Süddeutsche Zeitung

"Asterix" im Kino:Druide in Panik

"Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks" wäre idealer Nostalgiestoff für alle Wildschweinfans, wäre da nicht die merkwürdige Computeranimation.

Von Janne Knödler

Leichtfüßig springt der Druide Miraculix trotz seines hohen Alters durch den Wald, gleitet von Baum zu Baum. Mit einer schwungvollen Hüftbewegung fängt er herabfallende Beeren mit seiner Tasche auf. Ein Vogelbaby, das aus dem Nest fällt, rettet er durch einen gezielten Wurf seiner Sichel, die, das Tierkind tragend, wie ein Bumerang zu ihm zurückkehrt. Aber plötzlich ertönt ein Knacken. Der Ast, auf dem er steht, beginnt zu zittern, ein Riss zeichnet sich ab. Einen Moment lang noch scheint er zu schweben, dann stürzt Miraculix in die Tiefe. Das ist ihm noch nie passiert - zum ersten Mal fühlt der Braumeister des gallischen Zaubertranks sich so alt, wie es sein langer weißer Bart schon andeutet. Aufgebracht beschließt er, dass es an der Zeit ist, sich um seine Nachfolge zu kümmern. Ein neuer, frischer, jüngerer Druide soll her, einer, der einer großen Verantwortung gewachsen ist: Ihm will er das streng geheime Rezept des Zaubertranks anvertrauen.

Das ist die Ausgangssituation des Trickfilms "Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks". Was folgt, ist eine Odyssee durch Gallien, bei der ein junger, ambitionierter, aber leider unfähiger Druidenlehrling nach dem anderen vorstellig wird wie in einer Castingshow, während der geeignete Nachfolger, man ahnt es früh, nie weit weg war. Geichzeitig versuchen die Bewohner des kleinen gallischen Dorfs, die Miraculix bei seiner Suche begleiten, sich mit dem Gedanken anzufreunden, ohne ihren geliebten Druiden auszukommen.

"Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks" ist der zehnte Trickfilm nach den Comics von René Goscinny und Albert Uderzo. Wobei der neue Film nicht wie die meisten Vorgängerwerke auf einem Heft der Comicreihe basiert, sondern auf einem extra verfassten Drehbuch - so wie 1976 schon "Asterix erobert Rom".

Die Technik dieses Trickfilms stammt aus dem 21. Jahrhundert. Das Weltbild eher nicht

Die Verehrung, die Asterix und Co auch heute noch genießen, wird von den beiden französischen Regisseuren Louis Clichy und Alexandre Astier aber nicht durch große Experimente erschüttert. Fans werden sich freuen über Wildschweinjagden, Römerverdreschen, den Streit um die stinkenden Fische des Fischhändlers, die Piraten, die im Meer versinken.

Man könnte sich also von kuschelig-warmer Nostalgie einlullen lassen - wäre da nicht die Computeranimation. "Asterix" lebte immer von den lebhaften und liebevollen Zeichnungen Albert Uderzos. Der Aufgabe, dieser Ästhetik treu zu bleiben und sie ins Kino zu übersetzen, stellen sich die Regisseure nicht. Stattdessen setzten sie auf vermutlich praktischere, aber eben auch lieblosere CGI-Animation. Für Fans des Originals kann das befremdlich wirken. Vielleicht ist das aber auch einfach eine Generationenfrage.

Aber dafür, dass sich "Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks" technisch so eindeutig im 21. Jahrhundert positioniert, kommt das Weltbild dieses Films doch ziemlich altmodisch daher. Denn auch der neue "Asterix" erzählt vor allem von einem Boys' Club. Dass der Film mit dem ein oder anderen Witz beweist, sich dessen bewusst zu sein - am Eingang des Druidenwalds hängt ein Schild, das Normalsterblichen den Eintritt verbietet, "et aux femmes évidemment", und den Frauen natürlich - macht es kaum besser. Das wirft die Frage auf, ob man es im Jahre 2019 nicht anders machen könnte und sollte. Sowieso scheinen die Filmemacher sich nicht ganz sicher zu sein, an wen sie sich mit ihrer Story eigentlich richten. Denn für einen Kinderfilm ist ihre Perspektive nicht neugierig genug, zu nah dran an den Comic-Klassikern, ohne deren Kenntnis viele Nebenhandlungen und Witze sich kaum erschließen. Wirklich etwas Neues ist für ältere Asterix-Fans aber auch nicht dabei. Freuen darf sich, wem vor allem daran liegt, den rauflustigen Galliern dabei zuzuschauen, wie sie trinken, jagen, prügeln, sich streiten und versöhnen.

Wie sie dabei jegliche Forderung nach Unfehlbarkeit oder moralischer Überlegenheit wegwischen, kann Balsam sein für die selbstoptimierte Erwachsenenseele. Oder, genauer gesagt, die selbstoptimierte Männerseele. Schön scheint es zu sein im Boys' Club.

Astérix: Le secret de la potion magique, Frankreich 2019 - Regie: Alexandre Astier, Louis Clichy. Buch: Alexandre Astier. Kamera: David Dulac. Schnitt: Bertrand Maillard. Art Direction: Alexandre de Broca. Musik: Philippe Rombi. Universum, 85 Minuten.

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SZ vom 18.03.2019
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