble hat sich mit seinen Interpretationen gemäß der historischen Aufführungspraxis europaweit Aufmerksamkeit verschafft. "Für die Jugendchorakademie ist diese Zusammenarbeit eine wunderbare Gelegenheit, zumal wir das Werk auch im September beim Beethovenfest Bonn aufführen", sagt Chormanager Wieser.

Auch beim Sommerkonzerte-Finale am 14. Juli, dem Nationalfeiertag Frankreichs, kooperiert die Jugendchorakademie mit französischen Instrumentalisten. Diesmal mit dem Dirigenten François-Xavier Roth und seinem Originalklang-Orchester "Les Siècles", das je nach Werk zwischen historischen und modernen Instrumenten wechselt.

Für die Jugendchorakademie, die seit ihrer Gründung 2007 das sommerliche Festival des Autoherstellers bereichert, ist es eine besondere Premiere. "Erstmals beteiligt sich der Chor am Klassik-Open-Air im Klenzepark, wo bei gutem Wetter 10 000 Besucher erwartet werden", sagt Wieser.

Im Klenzepark öffnet sich der Vorhang zur großen französischen Oper. Die Jugendchorakademie singt berühmte Opernchöre: von den feurigen Gesängen aus Georges Bizets "Carmen" bis zur verträumt schwingenden Barcarole aus "Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach. Auf dem Programm stehen zudem die monumentalen Chor-Tableaus aus "Samson et Dalila" von Camille Saint-Saëns, einer der beliebtesten französischen Opern. Sie wurde nach Franz Liszts Uraufführung in Weimar 1877 zuerst in Deutschland populär. "Was für uns heute Film-Blockbuster sind, waren für Menschen des 19. Jahrhunderts die Opernpremieren", erläutert Sebastian Wieser. "Das Publikum ließ sich von den rauschenden Orchester- und Chorklängen, opulenten Bühnenbildern und Kostümen verzaubern. Die Primadonnen wurden wie Hollywood-Stars gefeiert."

Ein Kreis schließt sich, wenn Opernmusik heute wieder als Film-Soundtrack dient. So verschönerten Teile aus Léo Delibes' 1883 uraufgeführtem Dreiakter "Lakmé" einige Hollywood-Filme wie "Lara Croft" oder "Meine Braut, ihr Vater und ich". Im Klenzepark steht die turbulente Marktplatzszene dieser Indien-Oper auf dem Programm.

Jugendchorakademie, 7. Juli, 20 Uhr , Stadttheater; 14. Juli, 20.30 Uhr, Klenzepark

© SZ vom 22.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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