Astronomie:Weltraum als Virtual Reality

Zwei Bücher über unser Sonnensystem und fremde Planeten führen mitten hinein in das Weltall.

Von Helmut Hornung

Roter Sand überzieht die Ödnis. Der Blick schweift über einzelne, verstreut liegende Gesteinsbrocken und schließlich zu einer Hügelkette am Horizont. Zur Rechten tut sich ein bizarrer Canyon mit steil abfallenden Felswänden auf. Der Himmel schimmert in mattem Gelb über einer Landschaft, die nicht von dieser Welt ist. Tatsächlich steht der Betrachter auf der Oberfläche eines Planeten, Dutzende Millionen Kilometer von der Erde entfernt. In zehn, zwanzig oder dreißig Jahren soll dieses Szenario einmal Wirklichkeit werden - ein Mensch inmitten der Wüstenei des Mars.

Diesen Vorgeschmack auf das, was künftige Astronauten erwartet, liefert eine VR-Brille. Sie liegt dem Buch mit dem simplen Titel "Weltraum" bei und lässt sich einfach zusammenbauen. In Kombination mit einer kostenlosen App und dem eigenen Smartphone ermöglicht sie eine wunderbare Reise in die Virtual Reality des Universums. Mittendrin zu sein im Kosmos, das ist schon ein beeindruckendes Erlebnis! In einem 360-Grad-Raum geht es unter anderem vorbei an den Planeten des Sonnensystems. Auf dem Mars kann man sogar einen Rover steuern und mit seiner Hilfe eine Bodenprobe ziehen oder ein Bild aufnehmen.

Alltägliche Phänomene wie Jahreszeiten oder Mondphasen werden in der App mit dreidimensionalen Modellen erklärt, ebenso die wichtigsten Sternbilder wie Großer Bär, Kassiopeia oder Orion vorgestellt. Ein Abstecher auf die Internationale Raumstation (ISS) sowie Einblicke in das Astronautentraining vermitteln in eindringlichen, teilweise bewegten Bildern den Eindruck, als wäre man hautnah dabei.

Im Buch finden sich Verweise auf jene Themen, die im virtuellen Weltall behandelt werden. Zudem bietet der gedruckte, mit vielen Illustrationen und Fotos angereicherte Text eine auf 60 Seiten zwar knappe, aber gut geschriebene und recht anschauliche Einführung in die Grundlagen von Astronomie und Raumfahrt. Allerdings ist die Darstellung nicht fehlerfrei. So möchte man doch gern wissen, wie die Autorin Assata Frauhammer zu der Behauptung kommt, der Urknall sei als heißer Punkt ausgerechnet "tausendmal kleiner als ein Stecknadelkopf" gewesen. Auch die angegebenen Prozentanteile von Wasserstoff und Helium in der Sonne sind falsch. Und "Meteoroiten" wird man vergeblich suchen, sondern höchstens "Meteoriten" - also am Erdboden gelandete Brocken aus dem Weltraum - aufspüren. Dennoch ist das Paket aus Buch und virtueller Realität für jeden kleinen (und großen) Astrofan ein lehrreiches Vergnügen, das zum Staunen einlädt.

Tief in den Kosmos, zu "dunklen Weiten, fremden Planeten und ungelösten Rätseln" führt auch das Buch von Andreas Müller, das Pascal Nöldner ansprechend illustriert hat. Ebenso wie der oben besprochene Titel ist es für Kinder ab acht Jahren geeignet. Der Autor ist Astrophysiker und seit Jahren in der Schul- und Erwachsenenbildung aktiv. Er besitzt das Talent, in einfachen und klaren Worten von Kometen und Sternen, der Milchstraße und den Aliens zu berichten. Raketen, Satelliten und Raumstationen fehlen ebenfalls nicht.

Was hat es mit Paralleluniversen auf sich? Was verbirgt sich hinter Quarks? Warum sind schwarze Löcher schwarz? Was macht die Antimaterie aus? Auf diese und viele andere Fragen gibt das Buch verständliche und weitgehend korrekte Antworten. (Apropos: Der Saturn ist nicht, wie Müller meint, am Himmel "gerade noch zu sehen", sondern leuchtet recht hell.) Am Ende laden Tipps für kinderleichte Experimente wie den Bau einer einfachen Rakete mit Luftballon-Antrieb oder die Herstellung eines Daumenkinos für die Mondphasen zum Selbermachen ein. Dass manche Textkästen arg grau geraten sind und sich die Schrift dadurch schwer lesen lässt, mag als Schönheitsfehler in einem ansonsten gelungenen Sachbuch durchgehen.

(ab 8 Jahre)

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